Cellitinnen-02-2023_Einzelseiten

einfach kompetent

Schluckstörung und litt unter einer fast vollstän digen Lähmung der Arme und Beine, Hände und Füße. Das Team des Weaning-Zentrums setzte alles daran, Goschko wieder zur Spontanatmung zu bringen. Ein großes Problem dabei war die ausgeprägte Schluckstörung (Dysphagie). „Die Schluckstörung hat uns wirklich Sorgen bereitet, weil sie ein großes Hindernis bei der Entfernung der Trachealkanüle ist. Selbst wenn der Patient wieder komplett selbstständig atmet, ist er bei eingeschränkter Schluckfähigkeit sofort durch das Verschlucken mit folgender neuer Lungen entzündung bedroht, sobald die Trachealkanüle entfernt wird. Unsere Logopädin beherrscht die Methodik der klinischen und endoskopischen Schluckdiagnostik FEES (Flexible endoskopische Evaluation des Schluckens). Gemeinsam mit den Atmungstherapeuten und den Pflegekräf ten wurde täglich ein intensives Schlucktraining durchgeführt. Zum Glück konnten wir das Pro blem so in den Griff kriegen“, so Sommerwerck. In insgesamt neun Wochen wurde nicht nur die Schluckstörung erfolgreich behandelt. Phy siotherapie, Atmungstherapie und die ärztliche und pflegerische Behandlung führten dazu, dass die Lähmungserscheinungen der Arme und Bei ne durch aktives Training schrittweise reduziert werden konnten und die Lunge langsam wieder lernte, zu atmen. Sommerwerck: „Eines Morgens erhielten wir dann von der Logopädin die Freigabe: Die Tra chealkanüle für die Beatmung konnte entfernt werden. Das ist nicht nur für den Patienten ein ganz besonderer Moment, sondern jedes Mal auf's Neue auch für das Team. Jemand, der vor her ohne die Unterstützung der Geräte nicht lebensfähig gewesen wäre, kann wieder selbst atmen und ist im wahrsten Sinne des Wortes zu rück im Leben. Danach folgt natürlich noch ein weiter Weg, bis Lebensqualität und Leistungsfä higkeit bestmöglich wiederhergestellt sind. Aber das Ziehen der Kanüle ist der Moment, in dem es geschafft ist.“ Erfolgreiche Behandlung Und heute? Goschko ist zu Fuß unterwegs, kommt zu Nachuntersuchungen regelmäßig wieder ins Severinsklösterchen. „Das verlangen die Standards des WeanNet, des Zertifizierungs gremiums für prolongiertes Weaning in Deutsch land“, führt Sommerwerck aus, die selbst im Vor

stand dieses deutschen Entwöhnungsnetzwerks ist.

Das Team um Dr. Ute Somerwerck (li) mit Patient Klaus-Peter Goschko (Mitte)

Der Patient kann heute wieder gehen, atmet komplett selbstständig und empfindet tiefe Dank barkeit für sein zweites Leben. Goschko hatte an schließend noch einen langen Weg vor sich, den er zum Teil in der Frührehabilitation verbrachte. Aktuell hat er noch einzelne Einschränkungen, an denen er aber trainiert. Nächstes Jahr möchte er wieder nach Südtirol - so wie früher! (E.L.)

Weaning

Weaning ist die Entwöhnung von der Langzeit beatmung. Benötigt ein Mensch auf Grund einer Erkrankung maschinelle Atemunterstützung durch ein Beatmungsgerät, „verlernt“ die Lunge relativ schnell die selbstständige Atmung. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Dauer der Beatmung entscheidend für die Dauer und Komplexität des Weanings ist. Weaning findet in spezialisierten Zentren oder auf spezialisierten Stationen statt und erfordert ein multidiszip linäres Team aus Pneumologen, Atmungsthe rapeuten, Physiotherapeuten, Logopäden und spezialisierten Pflegekräften. In Deutschland sind die spezialisierten Zentren im ‚WeanNet Register‘ organisiert. Diese spezialisierten Zentren erreichen die erfolgreiche Entwöhnung von zwei Dritteln der langzeitbeatmeten Patienten, die nicht auf einer Intensivstation entwöhnt werden konnten.

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