Unternehmensnachfolge im Handwerk

folger Konkurrenz zu machen. Der Käufer eines Unternehmens ist naturgemäß in besonderem Maße daran interessiert, dass der Ver- käufer mit dem nach einem Verkauf und der Übertragung vorhan- denen Know-how sowie den Kenntnissen über und Kontakten zu Kunden und Lieferanten nicht ein neues Unternehmen gründet und dem Nachfolger direkt Konkurrenz am Markt schafft. Andererseits schaffen das Grundgesetz und das Grundrecht der Berufsfreiheit eine Garantie für den Verkäufer auf freie und ungehinderte Berufs- ausübung. Selbst wenn eine Wettbewerbs- bzw. Konkurrenzschutzklausel im Unternehmenskaufvertrag fehlt, kann – abhängig vom Einzelfall – aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine ungeschriebene Neben- pflicht des Unternehmensnachfolgevertrages zur Unterlassung von Wettbewerb gegenüber dem Erwerber bestehen. Das vereinbarte Ziel der Unternehmensübertragung würde verfehlt, wenn der Ver- äußerer es durch eigenen Wettbewerb verhindert, dass sich der Nachfolger eine gesicherte Marktposition verschafft. Es besteht die ungeschriebene Nebenpflicht aus dem Nachfolgevertrag zur Überleitung des veräußerten Unternehmens an den Erwerber und etwaige Konkurrenz zu unterlassen. Der konkrete Umfang und die Reichweite dieses ungeschriebenen Konkurrenzschutzes sind nur schwer präzise rechtlich vorherzusa- gen und einzelfallabhängig. Aus diesem Grund ist es stets zu emp- fehlen, klare Regelungen zu einem Wettbewerbsverbot im Unter- nehmenskaufvertrag zu vereinbaren. Jeder Unternehmenskäufer sollte zwingend auf die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots drängen. Um eine Annäherung an die Grenzen und die Reichweite eines vertraglich nicht geregelten Wettbewerbsverbots zu erlangen und dementsprechend abschätzen zu können, ob und wieweit Wettbe- werbsverbot reicht, kann auf die rechtlichen Grenzen vertraglicher Wettbewerbsverbote abgestellt werden. Ein vertragliches Wettbewerbsverbot bzw. eine Wettbewerbsbe- schränkung ist unangemessen, dementsprechend gemäß § 138 BGB sittenwidrig und nichtig, wenn der Veräußerer über Gebühr, unangemessen und über das Notwendige zum Schutz des Erwer- bers und dessen Marktposition hinaus in seiner Erwerbstätigkeit beschränkt wird. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit und die Frage über die Grenzen des Konkurrenzschutzes des Erwerbs gegenüber dem Veräußerer ergeben sich aus einer Abwägung der berechtig- ten Interessen des Erwerbers auf Schutz vor Konkurrenz durch den Veräußerer einerseits und des Veräußerers auf Ausübung seiner grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit andererseits. Eine über- mäßige Beschränkung der Freiheit des Unternehmensveräußerers zur Ausübung des von ihm erlernten und viele Jahre ausgeübten Berufes soll damit also verhindert werden. Wettbewerbsverboten sind dort Grenzen zu setzen, wo die Aufrechterhaltung des Wettbe- werbsverbots zur Etablierung des Unternehmens in der Hand des Nachfolgers am Markt nicht mehr erforderlich ist. Keinesfalls darf es nur darum gehen, allein den Wettbewerb auszuschalten. Wettbewerbsverbote und Konkurrenzschutzklauseln unterliegen aus den vorgenannten Gründen deshalb erstens sachlich-inhalt- lichen Grenzen (Frage: liegt derselbe Unternehmensgegenstand vor?), zweitens zeitlichen Grenzen (Frage: wie lange ist ein Aus- schluss von Konkurrenztätigkeit für den Unternehmensverkäufer zumutbar?) und drittens räumlichen Grenzen (Frage: wie weit reicht das Konkurrenzverbot örtlich?). Ein Wettbewerbsverbot darf (erstens) sachlich nicht über das ge- botene Maß hinausgehen, hat sich also inhaltlich am bisherigen Tätigkeitsfeld des veräußerten Handwerksbetriebes zu orientieren und erfasst beispielsweise nicht darüber hinausgehende Tätigkei-

