GOLF TIME 4/2016

TIME OUT

W ir wissen alles, wir können alles. Dagegen steht aber die alles übergreifende Selbsterkenntnis von Sokrates: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Was also? Was erwartet der Schüler von seinem Lehrer, was erwartet der Golfer von seinem Pro? Ganz einfach: dass er seine Theorien – welche auch immer – gut vermitteln kann. Eine Fremdsprache, den Pythagoras, das Klavierspielen. Oder auch Golfen. Wichtig: Der Lehrer muss nicht unbedingt selbst eine Koryphäe sein. Der Dirigent muss nicht unbedingt Geige spielen können, um ein Orchester gut zu führen. Umgekehrt gedacht: Wenn Pros lehren, weil sie etwas selbst gut können, kann es oft, sehr oft sein, dass sie nicht erkennen, woran ihre Schüler scheitern. Zum besseren Verständnis: Wenn jemand Dinge instinktiv gut/richtig macht, dann heißt das noch lange nicht, dass er weiß, was er tut. Um aber etwas gut erklären zu können, muss der Lehrer die grundlegenden Voraussetzungen zur jeweiligen Leistung verstehen können. Auch im Golfsport. Da sind die Grundlagen: Physik, Anatomie, Physiologie und die Verknüpfung dieser Wissensgebiete. Dazu gehört auch noch das didaktische Verständnis, das den Sportwissenschaften zuzuordnen ist. Wer könnte also Golf gut lehren? Jemand, der die Physik versteht, genug vom Körper weiß und Gefühl und Erfahrung hat, die Bewegungen zu vermitteln. Ich fürchte, im Golfsport besteht ein ähnliches Problem wie im Schulunterricht: Lehren und Lernen – die große Leere. Lehrer/Pros, die sich in ihrem Bereich sehr leicht DIE GroSSE LEERE

tun und diesen daher zu ihrer Profession machen, unter- richten Schüler, die dieses Talent nicht haben. Die fatale Folge: Es werden jene gut, die es ohnehin geschafft hätten, und die „Untalentierten“ bleiben untalentiert, weil sie keine geeignete Anleitung erhalten. Das ist eine Erkenntis, die GOLF TIME-Autor und Biomechaniker Dr. Christian Haid, studierter Physiker, immer wieder macht. Er analysiert den Golfschwung nach völlig neuen Methoden. Haids kreuzschonende „Healthy Swing“-Lehre, inzwischen von Pros vielfach kopiert, will offiziell nicht Schule machen. Dabei könnte es doch sein, dass durch die Veränderung des Lehrsystems ein golferischer Quantensprung möglich wäre. Aber da müssten alt eingefahrene Methoden im deutschen Golf hinterfragt und geändert werden – und da stößt man größtenteils nur auf – die große Leere.

»Für einen gutenGolfschwung sind keine extremenVerbiegungennotwendig. Gesucht wirdEleganz undLeichtigkeit«

OSKAR BRUNNThALER ob@golftime.de

Die nächste erscheint am4. August 2016

Foto: fotolia – Andreas Haertle

114 GOLF TIME | 4-2016

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