St. Vinzenz-Hospital.indd

DAS „MODERNSTE KRANKENHAUS DES RHE I NL ANDS“ I N UNRUH I GEN ZE I TEN ( 1 9 1 9–1 949 )

Haus wegen der „ungünstigen finanziellen Lage“ bei der Stadtverwaltung um Erlass der Straßen­ reinigungsgebühren. Als die Vinzentinerinnen im Mai 1921 das 50-jährige Jubiläum ihres Mutter- hauses feierten, hatte sich die Geldnot weiter ver- schärft. Im Jahr 1923 beschleunigte sich die Inflation rapi- de. Am 16. Januar bat das Krankenhaus Oberbür- germeister Konrad Adenauer dringend um finan- zielle Unterstützung: Ohne die gewünschten zwei Millionen Mark müsse das Hospital geschlossen werden. Denn während die Krankenkassen pro Patient und Tag 350 Mark bezahlten, seien die tat- sächlichen Kosten bei 1.500 Mark anzusetzen. Ob die Stadt das Geld zahlte, ist nicht überliefert, der Betrag wäre aber bei dem rapiden Verfall der Währung ohnehin nur ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen. Ende Juli 1923 zogen die Schwes- tern in Nippes von Haus zu Haus, um für ihr Hos- pital zu sammeln. Sie baten vermutlich nicht um Geld, sondern umWertbeständiges oder gar Natu- ralien, denn Geld war kaum noch etwas wert: Ein Pfund Mehl zum Beispiel kostete Ende September 1923 in Nippes acht Millionen Mark. Ende November 1923 stoppte die Einführung der Rentenmark die Inflation schlagartig, es folgte Ende August 1924 die Einführung der Reichsmark. Allmählich erholte sich die Wirtschaft und es ging

wieder aufwärts. Jetzt konnte auch die Caritative Vereinigungwieder selbst gestalten und nahm1925 gleich zwei Projekte in Angriff: die Einrichtung ei- ner modernen Krankenpflegeschule und den Bau eines komplett neuen Krankenhauses. FÜR DEN NACHWUCHS : D I E NEUE KR ANKENPFLEGESCHULE Lange bildeten die Schwestern ihren Nachwuchs selbst aus, so wie bereits die Schwestern in den 1860er Jahren in ihrem Seminar in der Eintracht­ straße. Worauf es bei der Pflege von Kranken an- kam, vermittelten erfahrene Schwestern vor allem in der Praxis. Medizinische Theorie spielte nur eine untergeordnete Rolle und wurde von den Ärzten übernommen. Eine geregelte, allgemein- gültige Ausbildung existierte nicht. Der Bundesrat des Deutschen Reichs beschloss erst 1906 Vor- schriften über die staatliche Prüfung von Kranken- pflegepersonen, 1907 wurde in Preußen eine (zu- nächst) einjährige Ausbildung mit abschließen- dem Examen zur Pflicht. In Köln entstand darauf- hin 1908 im Vinzenzhaus in der Eintrachtstraße eine Pflegeschule unter Leitung von Dr. Drees­ mann. Hier erhielten die angehenden Kranken- schwestern Unterricht in der Theorie, die prak­ tischeAusbildung erfolgte imSt. Vinzenz-Hospital in Nippes. Die Schülerinnen waren allesamt Novi- zinnen des Ordens.

NOTGELD Auf dem Höhepunkt der Inflation 1923 fiel die Währung ins Bodenlose, die Stadt ließ Gutscheine als Notgeld drucken.

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