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Netztechnik und -prozesse

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50,2 Magazin | 07.2022

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Die rund 85 Tonnen schweren Kabeltrommeln werden per Schiff in Regensburg angeliefert und dort zwischengelagert. (Foto: Prysmian Group)

die verwendeten HGÜ-Kabel bereits 2019 umfangreiche Präquali fizierungsprüfungen absolviert. Dabei galt es, unter realistischen Verlegebedingungen deren Langzeittauglichkeit unter Beweis zu stellen – etwa durch Spannungs-, Blitzstoß- und mechanische Prü fungen. Zuvor mussten die ÜNB gemeinsam mit akkreditierten Prüfinstituten jedoch national einheitliche Kabelspezifikationen und Prüfanforderungen für die geplanten Kabelsysteme mit einer Betriebsspannung bis 525 kV erarbeiten, denn internationale Nor men für extrudierte HGÜ-Kabel existieren nur bis 320 kV. Hierfür wurde die internationale Norm IEC 62895 in der DIN 62895 um einen normativen nationalen Anhang mit Anforderungen für Kabelsys teme mit einer Betriebsspannung bis 525 kV ergänzt. Die Produktion für die rund 270 Kilometer des Vorhabens 5 wurde schon während der Planfeststellungsverfahren vorberei tet und läuft seit Ende 2021. Im Sommer 2022 hat Prysmian auch den Zuschlag für das Vorhaben 5a erhalten. Die Kabel werden im französischen Prysmian-Werk in Gron bei Paris produziert, per Schiff ausgeliefert und am Bayernhafen Regensburg eingelagert. Die frühzeitige Kabelproduktion und -lieferung dient aus Sicht des verantwortlichen Übertragungsnetzbetreibers TenneT auch der Optimierung der Projektprozesse. „Der aktuell laufende Produk tionsprozess kann dank der Prysmian-internen Forschungs- und Entwicklungsabteilung, eigener HGÜ-Prüflabore sowie der haus eigenen Isolationsmaterialherstellung deutlich beschleunigt wer den“, berichtet Heiko Dirks, Continental Europe Regional Director for Project Management bei Prysmian. Zudem übernimmt der Ka belhersteller in Kooperation mit TenneT einen großen Teil der vor bereitenden Planungs- und Engineeringarbeiten. So ist Prysmian auch für Transport / Logistik, Verlegung, Verbindung, Prüfung und Inbetriebnahme verantwortlich. Vollständig recyclingfähige HGÜ-Erdkabel Für SuedOstLink entschieden sich die Auftraggeber für ein HGÜ Erdkabelsystem für die höchste Spannungsebene von 525 kV, das eine besonders effiziente Stromübertragung über große Ent fernungen ermöglicht. Bei 525 kV kann im Vergleich zu 320 kV die gleiche Leistung mit einer geringeren Kabelmenge übertragen werden, wodurch auch weniger Platz und weniger Bauarbeiten für die Installation des Systems erforderlich sind. Zur Isolierung der Kabel verwendet die Prysmian Group die in novative P-Laser-Technologie auf Basis des Isoliermaterials HPTE (High Performance Thermoplastic Elastomer). Das besonders leis tungsfähige Isolationssystem basiert auf Erfahrungen des Her stellers in der Mittelspannungsanwendung und kommt jetzt auch in der 525 kV Kabeltechnologie von Prysmian zum Einsatz. „Die P Laser-Kabeltechnologie mit seiner HPTE-Isolierung bietet weitere Vorteile. Sie benötigt keine Nachbehandlung wie Entgasung, was die Produktionszeit verkürzt und die CO2-Emissionen in der Her stellung um 30 Prozent senkt. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist, dass das Material selbst vollständig recycelbar ist, was vor allem für die

