Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2015 (Mai 2015)

Dr. Helge Prinz

man zur Staubbildung neigende Substan- zen ggf. mit einer „Blumenspritze“ an- feuchten, sofern diese sich Wasser gegen- über unempfindlich verhalten. Spritzer nicht-oxidierend wirkender Flüssigkeiten nimmt man üblicherweise mit Fließpapier, Zellstoff oder Absorptionsmaterial auf. Sollten entzündbare Flüssigkeiten – wenn auch nur kleinere Mengen – ausgelaufen sein, schaltet man sofort alle in der Nähe befindlichen Zündquellen aus (Gasbren- ner, elektrische Rührwerke, Elektromo- toren etc.). Im Falle ätzender, sauer oder basisch re- agierender Flüssigkeiten deckt man die- se sofort mit einem chemisch inerten Ab- sorptionsmittel in Pulver- oder Granulat- form vollständig ab. Neutralisationsver- suche sind meist zeitraubend und vergrö- ßern das Flüssigkeitsvolumen. Kommer- ziell erhältliche Absorbentien sind leider nicht immer vorhanden. Man kann sich sehr gut mit einem preiswerten minera- lischen Klumpstreu („Katzenstreu“) auf Ton- oder Bentonitbasis behelfen. Im Not- fall tut es jedoch auch Kieselgur (Diato- meenerde, Staubbildung!). Sicherheitshinweis Für oxidierend wirkende Flüssigkeiten dürfen niemals organische Bindemit- tel wie Sägespäne, Putzlappen, Papier oder irgendein anderes organisches Material zur Aufnahme eingesetzt werden. Bei Berührung mit oxidierend wirkenden Flüssigkeiten (konz. Salpe- tersäure, Schwefelsäure, Perchlorsäure etc.) besteht Feuergefahr! Entsorgungshinweis Mit Chemikalien kontaminiertes Auf- saugmaterial ist ggf. immer noch gefährlich und gilt als Sondermüll! Rückstände von Gefahrstoffen dürfen nie mit dem normalen Müll entsorgt werden.

Auch im Apothekenlabor ist die konse- quente Nutzung von persönlicher Schutz- ausrüstung (PSA) im Umgang mit Gefahr- stoffen sowie die Nutzung von Sicher- heitseinrichtungen obligatorisch (geeig- nete Handschuhe, Schutzbrille, Laborkit- tel, Laborabzug). In einer Apotheke dienen üblicherweise der Arbeitsraum (Rezeptur, Laboratori- um) oder ein Lagerraum mit zusätzlichen Schutzmaßnahmen oder ein Sicherheits- schrank als Aufbewahrungsort für Ge- fahrstoffe in Kleinmengen. Sauberes Ar- beiten und die Verwendung sowie Bevor- ratung nur geringer Mengen an Chemika- lien und Reagenzien tragen ebenfalls we- sentlich zur Minimierung eines Unfallrisi- kos bei. Verschüttete oder ausgelaufene Chemi- kalien – Sofortmaßnahmen bei unbeab- sichtigter Freisetzung Das Szenario ist bekannt. Ein Glasgebin- de mit einer ätzenden Flüssigkeit oder einer Festsubstanz geht zu Boden oder zerbricht beim Anschlagen an die Tisch- kante. In einem anderen Fall zersplittert ein durch Alterung spröde gewordenes Kunststoffbehältnis schon beim Anfassen wie dünnes Glas. Im Falle einer solchen unbeabsichtigten Stofffreisetzung ist das primäre Ziel im- mer die rasche Stoffbeseitigung. Alle in Frage kommenden Maßnahmen müssen immer stoffspezifisch (Eigenschaften?/ Menge?) getroffen werden. Im Falle von Kleinstmengen harmloser Leichtmetall- salze (Natriumchlorid, Kaliumsulfat, Cal- ciumchlorid, Magnesiumsulfat etc.) kann das Wegspülen mit Wasser in den Ausguss nach Aufnehmen ggf. eine Lösung sein. Bei mechanischer Aufnahme von Fest- stoffen (Zusammenfegen) sollte man ei- ne Staubbildung vermeiden. Um das Ein- atmen von Stäuben zu vermeiden, kann

solide fachliche Qualifikation sowie ins- besondere die Erfahrung der handelnden Personen an erster Stelle. Nur dadurch lassen sich Gefahrstoffe erkennen und insbesondere auch ein mögliches Gefah- renpotenzial abschätzen.

Ein Beispiel zum „Erkennen eines Gefah- renpotenzials“ aus der Praxis

Kaliumaluminiumsulfat (Alaun, Kali- alaun), das kristallisierte wasserhaltige schwefelsaure Doppelsalz von Kalium und Aluminium (KAl(SO 4 ) 2 • 12 H 2 O), wird öfter als Feuchthaltemittel für Knetmas- se (20-40 g/kg) oder zum Züchten von Kri- stallen in Apotheken nachgefragt. Zwar ist die Substanz gemäß Sicherheitsdaten- blatt nicht als gefährlich eingestuft, 7 Si- gnalwort und Piktogramme entfallen. Allerdings reagiert das Hexaaquaalumi- niumion [Al(H 2 O) 6 ] 3+ als Kationsäure in wässriger Lösung sauer (pKs = 4.97). 8 Die Acidität des Al(III) ist somit der Essigsäu- re (Gefahrenpiktogramm „ätzend“, Si- gnalwort Gefahr) vergleichbar. Tatsäch- lich liegt der pH-Wert (100 g/L, 20 °C) der Lösung bei 3-3,5. 7 Nach Verschlucken von Knetmasse könnten bei Kindern minde- stens Schleimhautreizungen auftreten, die Substanz ist also nicht ganz so harm- los, wie es scheint. Besonders wichtig beim Umgang mit Ge- fahrstoffen ist die Kenntnis der einschlä- gigen Informationsquellen („Möglicher- weise hätte man ja drauf kommen kön- nen...“). Herstellerkennzeichnungen auf Originalgebinden, primär Gefahrenpikto- gramme sowie Gefährdungs- und Sicher- heitshinweise (H- und P-Sätze) sowie Si- cherheitsdatenblätter, technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) oder auch vali- de Daten aus Stoffdatenbanken (GESTIS- Stoffdatenbank, Gefahrstoffinformati- onssystem (GisChem)) liefern wertvolle Informationen.

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