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Ein Kind zieht ins Seniorenhaus Das Seniorenhaus St. Josef in Meckenheim bereitet sich auf Weihnachten vor.

E i n Gast aus der Kurzzeitpflege hat dem Meckenheimer Senioren haus ein außergewöhnliches Ge schenk gemacht: Carola Schubert fühl te sich im St. Josef so gut aufgehoben, dass sie dem Haus ein Kind vermacht hat, ein dreißig Jahre altes ‚Fatschen kind‘. Die Figur von der Größe eines Säuglings hat einen aus Wachs gegos senen Kopf, der vor dreißig Jahren im Kloster Reichertshofen bei Bad Tölz an gefertigt und mit einem Leib aus Stoff und Papier versehen wurde. Schon im Mittelalter wurden jungen Novizinnen solche Figurinen des Jesuskindes zur persönlichen Anbetung in der Zelle ge schenkt, auch als ‚Trösterchen‘ für die entgangene Mutterschaft. Stark ver breitet ist der Brauch der ‚ Fatschen kinder' heute noch in Süddeutschland und Österreich. Zur Adventszeit wurde

Schutz in einer eigens angefertigten Kiste.

das Kind dann im Herrgottswinkel auf gestellt. Zum Brauch gehört das Kindel wiegen, das Singen und Beten wie im Lied ‚Josef, lieber Josef mein‘. Das wohl berühmteste Fatschenkind ist das um 1520 entstandene ‚Prager Jesuskind‘, dem man Wunder nachsagt. Es sind nicht allein die Fatschen (von fascia = Windel, Tücher), mit denen der Korpus fest umwickelt wurde; eine Gewohnheit, die man bis ins 19. Jahrhundert bei Säuglingen und Kin dern pflegte, um die zarten Körper zu stützen. Die Figur wurde, so Schubert, über Jahre hergestellt, mit kostbaren Stoffen, Perlenketten, Brokatkissen, Edelsteinen und Goldapplikationen ge schmückt. Für jedes ihrer eigenen Kin der hat Schubert ein reich verziertes ‚Fatschenkind' hergestellt, jedes zum

Ihr eigenes ‚Fatschenkind', das alle Sta tionen ihres langen Lebens mit gewan dert ist, soll nun nach ihrem Wunsch sein Zuhause im Seniorenhaus St. Jo sef finden, reich geschmückt und gut geschützt in einer Kiste, um die Be wohner in der Adventszeit zu erfreu en und auf die Menschwerdung Got tes zu verweisen. Seniorenhausleiter Clemens Pollmann wird das Kleinod im Hausrestaurant, sichtbar für Be wohner, Gäste und Besucher, aus stellen, mitten unter den Menschen, gemäß der biblischen Verheißung des Engels: „Ein Kind ist euch geschenkt, ein Sohn euch gegeben. Ihr werdet finden ein Kind in Windeln gewickelt.“ (Lk 2,7) (M.A., C.P.)

Foto: Maria Adams

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