Cellitinnen 2_2015_final

Idee | Einsatz

Qualifikation. Röntgen- und Ultra- schalluntersuchungen werden von den Patienten dringend eingefor- dert und wahrscheinlich aufgrund des hohen Preises bereits als thera- peutische Maßnahme angesehen. Das Krankenhaus hat offensicht- lich ein Problem mangelnder Ak- zeptanz in der Bergbevölkerung. Gründe dafür sind sicherlich die zunehmende Konkurrenz anderer, meist staatlicher Krankenhäuser in den umliegenden Tälern und die sehr schwierige Zugänglichkeit. Schwer Erkrankte müssen, in ein Tragetuch gehüllt und an einer Holzstange baumelnd, von min- destens zwei Helfern kilometerweit durch die Berge herangeschleppt werden. Nepalmed e.V. bemüht sich nun, die letzten Kilometer des extrem schlechten Zufahrtsweges zum Krankenhaus planieren und schottern zu lassen. Erst kurz vor Weihnachten 2013 reisten dann die meisten ärzt- lichen Kollegen ab und plötzlich wuchsen die Aufgaben für mich doch noch, da ich dann auch für die operative Geburtshilfe und die Frakturversorgung zuständig war. Weiterhin kamen nur sehr wenige Patienten, aber es gab qualitativ einige Herausforderungen für ei- nen mittlerweile hauptamtlich vis- zeralchirurgisch tätigen Operateur: beispielsweise die Versorgung komplizierter Muttermundrisse, eine Saugglockenentbindung und die geschlossene Reposition und Stabilisierung eines kindlichen

Nepal – fachfremder Einsatz als Anästhesist

unterhalb der Ortschaft Amppipal. 2001 wurden die Missionsmitarbei- ter durch nepalesische Maoisten vertrieben. Seitdem unterstützt die sächsische Hilfsorganisation das Krankenhaus finanziell und per- sonell. Es befindet sich in einer relativ guten technischen Aus- stattung unter anderem mit zwei neuen großzügigen OP-Sälen, davon einer mit mobilem Rönt- gengerät und der Möglichkeit für innere Knochenstabilisierungen mit Platten und Schrauben. Die Qualität des Labors und insbesondere die Personalplanung waren indessen mangelhaft. Einerseits gab es für nur sehr wenige Patienten zeit- weise eine Überzahl an ärztlichen Kollegen – außer mir noch zwei deutsche habilitierte Spezialisten für Unfallchirurgie und Gynäkologie, ei- nen Zahnarzt, eine schweizerische Internistin und drei einheimische Assistenzärzte. Andererseits war nach einigen Tagen plötzlich der einzige Anästhesist bzw. An- ästhesiepfleger abwesend. Dank meiner fachübergreifenden Basis- kenntnisse aus meiner Entwick- lungshilfezeit konnte ich einfache Narkosen und Spinalanästhesien

sicherstellen. Außerdem übernahm ich die ‚fachübergreifende Ultra- schalldiagnostik‘ und behandelte etliche ambulante Patienten in den Sprechstunden. Im Vergleich zu den für mich ge- wohnten afrikanischen Patienten zeigten sich die Nepalesen deut- lich kritischer, hinterfragten sehr viel und stellten sich nach vier bis acht Stunden Anmarsch zu Fuß mit vergleichsweise milden Krankheits- erscheinungen (Arthrosen, chro- nische Rückenschmerzen, chro- nische Bronchitis) vor. Erschwerend war die Sprachbarriere; da ich kein Nepalesisch spreche, musste ich mich mit Englisch und unterschied- lich kompetent übersetzenden Pflegekräften durchkämpfen. Das führte dazu, dass die Patienten relativ häufig dringend operations- pflichtige Befunde, beispielsweise Blinddarmentzündung nicht operie- ren lassen wollten, sondern lieber mit für sie kostenpflichtigen Medi- kamenten versehen wieder in ihr Bergdorf zurückkehrten. Sicherlich auch ein Problemmangelnden Ver- trauens bei ständig wechselnden Gastärzten unterschiedlichster

CellitinnenForum 2/2015 37

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