Cellitinnen 1_2015

Glauben Leben

Vergib uns unsere Schuld Meditation von Dr. Marianne Breuer

In jedem Menschen exis- tiert der Ruf, das Gute zu tun und das Böse zu lassen. Das ist Transzen- denzerfahrung aller Men- schen. Christen sagen, diese Stimme ist uns von Gott ins Herz gelegt. In ihr tut sich unser Gewissen kund. Es beinhaltet Nor- men, Werte, die in man- chem den Zehn Geboten entsprechen oder mehr sozial ausgerichtet sind. Das Gewissen ist ‚wan- delbar‘ durch Erziehung,

Jesus hat schon während seines Erdenlebens von Schuld befreit: Zum Ge- lähmten beispielsweise sagte er, ehe er ihn heilt: „Deine Sünden sind Dir vergeben.“ Die Vollmacht dazu sei dem ‚Menschen- sohn‘ (dem Sohn Gottes) gegeben. Jesus hat durch Leiden, Kreuz und Auf- erstehen die Schuld aller Menschen aller Zeiten überwunden, getilgt, da- von erlöst.

Gesellschaft und Kultur. Hans Küng hat jedoch durch Erforschung vieler Religionen und durch Gespräche mit zahlreichen Menschen fest- gestellt, dass bestimmte Grund- regelungen des Gewissens für alle Menschen gelten. Er spricht vom „Weltethos“. Den Anforderungen meines Ge- wissens stehe ich in Freiheit und Verantwortung gegenüber. Ich kann ihm folgen, entsprechen. Das gibt Zufriedenheit und Ruhe. Es trägt zu einem erfüllten Leben bei. Ich kann mich aber auch gegen mein Gewissen entscheiden, ihm zu- wider handeln. Das ist Schuld vor Gott und demNächsten. Meine Be- ziehung zu Gott ist gestört. Schuld macht Angst, belastet, quält, macht unruhig.

durch Hektik, übermäßiges Streben nach Besitz, Karriere und durch Medienspektakel verdrängt. Man hört das Gewissen nicht mehr. Es wird dann nur noch gefragt, was man tut, oder was nützt. Das führt zu mangelnder Orientierung, Un- sicherheit, Oberflächlichkeit oder auch zu Selbstherrlichkeit. Wir werden immer wieder schuldig, im Großen wie im Alltäglichen. Der schuldig Gewordene sehnt sich nach Vergebung. Auf Seiten des Menschen ist Voraussetzung zur Erlösung von Schuld die Umkehr, der Wille, das Böse zu lassen und die Reue, das Bedauern über das Getane. Sich selbst jedoch kann der Mensch nicht erlösen. Dies muss ein Höherer tun, Gott. In der Taufe wird vor allem die Schuld der Erbsünde vergeben. Befreiung von Sünde und Schuld findet sich im Sakrament der Versöhnung und in der heiligen Eucharistie.

Die Kraft der Erlösung ist Jesu und des Vaters unendliche Liebe zu uns Menschen. Denn: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn ei- ner sein Leben für seine Freunde hingibt“ (Joh 15,13). Und: „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hin- gab“ (Joh 3,16). Jesu Leiden und Tod ist eine Tat der Liebe. ‚Gott bricht aus seiner Göttlichkeit aus … um auf die Menschen zuzuge- hen‘, wie es Papst Benedikt XVI. ausdrückt. Der barmherzige Vater umarmt den reuigen Sohn. Er lässt ihm ein Fest- gewand anlegen (Luk 15,20-22). Wir werden immer wieder schuldig, wie uns unser Gewissen sagt. Wir erfahren Gottes Liebe, die immer wieder vergibt. Das sollte uns zu tiefer Dankbarkeit und Freude füh- ren. Wir wollen die Größe Gottes loben und preisen.

In unserer modernen Zeit wird dieser Ruf des Gewissens vielfach

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