Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2015 (Mai 2015)

Der Chemie(un)fall in der Apotheke

genzes – es handelte sich um ca. 30 mL Piperidin – einen Großeinsatz der Berufs- feuerwehr aus. 6 Einsätze dieser Art er- scheinen unverhältnismäßig, von den entstehenden Kosten und der Öffentlich- keitswirkung ganz zu schweigen. Die un- beabsichtigte Freisetzung einer so klei- nen Menge an organischer Base – die Menge ist natürlich nicht immer entschei- dend – wäre mit chemischem Sachver- stand und unter Beachtung der Stoffei- genschaften durch qualifiziertes Personal und mit den geeigneten Maßnahmen in- nerhalb weniger Minuten sicherlich pro- blemlos zu beseitigen gewesen (s. u.). Kleinere oder größere Unfälle sind in einem chemischen Labor zwar nicht unbe- dingt an der Tagesordnung, können aber jederzeit vorkommen. Oft ist es einem Routineeffekt zuzuschreiben („Haben wir immer so gemacht, ist noch nie was pas- siert...“), dass eigentlich angebrachte Si- cherheitsmaßnahmen außer Acht gelas- sen werden. Im Falle einer unbeabsich- tigten Stofffreisetzung und auch bei allen Maßnahmen zur Chemikalienentsorgung, Desaktivierung und Kleinstmengenbesei- tigung gilt es, überlegt zu handeln. Pa- nik ist in solchen Situationen ein schlech- ter Ratgeber. Im Folgenden sollen an- hand ausgewählter Stoffbeispiele auf Gefahrenpotenziale eingegangen sowie Sofortmaßnahmen zur Desaktivierung oder Beseitigung aufgezeigt werden. „Unfälle geschehen nicht, sie werden ver- ursacht“, lautet ein gängiger Slogan aus dem Arbeitsschutz. Zwar wird der Um- gang mit gefährlichen Stoffen im Labor- und insbesondere auch im Apotheken- alltag durch eine Vielzahl von Gesetzen, Vorschriften und Richtlinien genau gere- gelt, doch stehen hinsichtlich der Vermei- dung von Unfällen mit Chemikalien die Generelle Aspekte der Unfallvermeidung im Labor

Abbildung 2: Blausäure-Lösung – eine gefährliche Hinterlassenschaft aus dem Apothe- kenkeller.

-- Bleichmittel (Zähnebleichen, „blea- ching“), Desinfektion, Bleichen von Geweihen, Knochen, Schimmelbe- kämpfung In jüngster Zeit finden sich einige Bei- spiele für sogenannte „Chemieunfälle“ im Apothekenbetrieb. Vor einiger Zeit sorgte ausgelaufene Kresylsäure – es war wohl letztlich eine Art Seifenlauge – für einen Feuerwehreinsatz. 2 Die obsolete Bezeichnung Kresylsäure, eine ältere Be- zeichnung für ein Kresol (o-, m- oder p- Hydroxytoluol), lässt hier auf einen Altbe- stand schließen. Auch entsorgte ein Apo- thekenbetrieb Chemikalien über das Ab- wassersystem, 3 was mittlerweile eine Be- währungstrafe nach sich gezogen hat. 4 Seit dem Jahr 2008 bis dato sorgt auch das „Pikrinsäurefieber“ 5 öffentlichkeitswirk- sam durch Räumung von Gebäuden und kontrollierte Sprengungen für Schlagzei- len.

• Kaliumpermanganat reinst Ph. Eur. -- Monographie Ph. Eur., Reagenz Ph. Eur. -- Antiseptisch, Bekämpfung bakteri- eller Infektionen und äußerer Para- siten bei Fischen • Natriumhypochlorit-Lösung 12,5 % (Chlorbleichlauge) -- Als Bleichmittel oder zur Desinfek- tion (Stallungen, Latrinen, Kabel- schächte) -- Natriumhypochlorit-Lösung, Rea- genz der Ph. Eur. -- Verdünnte Hypochloritlösungen in der Zahnheilkunde zur Wurzelkanal- behandlung (1 % und 3 % DAC) • Ether (Diethylether) -- Lösungsmittel, Rezeptursubstanz • Oxalsäure, Ameisensäure, Milchsäure Ph. Eur. -- z. B. Bekämpfung der Varroamilbe (Varroa destructor) • Salzsäure 36 %, 10 % Ph. Eur. -- Für Ätzzwecke • Wasserstoffperoxid-Lösung 30 %, 3 % Ph. Eur.

An anderer Stelle löste eine geringe Men- ge eines zu Boden gegangenen Prüfrea-

22 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe – l de Apothek kammer Westfalen-Lippe

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