Cellitinnen 2_2015_final

Glauben | Leben

Hermann kam jedenfalls in der Zeit des Propstes Ulrich nach Steinfeld, der von 1152 bis 1170 Vorsteher des Klosters war. Nach der ‚Vita‘ sei der Junge dann zur geistlichen Aus- bildung in das Kloster Mariengarten bei Hallum in Friesland entsandt worden. Wieder nach Steinfeld zurückgekehrt, habe Hermann als bescheidener und demütiger Or- densbruder gewirkt und sowohl den Dienst im Speisesaal, dem Refektorium, übernommen, wie auch den des Sakristanen, was seinem tiefsten Wunsch entgegen gekommen sei, möglichst viel Zeit in der Klosterkirche zu verbringen. Seine Christus- und Marienfröm- migkeit kann er weiter ausbilden. Seine Mitbrüder erleben ihn oft tief versunken im Gebet. Eines Nachts im Chorgestühl habe er in einer

Vision die ‚mystische Vermählung‘ mit der Muttergottes erfahren und sei daher zu seinem ‚Zweitnamen‘ Josef gekommen. Wie Josef von Nazareth, der ‚erste Bräutigam‘, so berichtet seine ‚Vita‘ weiter, habe Hermann auf Weisung von Engeln das Jesuskind auf seinen Armen tragen dürfen. Das Altarblatt des Hermann Josef- Altars am südöstlichen Vierungs- pfeiler der Steinfelder Klosterkirche zeigt die Vermählungs-Szene. Ma- ria wird begleitet von zwei Engeln, imweißen Ordensgewand kniet der Heilige zu ihren Füßen. Der in die Bildmitte gestellte Engel führt die Hand Hermanns in die sich herab- senkende Hand der Gottesmutter. Eine großartige Malerei, geschaffen Seelsorger in Frauenklöstern

um 1700 nach dem Original des berühmten flämischen Malers An- thonis van Dyck, das er 1630 für die Antwerpener Bruderschaft der Unvermählten geschaffen hatte. Hermann Josef gilt als Autor ei- ner ganzen Reihe von geistlichen Texten. Hymnen auf die hl. Ursula und die Gottesmutter Maria sollen von ihm stammen; ob der älteste Herz-Jesu-Hymnus ‚Summi regis cor aveto‘ auf ihn zurückgeht, ist nicht sicher. Jedenfalls hatte er eine große Wirksamkeit als Seelsorger, nach dem Prämonstratenser-Ideal auch außerhalb des eigenen Klos- ters. Er besuchte und kümmerte sich immer um Frauenklöster in der Umgebung. Im Kloster Marienborn der Zisterzienserinnen bei Zülpich ist er dann an einem Donnerstag der Osterwoche gestorben.

26 CellitinnenForum 2/2015

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