Cellitinnen 2_2015_final

Lehren | Lernen

Bewerber in der Pflege wären so auch im europäischen Ausland gefragte Arbeitskräfte. Wann spezialisieren sich die Pfle- gekräfte bei einer generalistischen Ausbildung? Die Spezialisierung erfolgt nach der Ausbildung durch Fort- und Weiterbildungen. Mit dem bestan- denen Examen in der Tasche – drei schriftliche, drei mündliche und eine Prüfung ‚am Bett‘ – hat man die Grundlagen für den Beruf ge- schaffen. Danach geht das Lernen weiter, wie in anderen Berufen und Branchen auch. Durch die hohe Anzahl an Fachbereichen und ihren Differenzierungen und die zum Teil noch in den Kinderschuhen ste- ckende Forschungsintensität und ihren neuen Erkenntnissen lernen Mitarbeiter in der Pflege nie aus. Egal welchen Einstieg junge Men- schen in die Pflegeberufe nehmen, es gibt nicht viele Branchen, in de- nen so vielfältige Fort- und Weiter- bildungen geboten werden. Wer gerne Verantwortung übernimmt, Ziele hat und seine Karriere darauf- hin plant, kann heute auch in der Gesundheitswirtschaft Karriere machen. Der Studiengang ist noch recht neu, daher gibt es noch keine genauen Berufsbilder. Ziel ist es, die Kom- petenzen der Pflegekräfte in der unmittelbaren Bewohner- und Pa- tientenversorgung auszubauen. Ein Aufgabenbereich kann beispiels- weise die Patientenfallsteuerung, Welche Berufschancen hat ein Bachelor in der Pflege?

die Patientenedukation und -bera- tung sein, um die Kontinuität der Versorgung sicher zu stellen. Gut beratene Patienten mit einer ho- hen ‚Komplianz‘, also einem hohen kooperativen Verhalten im Rahmen der Therapie, können mehr Eigen- verantwortung übernehmen, ein Drehtüreffekt wird vermieden. Die Absolventen können aktuelle wis- senschaftliche Erkenntnisse in die Konzeptentwicklung für Kranken- und Seniorenhäuser einfließen las- sen, zum Beispiel die Umsetzung von nationalen Expertenstandards oder Leitlinien. Jemand mit einem Dualen Studium in der Pflege kann hier sicherlich sehr gute Lösungen finden. Letztendlich werden auch der Markt und der Kampf um Pfle- gefachkräfte mit entscheiden, wie sich das Berufsbild akademisch qualifizierter Fachkräfte weiterent- wickelt. Welchen Herausforderungen muss sich die Pflege in den kommenden Jahren stellen? Mit den Herausforderungen in un- serer Gesellschaft, wie Rückgang der Schulabgänger und Zunahme an pflegebedürftigen, multimorbi- den Menschen, müssen sich alle, auch Klinikträger, Seniorenhäuser und ambulante Pflegeanbieter beschäftigen. Ich wünsche mir in der Berufsgruppe Pflege weniger Wehleidigkeit und mehr aktives politisches Handeln. Pflegerische Selbstverwaltung, beispielsweise in Form einer Pflegekammer, be- deutet Zuwachs an politischer Ein- flussnahme, aber auch die Über- nahme von mehr Verantwortung.

Studien belegen, dass sich eine gute Versorgungsqualität in der Pflege positiv auf den Heilungs- prozess und die Liegezeiten aus- wirkt. In Senioreneinrichtungen und Kliniken fördert eine gute Pflege das Image eines Hauses. Daher ist jeder Träger gut beraten, für die Pflege- berufe gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. Dazu gehören eine gute Organisation, Entlastung durch ausreichende und qualifizierte Mit- arbeiter und gute Pflegehilfsmittel sowie ein breites und qualifiziertes Spektrum an Fort- und Weiter- bildungen. Wichtig ist auch die Wertschätzung des Berufsstands. Pflege bedeutet schon lange nicht mehr nur ‚satt und sauber‘. Die Tätigkeit ist hochkomplex und er- fordert neben Empathie fundiertes Grund- und Spezialwissen in den Fachbereichen. Meine Vision ist, dass die unterschiedlichen Berufs- gruppen auf Augenhöhe ihre jeweils spezifische Perspektive in den Be- handlungsprozess einbringen, zum Beispiel in Form von Fallbespre- chungen. Medizin- und Pflege- berufe können perspektivisch als gleichwertig betrachtet werden, wenn Pflegende mehr koordinie- rende und steuernde Aufgaben in der Patienten- und Bewohnerver- sorgung übernehmen. Größerer Entscheidungs- und Handlungs- spielraum bedeutet, mehr Verant- wortung und kann zu einer höhe- ren Berufszufriedenheit führen. So kann es den Trägern gelingen, die Arbeitsbereiche attraktiv zu halten, um junge Menschen für die Pflege- berufe zu begeistern. Vielen Dank für das Gespräch.

CellitinnenForum 2/2015 33

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