BayernDach Magazin 1-2019

EDITORIAL Auf ein Wort Unwissenheit! Ignoranz! Lösungen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Die Rekrutierung von Nachwuchs und der mittlerweile auch im Dachdeckerhandwerk spürbare Facharbeitermangel werden in Zukunft noch mehr in unseren Fokus rücken. Jugendbeauftragte, Kolleginnen und Kollegen aus dem Dachde- ckerhandwerk, Auszubildende und Gesellen aus den Dachdecker- betrieben sind schon jetzt an vorderster Front aktiv. Dafür ge- bührt ihnen allen ein herzlicher Dank. Ein weiteres Problem stellt auch für die Dachdeckerbetriebe die rasante Entwicklung der Anzahl der Soloselbstständigen dar. Ei- nige Zahlen verdeutlichen diese bedenkliche Situation: • ca. 53 % von 530.000 in Deutschland ansässigen Betrieben haben keine Beschäftigten; • ca. 50 % der Soloselbstständigen haben keine Krankenversiche- rung; • nur ca. 3 % der Soloselbstständigen haben eine Unfallversiche- rung; • mehr als 20 % der Soloselbstständigen weisen eine unterjährige Fluktuation auf. Ein Blick in die Struktur der Gewerke zeigt, dass z. B. 72 % der Ab- bruchunternehmer und jede dritte Gerüstbaufirma keine Beschäf- tigte aufweisen. Wie bitte soll das in der Praxis gehen? Auch Dachdecker treten inzwischen häufiger als Soloselbststän- dige auf: 1 Abbruch, 1 Gerüst, 1 Dach, 3 Unternehmer. Welche verheerenden Auswirkungen die Wirtschaftszweige „So- loselbstständigkeit” und „Schwarzarbeit“ auf die Sozialsysteme haben, sollte auch beim letzten Politiker angekommen sein. Aber dieses Thema wird nur sehr zaghaft angegangen. Es wird sogar behauptet, dass dadurch schließlich Menschen wieder in Lohn und Brot stehen. Da stellt sich allerdings die Frage, wie lange und wie hoch der hinterlassene Schaden ist? Unwissenheit, nein! Ignoranz, ja! Lösungen? Lieber Herr Finanzminister, lieber Herr Sozialminister: Sollte der Spitzensteuersatz zur Gegenfinanzierung aller geplanten „Sozi- algeschenke“ weiter angehoben werden, wird das dem Mittel- stand den Boden unter den Füßen wegziehen und der angepeilte Sozialstaat wird im Schlamm versinken.

l iebe Leserinnen und Leser, traditionell haben der Landkreis Freyung-Grafenau und die Stadt Waldkirchen die 39. DMS Meistertage mit einem großen Empfang eröffnet. Die zahlreichen Vertreter aus Wirtschaft und Politik zeigten, welch hohen Stellenwert die Dachdecker in Wald- kirchen besitzen. Wohlwollende Worte der Kommunalpolitik in Waldkirchen sind nicht nur Phrasen. Worten folgen hier auch Taten. Das zeigt der Start der 1. Bauphase der Sanierung der Dachdecker-Werkhallen und -Werkstätten im Berufsschulzentrum Waldkirchen. Der durch die Sanierung bedingte Umzug der Dachdeckerausbil- dung in die Colentahalle als Ausweichquartier wurde zum Ende des Schuljahres 2018 vom KPZ Dachtechnik fristgerecht vollzogen – wenn auch mit enormem personellen und finanziellem Auf- wand. Ein besonderer Dank ist hier den Hausmeistern des BSZ und unseren Mitarbeitern des KPZ auszusprechen. Alles ging reibungs- los über die Bühne. Der Umzug konnte im zur Verfügung stehen- den kurzen Zeitfenster realisiert werden. Nun bleibt zu hoffen, dass Planer und Ausführende ihre Aufgaben zügig wahrnehmen, und der Zeitplan von zwei Jahren für die Um- bauten und Erweiterung der Werkhallen und Werkstätten auch eingehalten wird. Eine Vorlage haben wir Dachdecker mit dem termingerechten Neubau unseres Wohnheimes gegeben. Was uns sehr beschäftigt ist der erneute Rückgang der Auszubil- dendenzahl im Dachdeckerhandwerk in Bayern. Obwohl wir uns auf vielen Veranstaltungen positiv präsentieren und auch Inte- resse am Beruf des Dachdeckers erleben, hatten wir im September 2018 einen Rückgang im 1. Lehrjahr von ca. 12 % zu verzeichnen. Ein Grund dafür könnte sein, dass das Handwerk gerade im Hoch- konjunkturland Bayern eine große Betriebsdichte aufweist. Zu- dem steht das Handwerk hier in direkter Konkurrenz zu Industrie- betrieben. Bei Letzteren scheinen auf den ersten Blick günstigere Arbeitsbedingungen als im Handwerk herrschen. Wie unsicher Ar- beitsplätze in der Industrie jedoch sein können, zeigen die aktu- ellen Ankündigungen verschiedener Industriekonzerne. Werden angepeilte Gewinnmargen nicht erreicht, folgt meist eine Personalreduzierung. Und dabei geht es dann gleich um mehrere hundert oder gar tausend Beschäftigte.

Ihr Landesinnungsmeister A. Ewald Kreuzer

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