BeiratAktuell-48

››› Wohnungseigentumsrecht ‹‹‹ von RA Rüdiger Fritsch So hat das auszusehen und nicht anders! Bestimmen die Eigentümer über die Form der Jahresabrechnung?

Die Fertigung des Jahresabrechnung für die Wohnungseigentümergemeinschaft ist für den WEG-Verwalter bekanntlich ein heikles Thema, gilt es doch, einer Unzahl von formalen und inhaltlichen Anforderungen der Rechtsprechung zu genügen. Damit werden an denVerwalter auch oft eigentümerseits Wünsche hin- sichtlich der Gestaltung der Jahresab- rechnung herangetragen, denen der Ver- walter aus rechtlichen Gründen, oftmals aber auch aus technischen Gründen, nicht entsprechen kann. So wünschen oftmals vor allem vermietende Eigentümer eine Darstellung der Jahresabrechnung, die der Verwalter nicht leisten kann oder aus betrieblichen Gründen nicht leisten will. Hier stellt sich die Frage, ob und inwie- weit die Wohnungseigentümer demVer- walter hinsichtlich der Gestaltung der Jahresabrechnung Vorschriften machen können. 1. Der Fall Beirat B stellt in der Eigentümerversamm- lung der Wohnungseigentümergemein- schaft X-Straße den Antrag, dass der Verwalter angewiesen und verpflichtet werden soll, beginnend mit dem folgen- denWirtschaftsjahr die Jahresabrechnung nach einem vom Beirat gestalteten Muster zu erstellen. Die Wohnungseigentümer fassen den entsprechenden Beschluss mit überwältigender Mehrheit. Verwalter V, dessen Abrechnungs-Software das vom Beirat vorgegebene Muster nicht erzeugen kann, fragt sich, ob er an den gefassten Beschluss tatsächlich gebunden ist. 2. Die Gesetzeslage Gem. § 28 Abs. 1 S. 1 WEG i.V.m. § 28 Abs. 3 WEG ist es die Pflicht und das alleinige Recht desVerwalters nachWEG, nach Ablauf des jeweiligen Wirtschafts- jahres eine Jahresabrechnung aufzustellen (vgl.: Bärmann/Becker, WEG, 13. Aufl. 2015, § 28 Rn. 104; Staudinger/Häublein

(2018), § 28 WEG Rn. 130). Inhalt und Form der Jahresabrechnung gem. § 28 WEG werden dabei im Gesetz indes nicht geregelt (vgl.: Bärmann/Becker, WEG, 13. Aufl. 2015, § 28 Rn. 114; Jennißen, WEG, 5 Aufl. 2017, § 28 Rn. 75). 3. Bindung durch die Gemeinschafts- ordnung Die Wohnungseigentümer können dabei im Rahmen der ihnen zustehenden Ver- einbarungskompetenz Regelungen über Form und Inhalt der aufzustellenden Jah- resabrechnung treffen. Soweit solche Vereinbarungen (in der Gemeinschafts- ordnung) bestehen, ist der Verwalter bei der Aufstellung der Jahresabrechnung an dieseVorgaben gebunden (vgl.: Bärmann/ Becker, WEG, 13. Aufl. 2015, § 28 Rn. 7). Solche konkreten Vorgaben in der Gemeinschaftsordnung, die den Verwal- ter zur Einhaltung eines ganz bestimmten Formbilds der Jahresabrechnung verpflich- ten, sind jedoch in der Praxis nicht anzu- treffen. Möglich ist ferner, dass imVerwalterver- trag besondere Abreden enthalten sein können, durch welche der Verwalter sich verpflichtet, bestimmte formelle und in- haltliche Vorgaben der Eigentümerge- meinschaft zur Aufstellung der Jahresab- rechnung zu berücksichtigen (vgl.: Bär- mann/Becker, WEG, 13. Aufl. 2015, § 28 Rn. 112; Staudinger/Häublein (2018), § 28 WEG Rn. 130). Dass ein WEG- Verwalter sich vertraglich verpflichtet, explizite Vorgaben hinsichtlich einer ei- gentümerseits konkret gewünschten Ge- staltung der Jahresabrechnung einzuhal- ten, dürfte indes einen exotischen Aus- nahmefall darstellen. 5. Bindung durch Beschluss? Mangels besonderer Regelung in der 4. Bindung durch den Verwalter- vertrag

Gemeinschaftsordnung sowie mangels besonderer verwaltervertraglicher Ab- reden bestimmen sich die an Form und Inhalt der Jahresabrechnung zu stellenden Anforderungen nach demMindestinhalt des Wirtschaftsplans gem. § 28 Abs. 1 S. 2 Nr. 1. - 3. WEG und im Übrigen nach der hierzu ergangenen Rechtspre- chung, insbesondere der Rechtsprechung des BGH (vgl.: BGH, Urt. v. 4.9.2009 –V ZR 44/09, ZMR 2010, 300; Bärmann/ Becker, WEG, 13. Aufl. 2015, § 28 Rn. 114; Staudinger/Häublein (2018), § 28 WEG Rn. 39). a) Daher genügt der Verwalter seiner Ab- rechnungspflicht, wenn die von ihm auf- gestellte Jahresgesamt- und Einzelabrech- nung in inhaltlicher Hinsicht eine zutref- fendeAufstellung der imWirtschaftszeit- raum getätigten Einnahmen undAusgaben, deren Verteilung auf die einzelnen Son- dereigentumseinheiten nach den verein- barten bzw. beschlossenenVerteilerschlüs- seln, eine Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrückstellung nach Ist- und Sollwerten, eine Darstellung der Bankkontenentwicklung sowie eine Be- rechnung der sog. Abrechnungsspitze in Textform enthält (vgl.: BGH, Urt. v. 11.10.2013 - V ZR 271/12, NZM 79; BGH, Urt. v. 4.9.2009 – V ZR 44/09, ZMR 2010, 300; Bärmann/Becker, WEG, 13. Aufl. 2015, § 28 Rn. 108 u. 114; Jen- nißen, WEG, 5 Aufl. 2017, § 28 Rn. 75 ff.; Staudinger/Häublein (2018), § 28 WEG Rn. 39 u. 56). b) Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass weder das Gesetz noch die Recht- sprechung für das Formbild der Jahres- abrechnung (d.h. die formale Gestaltung und die Untergliederung der einzelnen Abrechnungspositionen) expliziteVorga- ben machen. Daher steht es im freien

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BEIRAT AKTUELL 48/III-18

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