Cellitinnen-02-2023_Einzelseiten

Die Erfahrungen in meiner Kindheit haben meine Leidenschaft für Anthropologie entfacht.

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seiner Frau am Bahnhof in Ber lin stand, traf dort ein Zug mit ukrainischen Flüchtlingen ein. In diesem Moment wurde ihm sei ne eigene Geschichte einmal mehr bewusst, die vor Generationen auch mit Flucht und Verlust begonnen hatte. Diese Geschichte hat ihm jedoch auch ein Leben ermöglicht, in dem er nicht nur als Mediziner, sondern als Mensch die Welt positiv beeinflussen konnte. Klassens Leben ist ein eindrucksvol les Beispiel dafür, wie der Kreislauf der Menschlichkeit weitergeführt werden kann, wenn wir uns erlauben, unsere eigenen Wurzeln nicht zu vergessen, sondern sie als Antrieb für ein enga giertes und sinnvolles Leben zu nutzen: „Wir sind alle miteinander verbunden und ich glaube, das erkennen wir am deutlichsten, wenn wir uns selbst in den Augen derjenigen sehen, die am wenigsten haben. So schließt sich der Kreis meiner eigenen Lebensgeschich te und öffnet gleichzeitig Türen für die kommenden Generationen." (S.L.)

den konventionellen Weg einer klassischen Arzt-Karriere in Deutsch land einschlagen oder in die Heimat Paraguay zu rückkehren? Doch Klassen ent

schied sich für einen ganz anderen Weg - einen Weg, der Sinnstiftung und Humanität vereinte. „Der Verein ‚Christliche Fachkräfte International' bot mir eine einzigartige Möglichkeit: Ich verbrachte vier Jahre meines Le bens in einem Urwaldkrankenhaus in Mosambik. Dort habe ich gelernt, mich nicht nur auf chirurgische Ein griffe zu konzentrieren, sondern auch als Generalist in schwierigsten Situ ationen zur Stelle zu sein." In dieser Zeit erlebten seine drei Kinder eine aus europäischer Sicht ungewöhnli che Kindheit: Sie wuchsen inmitten des Urwaldes auf und wurden von ihren Eltern beschult. Als die Zeit gekommen war, dass die Kinder eine weiterführende Schule besuchen sollten, kehrte die Familie 2003 nach Deutschland zurück. Klas sen nahm eine Stelle als Chirurg im ‚Bergmannsheil‘ in Bochum an. Doch sein Fernweh und der tiefe Wunsch, Menschen zu helfen, waren keines wegs gestillt. „Die Rückkehr nach Deutschland bedeutete nicht das Ende meines Engagements", betont er. „Ich reise regelmäßig in abgelege ne Regionen wie den Sudan, Malawi, Burundi und Mosambik, um Men schen medizinisch zu helfen und ih nen neue Perspektiven zu eröffnen.“ Auf manchen dieser Reisen begleitet ihn inzwischen seine älteste Tochter, die als Ärztin in die Fußstapfen ihrer Eltern getreten ist.

Für Klassen ist das Leben eine Balan ce zwischen verschiedenen Welten . Er ist angetrieben von seinem christ lichen Glauben und seinem tief ver wurzelten Wunsch, denjenigen etwas zurückzugeben, die weniger Glück im Leben hatten. Neben seinem medizi nischen Engagement in der Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs-, Hand chirurgie und Orthopädie am Petrus Krankenhaus ist er weiterhin aktiv in seiner Kirchengemeinde, die ihm sehr viel bedeutet. Kurz vor Ende des Interviews erzählt Klassen noch von einer für ihn be wegenden Begebenheit: Vor einigen Monaten, als er nach einem Besuch der paraguyanischen Botschaft mit

Engagieren Sie sich!

Haben Sie das Gefühl, mehr tun zu können? Möchten Sie auch einen Beitrag leisten? Es ist nicht erforderlich, Mediziner zu sein – das En gagement ist in vielfältigen Formen möglich und jede Hilfe wird geschätzt. Kontaktinformationen: E-Mail: Alfred.Klassen@ cellitinnen.de

Ein Operationssaal

Grafik: Getty Images

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