Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 1/2015 (Mai 2015)

Der Chemie(un)fall in der Apotheke

einige Alkali- und Erdalkalimetallsalze wie beispielsweise Calciumchlorid, Kali- umchlorid oder Natriumchlorid. In Laboren – man erinnere sich an die stu- dentischen Praktika – kommt es mitunter vor, dass Reagenzglasinhalte oder Ana- lysensubstanzen gedankenlos über den Ausguss entsorgt werden. Keinesfalls dür- fen CMR-Stoffe (carzinogen, mutagen, re- protoxisch), wasserunlösliche brennbare Stoffe, Schwermetallverbindungen oder Substanzen mit Toxizität gegenüber Fi- Sicherheitshinweis Sämtliche Arbeiten zur Kleinstmen- geninaktivierung von Chemikali- en dürfen immer nur von chemisch versierten, erfahrenen Mitarbeitern unter Verwendung der PSA durch- geführt werden. Alle Arbeiten führt man grundsätzlich in einer funktionie- renden, gut ziehenden Abzugseinrich- tung durch. Hier kommt wieder der chemische Sach- verstand ins Spiel. So ist Bariumsulfat in Wasser praktisch nicht löslich und nicht toxisch, es findet als Röntgenkontrast- mittel zur Darstellung des Gastrointesti- nal-Traktes Anwendung. Die Entsorgung größerer Mengen einer derartigen Sub- stanz (auch CaSO 4 etc.) über das Abwasser wäre also eher sinnfrei und führt durch den Suspensionscharakter maximal zur Verstopfung des Abflusses. Bariumchlorid dagegen ist sehr gut wasserlöslich, sehr toxisch und darf somit keinesfalls, auch nicht in Kleinstmengen, über das Abwas- ser entsorgt werden. schen und Wasserorganismen in die Ka- nalisation gelangen.

Abbildung 3: Für alle Fälle – ein „Labor-Notfall-Set“.

Dem „Notfallset“ sollte möglichst auch eine partikelfiltrierende Halbmaske (Fein- staubmaske FFP 2) beigefügt werden. Be- stimmte Chemikalien, wie z. B. verschüt- tetes elementares Brom (Brom, Reagenz Ph. Eur.) erfordern ein gesondertes Vor- gehen, s. u. Mitunter lassen sich Kleinstmengen be- stimmter Chemikalien auch gezielt des- aktivieren, mit dem Ziel der Überfüh- rung dieser Substanzen in harmlose Fol- geprodukte. Besondere Bedeutung ge- winnt diese Vorgehensweise bei der Che- mikalienbeseitigung im Gefahrenfall, et- wa nach Auslaufen oder Verschütten. Sämtliche angegebenen Methoden zur gezielten Desaktivierung beziehen sich grundsätzlich auf die Behandlung kleiner Restmengen. Rest- oder Altbestände an Chemikalien und Lösungsmitteln werden üblicherwei- se nicht über das Abwasser entsorgt. Be- stimmte Chemikalien gelten im Allgemei- nen jedoch als nicht wassergefährdend und könnten in Klein(st)mengen dem Ab- wasser beigegeben werden. Dazu zählen

Bei Freisetzung kleinerer Mengen eines basischen organischen Amins wie dem be- reits erwähnten Piperidin, kann man zur Vermeidung einer Geruchsbelästigung zunächst vorsichtig mit verdünnter Salz- oder Schwefelsäure neutralisieren. Den pH-Wert kontrolliert man mit Universalin- dikatorstäbchen oder pH-Papier. 9 Die Bereithaltung eines „Notfallsets“ (Abb. 3) für kleinere Chemieunfälle im La- borbetrieb kann hilfreich sein. Die Utensi- lien sollten sich zweckmäßig im Arbeits- raum befinden und damit greifbar sein. Zur vollständigen Durchmischung bzw. Absorption einer ausgetretenen Flüssig- keit wird nach Aufstreuen eines geeig- neten Granulates mit Hilfe eines Kunst- stofflöffels oder -spatels gut durchmischt. Das mit der Chemikalie beladene Absorp- tionsmittel überführt man am besten in ein Weithalsschraubgefäß aus Polyethy- len (Abb. 3) oder in einen Kunststoffbeu- tel. Bis zur endgültigen Entsorgung kann man den Beutel meist unter einem gut wirksamen Abzug und zusätzlich in ei- ner Auffangwanne aus Kunststoff, z. B. einer Fotoschale, aufbewahren (Abb. 3).

An dieser Stelle sei auf die Wassergefähr- dungsklassen (WGK) hingewiesen:

1: schwach wassergefährdend

24 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe – l de Apothek kammer Westfalen-Lippe

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