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KRANKENPFLEGE ZWI SCHEN MUT TERHAUS UND HOSP I TAL ( 1 87 1 –1 9 1 8 )

Das Krankenversicherungsgesetz stellte die Kran- kenpflege auf eine neue Basis. Endlich konnten sich viele Menschen eine angemessene ärztliche Behandlung und einen Krankenhausaufenthalt leisten, Ärzte und Krankenhäuser erhielten feste Vergütungen. Dies machte sich im St. Vinzenz- Hospital mit kräftigem Andrang bemerkbar: Die Zahl der jährlich stationär versorgten Patienten verdoppelte sich von 175 im Jahr 1875 auf rund 360 im Jahr 1885, zu Beginn der 1890er Jahre sollten es bereits rund 600 sein. Dafür standen nun rund 140 Betten zur Verfügung. Umdie Patienten unter- bringen zu können, erweiterten die Schwestern das Zentralhaus 1885 um einen Anbau im Süden, den sogenannten Herrenflügel. 1889/1890 folgte ein Anbau im Norden, der offenbar vor allem für Privatpatienten genutzt wurde, gleichzeitig erhielt der gesamte Bau eine Zentralheizung. Um diese Zeit zählte Nippes bereits rund 16.500 Einwohner und gehörte seit zwei Jahren zur Stadt Köln. Die Straße vor dem Krankenhaus wurde 1891 in Mer- heimer Straße umbenannt, zuvor war die Adresse provisorisch: Hospital der Schwestern vom heil. Vinzenz v. Paul in Nippes, Hospitalstraße 1. NEUER R AHMEN : D I E CAR I TAT I VE VERE I N I GUNG Wie die Vinzentinerinnen das Geld für die Bauten aufbrachten, ist schwer zu ermitteln. Viele Schwes- tern hafteten mit ihrem Privatvermögen, manche vererbten demOrden Geld oder stifteten im Kran- kenhaus ein sogenanntes Freibett. Überliefert sind einige Auseinandersetzungen oder Unklarheiten zwischen den Familienangehörigen der Schwes- tern und dem Orden. So hatte zum Beispiel eine Ende 1884 verstorbene Schwester dem Orden ihr gesamtes Vermögen vermacht, einschließlich der Stiftung eines Freibetts in Höhe von 6.000 Mark. Zwei Jahre später meldete sich dann ein Schwager, weil die Verstorbene angeblich seine Tochter als Universalerbin eingesetzt habe. Später stellte sich aber heraus, dass die Schwester „alle Zuwendun- gen zu dieser Familie eingestellt“ hatte, als sie er- fahren hatte, dass ihr Schwager Protestant war. Neben dem Ausbau und Betrieb des Hospitals mussten auch dasMutter-/Zentralhaus und die An- liegen des Ordens finanziert werden. Am 15. Au- gust 1896 begannen an der Südseite des Mutter- hauses die Arbeiten für den Anbau einer großen Kapelle für Schwestern, Patienten und Mitarbei-

ter. Dafür nahm der Orden bei der Landesbank ein Darlehen in Höhe von 100.000 Mark auf, der eigene Grund und Boden diente als Sicherheit. Da weder die Schwestern noch der Orden persönlich haften konnten, benötigten die Vinzentinerinnen eine grundbuchfähige Rechtsperson, die Finanz- geschäfte abwickeln und als Träger des Hospitals auftreten und handeln konnte. Das war die Geburtsstunde der Caritativen Verei- nigung GmbH, Köln-Nippes, die am 9. Januar 1897 notariell gegründet wurde. Gesellschafterinnen waren die Schwestern Franziska (bürgerlich Fran- ziska Riehen), Bernardine (Gertrudis Martini), Mechthildis (Ludovika Kratz), Basilia (Mathilde Stuhrmann), Augusta (Anna Maria Zander) sowie Vincentia (Auguste Melcher). Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 20.000 Mark, Schwester Mechthildis war zur Geschäftsführerin bestellt (Schwester Mechthildis, Ludovika Kratz, wurde 1905 auch Oberin). Die Gesellschaft sollte sich um die „Aufnahme und Pflege armer Kranken, ob- dachloser und verwahrloster Kinder und über- haupt Förderung aller Wohltätigkeitsbestrebun- gen“ kümmern und erinnerte damit an die ur- sprünglichen Aufgaben der Vinzentinerinnen. Im März 1900 erhielt die Vereinigung vom Finanz­ ministerium die Anerkennung als „Milde Stif- tung“, wodurch sie von Gerichtskosten, Stempel- steuern und Erbschaftssteuer befreit war. Als die Krankenhauskapelle im neugotischen Stil 1898 geweiht wurde, wurden wieder Räume für Kranke frei. Die Schwestern betrieben weiter den Ausbau und die Modernisierung ihres Hospitals, denn die Ansprüche an Krankenpflege und Kran- kenhausbetrieb stiegen.

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