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In den 1960er-Jahren fasste man den aus heutiger Sicht irrwitzigen Plan, die gesamte, fast zwei Quadratkilometer grosse Ebene für den Bau von Feriendomizilen freizuge- ben. Eine Fotografie im Gemeindehaus von Sils zeigt dieTalebene bei Sils zwischen Sil- vaplaner- (unten) und Silsersee. Bild: P. Knüsel

Nutzungskonzentration macht Rückzonungen verträglicher

Tourismusregionen stecken im Clinch zwischen intaktem Landschaftsbild und Siedlungswachstum. Die Oberengadiner Gemeinde Sils (GR) hat als eine der ersten Gemeinden radikal ausgezont und trotzdemWachstum ermöglicht.

Schwitzt das Unterland bei brütender Hitze, lädt das Engadin zur angenehmen Sommerfrische. Sobald die grossen Schulferien beginnen, reisen deshalb Gäste aus allerWelt gerne ins idyllische Bündner Hochland. «Die intakte Land- schaft ist unser wertvollstes Gut als Fe- rienort», bestätigt Christian Meuli, Ge- meindepräsident von Sils. Allerdings weiss er auch, dass diese Haltung nicht immer selbstverständlich war.Wenig hat gefehlt, und eine massive Zersiedlung hätte die Blumenwiesen, das Kulturland und den freien Blick auf Seen und Berge auf diesem Talboden 1803 Meter über

Meer verdrängt. Die Ebene zwischen Sil- ser- und Silvaplanersee prägt die wech- selvolle Geschichte der Raumplanung und des Landschaftsschutzes in der Schweiz seit langer Zeit. Die erste Schoggitaleraktion Es begann in den Nachkriegsjahren, als der Staat die räumliche Entwicklung noch nicht regulierte. Um den Silsersee vor derWasserkraftnutzung zu schützen, wurden der Heimatschutz und andere nationale Naturschutzorganisationen aktiv: 1946 lancierten sie die erste lan- desweite Schoggitaleraktion, mit deren

Erlös die Gemeinde Sils entschädigt werden konnte. Für das Hinterland ver- sprach sich die Lokalbehörde jedoch eine wirtschaftlich lukrativere Zukunft. In den 1960er-Jahren fasst man den aus heutiger Sicht irrwitzigen Plan, die ge- samte, fast zwei Quadratkilometer grosse Ebene für den Bau von Feriendo- mizilen freizugeben. Gemäss Ortspla- nung von 1962 rechnete die Gemeinde mit der Ansiedlung von 15000 Personen rund um die historischen Weiler Maria und Baselgia. Heute aber hat die kleine Gemeinde im Engadin so viele Flächen ausgezont wie kaum ein anderer Ort in

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SCHWEIZER GEMEINDE 11 l 2019

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