Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 3/2016 (November 2016)

DR. HENRIK MÜLLER

Die neuen Arzneimittel 2015 – ein pharmazeutischer Jahresrückblick

Für viele Patientinnen und Patien- ten war das Jahr 2015 ein positives Jahr, da eine Vielzahl neuer Arznei- mittel die Chancen auf Heilung ih- rer Erkrankung bzw. Verbesserung ihres Gesundheitszustandes erhöht hat. Insgesamt wurden 36 neue Arzneistoffe auf dem deutschen Arzneimittelmarkt zugelassen. Der Schwerpunkt lag erneut auf der Be- handlung von Krebserkrankungen (s. Abb. 1). Allerdings standen auch andere Indikationsgebiete, wie z. B. die Hypercholesterinämie, chro- nisch entzündliche Darmerkran- kungen, Morbus Parkinson oder die Obstipation im Fokus. Orphan Drugs, die für Menschen mit selte- nen Leiden entwickelt wurden, machten 2015 ein Drittel aller Neu- einführungen aus. Im Gegensatz zu den Arzneimitteln, die für gängige Indikationsgebiete eine Zulassung beantragen, müssen Orphan Drugs die frühe Nutzenbewertung nicht durchlaufen.

Dr. HenrikMüller (Haan) ist Director Packaging Operations by Aesia Pharmaceuticals.

Dr. Henrik Müller

chronisch entzündlichen Darmerkrankun- gen (CED) zur Verfügung. Patienten, die auf konventionelle Therapien oder TNF α - Antagonisten wie Infliximab (Remicade®) oder Adalimumab (Humira®) unzurei- chend oder nicht mehr ansprechen oder Unverträglichkeiten gegen diese aufwei- sen, können von dem neuen Antikörper profitieren. Colitis ulcerosa (CU) und Morbus Crohn (MC) sind die zwei häufigsten CED. Schätzungen zufolge leiden in Deutsch- land rund 530.000 Patienten an einer CED. Die Tendenz ist steigend. CU und MC können in jedem Lebensalter auftre- ten, jedoch erkranken insbesondere junge

FRÜHE NUTZENBEWERTUNG GEMÄSS AMNOG:

Erwachsene im Alter von 15 bis 35 Jah- ren daran. Während bei MC der gesamte Gastrointestinaltrakt von der chronischen Entzündung betroffen ist (Durchfälle ohne Blut), manifestiert sich eine CU im Bereich des Dickdarms (blutig-schleimige Durchfälle). Der Dünndarm ist hier nicht betroffen. Der Lebensalltag bei CU und MC wird neben häufigen Durchfällen durch Beschwerden, wie beispielsweise krampfartigen Schmerzen imUnterbauch, Der Preis für Arzneimittelinnovatio- nen ist seit Inkrafttreten des AMNOG nicht mehr frei kalkulierbar, sondern unterliegt einem Bewertungsverfah- ren und richtet sich in indirekter Form nach dem Ausmaß des Zusatznutzens. Ist der Zusatznutzen „nicht quanti- fizierbar“, „fehlt“ oder ist „geringer“ als bei der zweckmäßigen Vergleichs- therapie führt diese Einschätzung dazu, dass das neue Arzneimittel auf Basis der eingereichten Daten kei- nerlei Mehrwert für die Therapie des Patienten beinhaltet und damit im Rahmen der frühen Nutzenbewer- tung durchfällt. Neue Arzneimittel mit fehlendem Zusatznutzen werden in eine bestehende Festbetragsgruppe einsortiert.

Vedolizumab (Entyvio®) – Darmselekti- ver Antikörper.

Entyvio® steht für die mittelschweren bis schweren Formen der beiden häufigsten

Abb.1 ABBILDUNG 1: Indikationsgebiete der Arzneimittelinnovationen 2015 nach VfA (Ver- band forschender Arzneimittelhersteller e.V.)

Krebserkrankungen

Infektionskrankheiten

1 1

2

Herz-Kreislauf- Erkrankungen Haut- bzw.

2

13

2

Entzündungskrankheiten Atemwegserkrankungen

2

Augenkrankheiten

Krankheiten des ZNS

3

Stoffwechselerkrankungen

Diabetes Mellitus Typ 2

5

5

Schmerzen

AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal /  13

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