engelberg magazin nummer16 sommer

Kleine Seilbahnen wie diese sind nicht jedermanns Sache. Small cable cars like these are not everyone’s cup of tea.

«Buirebähnli»auf dieRugisbalm Awild ride on Rugisbalm Text: Patrick Robinson, Transhelvetica Magazin; Fotos: Oskar Enander

Die Engelberger Bahnen sind bekannt für ihre Leistungskraft und ihren Innovationswillen. Beispielsweise die Rotair, die die Personenbeför- derung auf den Titlis mit dem Luxus einer Panoramaaussicht verbindet. Weit weniger bekannt als diese Leuchttürme der Seilbahnbau- erei – aber ebenso wichtig für das Wohlergehen der Gegend – sind deren kleine Brüder, die so genannten Buirebähnli. Ummehr über die Entstehung und Nutzung dieser kleinen Bahnen zu erfahren, waren wir zu Besuch auf der Rugisbalm, deren Bähnli nur für mutige Gäste fährt. Auf dem Weg nach weist es den Weg zu einer kleinen Hütte, wo eine ebenso blaue Kabine ruhig ins Häuschen gleitet. Die Kabine fährt auf Abruf: Bedienungs- anleitung lesen, Hörer abnehmen, an der Kurbel drehen, klar und deutlich ins Stationstelefon sprechen, Anzahl Gäste nennen — und dann geht es los. Die Bahn hat Platz für vier Passagiere. Einstieg. Schnell schweift der Blick nach drau- ssen. Es ist Morgen, der Nebel liegt fett und satt im Talboden; wenige Meter nach der Talstation kann man im grauen Fenster nur mehr Konturen erkennen. Trotzdem geht es leise sirrend weiter hinauf. Und während die Bahn zwischen Tan- nen und Erlen rasch an Höhenmetern gewinnt, versinkt die Talstation in der grauen Suppe. Auf der Rugisbalm angekommen öffnet sich eine andere Welt. Das «gschaffige» Talleben liegt weit zurück, man hört die Kühe im Stall und den alten Radio, dessen unzerstörbarer Laut- sprecher durch den Stall scheppert. Alles fügt sich zu einer idyllischen Collage zusammen. Auf der Rugisbalm leben und arbeiten die Töngis. Engelberg fährt man durch Grafenort, wo dem aufmerk- samen Gast ein Schild am Strassenrand auffällt: verziert mit einer azurblauen Kabine

Sie sind eine von zwölf Familien in der Region Engelberg, die eine Seilbahn mit Bewilligung zum Personentransport betreiben. Und von der Grossmutter bis zu den Enkelkindern sind alle am Betrieb beteiligt. Denn da man nie weiss, wann der nächste Fahrgast kommt, muss immer jemand in der Nähe der Station sein, um Anrufe entgegenzunehmen und die Bahn zu bedienen. Oft wird man von der Grossmutter bedient, da Toni und sein Bruder Paul, die den Hof von ihrem Vater übernommen haben, von morgens früh bis abends spät die 300 Kühe der Alp betreuen. Denn hier oben wird gearbeitet! Wo Stadtmenschen Erholung und Ruhe sehen, da ist für die Alpbauern rund um das Engelbergertal steiler Alltag. Für die Einheimischen sind diese kleinen Bähnli daher eine grosse Erleichterung. Doch wie kam es dazu? Viele kleine Seilbahnen wurden in den 1920er-1940er Jahren gebaut, als grössere Pro- jekte wegen Weltkriegen und Wirtschaftskrise vorerst auf Eis gelegt wurden. Diese Kleinseil- bahnen waren die Nachfolger der Material- seilbahnen und wurden von den Bauern zum Gütertransport auf die Alpen verwendet. Meist handelte es sich dabei um offene Holzkisten, die maximal Platz für vier Personen boten und ausschliesslich privaten Zwecken dienten. Da die Richtlinien für Bau und Sicherheit zu dieser Zeit noch grosszügig waren, geschah bald ein flie- ssender Übergang von Materialseilbahn zu Per- sonenseilbahn. Vor allem ab den 1950er Jahren nutzten viele Bauern oder Gemeinden die Bah- nen als zusätzliche Geldquelle, und machten den Touristen die Bergwelt zum Wandern zugäng- lich. Auch die Rugisbalmbahnen stammen aus dieser Zeit. Bedeutende Konstrukteure waren Mathis, Niederberger und Odermatt, allesamt Zentralschweizer. Auch heute noch sind zahl-

Viele kleine Seilbahnen wurden in den 1920er–1940er Jahren gebaut.

38

39

natur | nature

natur | nature

Made with FlippingBook - Online magazine maker