Die Produktion eines 525 kV-Erdkabels Im ersten Fertigungsschritt, der Leiterverseilung, wird der ei gentliche elektrische Leiter hergestellt. Dabei werden elektrisch gut leitfähige Drähte, etwa aus Kupfer, mit- und untereinander zu einem Seil verdrillt. Nach der Leiterverseilung folgt die Extrusion der Isolation. Bei der ersten Extrusion wird der Leiter elektrisch isoliert. Diese Iso lierung besteht aus drei Schichten sehr spezieller Kunststoffe, die es ermöglichen, die sehr hohe elektrische Gleichspannung von 525.000 Volt an dem Leiter anzulegen. Die innere und äußere Schicht ist jeweils nur wenige Millimeter dünn. Sie besteht aus einem elektrisch leitfähigen Kunststoff und einer sehr glatten Oberfläche, umdie elektrische Feldstärke möglichst klein zu hal ten. Die mittlere Schicht ist mit wenigen Zentimetern dicker und besteht aus einem Kunststoff mit sehr hoher Güte. Sie dient der elektrischen Isolation. STATE-OF-THE-ART KABELTECHNOLOGIE Der Aufbau der HGÜ-Erdkabel für den SuedOstLink

Innere halbleitende Schicht Äußere halbleitende Schicht Glasfaserelemente

Leiter

Isolierung

Bereit für den Einsatz Die Umsetzung der geplanten HGÜ-Übertragungsleitungen bedeutet auch für die Kabel hersteller einen enormen produktionstechnischen und logistischen Aufwand – das zeigt das Beispiel der Prysmian Group aus Mailand.

Geschweißte Aluminiumfolie

Außenmantel

©Prysmian Group

O ffshore-Windparks in der Nord- und Ostsee sollen künftig einen Großteil der Versorgung mit erneuerbar erzeugtem Strom übernehmen. Für den Transport in die Verbrauchs zentren des Südens sind mehrere große Höchstspannungs-Gleich

Außerhalb der Isolation werden Materialien auf das Kabel ge wickelt, die bei Kontakt mit Wasser quellen, so dass bei einem beschädigten Kabel kein Wasser in das Kabel eintreten kann. In dieser Schicht befinden sich auch Glasfaserelemente, über die unter anderem die Temperatur des Kabels im Einsatz über wacht wird. Da die Isolation des Kabels sehr empfindlich ist, wird ein Band aus Aluminium radial auf das Kabel gebracht und ver schweißt. Im letzten Fertigungsschritt wird das Kabel im Zuge einer zweiten Extrusion mit einem Schutzmantel aus Polyethy len umhüllt. Extrusion von Kunststoffen Ein Kunststoffgranulat wird im sogenannten Extruder dann so weit verdichtet, dass es flüssig wird. Der flüssige Kunststoff wird so auf die Oberfläche des inneren Kabelelementes aufgebracht, dass er das Kabelelement gleichmäßig umhüllt. Um den Kunst stoff wieder zu verfestigen und die gewünschten Eigenschaften zu erreichen, wird das Kabel kontrolliert abgekühlt und dann aufgewickelt.

gen Anforderungen der Projekte abgestimmte Erdkabellösungen entwickelt. Für SuedOstLink etwa wird das Unternehmen rund 1.100 Kilometer Erdkabel mit einem Gesamtgewicht von ca. 45.000 Tonnen herstellen. Die geplante Trasse besteht aus zwei parallelen

HGÜ-Verbindungen zwischen Wol mirstedt und Isar (Vorhaben 5) so wie zwischen Klein Rogahn und Isar (Vorhaben 5a). Die beiden HGÜ-Lei tungen sollen Bayern mit jeweils 2 GW Strom aus nordostdeutschen Windparks versorgen. Die Fertigstel lung für das Vorhaben 5 ist für 2027 geplant, Vorhaben 5a soll 2030 ab geschlossen werden. Erhebliche Vorarbeiten Damit dieser Zeitplan eingehalten werden kann, musste Prysmian weit im Vorfeld aktiv werden: So hatten

s t rom-Übe r t r agungs l e i tungen (HGÜ) geplant. Die enormen Pro jektdimensionen stellen auch an die Ressourcen, Technologien und Kompetenzen der beteiligten Ka belhersteller erhebliche Anforde rungen. Einer von ihnen ist die Prys mian Group (Mailand). Sie ist aktuell im Auftrag von TenneT, TransnetBW und Amprion an der Vorbereitung und Umsetzung von wesentlichen Teilen der HGÜ-Leitungen SuedOst Link, Sued-Link und A-Nord betei ligt. Das Unternehmen hat unter anderem spezielle, auf die jeweili

Die Transportroute der HGÜ-Kabel für den SüdOstLink

ROTTERDAM

GER

RADICÂTEL

REGENSBURG

GRON FR

©Prysmian Group

Transportroute der fertigen Kabel von Gron nach Regensburg. (Foto: Prysmian Group)

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