Cellitinnen 3_2018_finale_Version 30.7.2018

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Heilige Drei Könige und fühle mich gut aufgehoben. Ich denke, wer hier meckert, kann sich selbst nicht leiden. Doch leider trifft das auch manchmal auf mich zu. Welches Teufelchen mich wohl reitet, wenn ich aus nichtigen Anlässen herumpoltere? Ich versuche dann, mich zur Ordnung zu rufen, und fühle mich in solchen Momenten gar nicht gut. Mein ‚Knuttern‘ und Schimpfen geht mir gehörig gegen den Strich. Vor der Explosion tief ein- und ausatmen und bis zehn zählen soll ja helfen. Ich arbeite daran, meine Gelassenheit wiederzufinden – und danke bis dahin den Mitarbeitern des Seniorenhauses für ihren fürsorglichen und gelassenen Umgang mit mir.

Helge Hill, Bereichsleiter Pflege und Sozial-Kulturelle- Betreuung, Seniorenhaus Marienheim, Bad Münstereifel Erst denken, dann handeln – und zwar in Ruhe. Das verstehe ich unter Gelassenheit. Mein Hund Urmel und ich, wir sind beide

von Natur aus ausgeglichene Wesen. Uns haut so schnell nichts um. Pflege ist ein verantwortungsvoller Job. Wir haben es mit Menschen zu tun, die ihre Be- dürfnisse nicht mehr richtig ausdrücken können, und sind körperlich und geistig sehr gefordert. Altenpfleger hätten sicherlich eine bessere Vergütung ihrer Leistung verdient. Doch ständiges Jammern darüber hilft nicht. Schlimmer: Es frisst wertvolle Zeit und führt zu nichts. Diese Meinung vertrete ich auch den Kollegen gegen- über: Geht gelassen an den Tag heran und macht eure Arbeit gründlich. Am Ende des Tages werdet ihr feststellen, das ihr viel geschafft habt. Wenn ich dann doch mal so richtig sauer werde, mich eine berufliche oder private Situation aus der Bahn zu werfen droht, gehe ich mit Urmel ein paar Stunden im Wald toben und spazieren. Der Hund ist ein sehr guter und ver- ständnisvoller Zuhörer. Bei ihm lade ich meinen Frust ab. Hinterher kann ich wieder klar denken und der Situation angemessen begegnen.

Dr. Matthias Sandmann, Chefarzt Hämatologie, Onkologie, Palliativmedizin am Petrus-Krankenhaus, Wuppertal Tränen fließen inmeinemSprech- zimmer nicht so oft, wie man ge- meinhin denkt. Die Menschen scheinen zunächst sehr gelas-

sen auf ihre Diagnose zu reagieren, doch tatsächlich suggeriert ihnen ein Schutzmechanismus: „Der meint nicht mich!“ Entsprechend geschäftsmäßig verläuft das erste Gespräch: Perspektiven, Therapiemöglichkeiten, was sind die nächsten Schritte – das sind die Themen. Erst in den folgenden Kontakten geht es um Gefühle und Ängste. Werde ich die Therapie gut vertragen, die Einschulung der Enkelkinder noch erleben? Die Patienten gehen größtenteils sehr reflektiert, manche sogar bewundernswert gelassen mit ihrer Krankheit um. Wenn die Emotionen dann doch mal hochkochen, ge- weint, geschrien oder Ärzte beschimpft werden, halten wir das aus. Es ist ja nie persönlich gemeint und kommt auch sehr selten vor. Als Onkologen müssen wir mit- fühlen, dürfen aber nicht mitleiden – so schwer uns das bei dem einen oder anderen auch fallen mag. Unsere Aufgabe ist es, über die Krankheit zu informieren, die bestmögliche Therapie mit dem Patienten abzustimmen, emphatisch Vertrauen auf- und Ängste abzubauen. Wie schnell man allerdings seine Professionalität und Gelassenheit verliert, wenn jemand aus der eigenen Familie betroffen ist, kenne ich aus eigener Erfahrung.

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CellitinnenForum 3/2018

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