ten bzw. Dienst- oder Werkleistungen (bspw. wird der Veräußerer eines Sanitär- und Heizungsbau-Betriebes keinem Wettbewerbs- verbot unterfallen, wenn er nun im Bereich der KFZ-Reparatur tätig wird). Dem Veräußerer bleibt es also unbenommen, andere Leistungen am Markt anzubieten, solange und soweit keine Über- schneidungen mit dem bei Vertragsschluss bestehenden Tätig- keitsfeld des veräußerten Betriebes bestehen. In der Praxis besteht (zweitens) regelmäßig großes Konfliktpotenzi- al hinsichtlich der Zeit , während der dem Veräußerer die Ausübung seines Berufes aus Konkurrenzschutzgründen untersagt werden kann. Das Interesse des Nachfolgers geht nachvollziehbar dahin, dem Veräußerer möglichst lange den Marktzutritt zu verschließen, während der Veräußerer regelmäßig darauf pocht, nach möglichst kurzer Zeitspanne wieder seine Leistungen als Mitbewerber an- bieten zu können. Wettbewerbsverbote bis zu zwei Jahren werden rechtlich als weithin unbedenklich angesehen. Die Rechtsprechung ist diesbezüglich der Ansicht, dass ein Unternehmensnachfolger während eines Zeitraumes von zwei, spätestens drei Jahren hin- reichende Möglichkeiten hat, um den Kundenstamm des veräußer- ten Unternehmens an sich zu binden. Schafft es der Nachfolger in dieser Zeit nicht, seine Stammkunden zu halten, wird sich die Beziehung zwischen Betrieb und Stammkundschaft typischerweise so sehr gelockert haben, dass der Veräußerer des Betriebes ge- genüber dem Nachfolger wie jeder andere Wettbewerber am Markt auftritt. Als Richtwert lässt sich dementsprechend festhalten, dass sich im Grundsatz ein längeres Verbot des Unternehmensveräuße- rers an der Berufsausübung am Maßstab der grundrechtlich garan- tierten Berufsfreiheit nicht halten lässt und wegen Sittenwidrigkeit unwirksam ist. Ausnahmsweise können im Einzelfall Konkurrenzschutzklauseln von mehr als zwei bis drei Jahren Rechtsgültigkeit beanspruchen, jedoch müssen hierfür grundsätzlich besondere Gründe angeführt werden können. Eine zeitlich längere Schutzdauer nimmt man ten- denziell eher bei Leistungen und Tätigkeiten an, die in einer be- sonderen persönlichen Vertrauensbeziehung zwischen Anbieter und Kunde wurzeln (wie dies bspw. bei Ärzten zu ihren Patienten oder bei Steuerberatern und Rechtsanwälten zu ihren Mandanten der Fall ist), eine solche ist aber auch im Bereich des Handwerks nicht ausgeschlossen. Dies ist beispielsweise nicht so fernliegend, wenn der Veräußerer „seinen“ Betrieb über Jahrzehnte geführt, mit seinem Namen aus Sicht der Kunden mit einer außergewöhnlich erfolgreichen Tätigkeit gebürgt und sich so eine überdurchschnitt- lich positive Reputation mit großem Bekanntheitsgrad aufgebaut hat. Eine zeitliche Ausdehnung des Konkurrenzschutzes mag nicht nur bei einer besonders intensiven Bindung zu einem festen Kun- denstamm, sondern auch dann diskutiert werden können, wenn vom Veräußerer zusammen mit dem Unternehmen als solchem sowohl der Geschäftswert als auch herausragendes Knowhow des Geschäftes vollständig auf den Übernehmer übertragen wird. Ein Wettbewerbsverbot von mehr als drei Jahren wird aber auch in vergleichbaren Situationen nur schwerlich zu rechtfertigen sein. Solche besonderen Umstände sind auch bei der Unternehmens- nachfolge im Bereich des Handwerks denkbar, wenn auch hier eher nicht die Regel. Zeitlich unbefristete Konkurrenzschutzklauseln sind jedenfalls unwirksam und unbeachtlich. Schließlich sind wettbewerbsbeschränkende Klauseln im Praxis- nachfolgevertrag zulasten des Veräußerers (drittens) am Kriterium der räumlichen Zumutbarkeit zu messen. Örtlich sind die Eingrif- fe in die Berufsausübungsfreiheit des Veräußerers auf das unbe- dingt erforderliche Maß zu beschränken. Es darf dem Veräußerer Wettbewerb nur so weit örtlich verboten werden, als dies zur Er- haltung des Kundenstammes des Handwerkbetriebes erforderlich ist. Dies ist in besonderem Maße einzelfallabhängig, insbesondere welche örtlichen Umstände in der konkreten Situation vorliegen.

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