Blickpunkt Schule 5/2023

Erwartungen an die Lehrerschaft zum aktuellen Israel-Hamas-Krieg im Unterricht N ichts ist mehr auf den Straßen Deutschlands so wie es war, egal ob mit Demonstrationen von HEINZ SEIDEL Seniorenbeauftragter des Hessischen Philologenverbandes

Klartext

treibung aus deren Dörfern nicht halt machen. 2 Hier sind die Justiz und die Strafverfolgung in Israel gefragt und gefordert und leider vielfach säumig. Um es mit den Worten von Joe Biden zu sagen: »Das muss aufhören. So fort!« Auch das muss erwähnt und ge sagt werden dürfen, was aber nichts mit Antisemitismus zu tun hat! Und was soll die Lösung und die po sitive Perspektive sein? Ohne die An erkennung des Existenzrechts Israels durch die Hamas (und anderer wie Hisbollah und Iran) wird es keinen Frieden geben. Ohne ein Ende der Siedlungspolitik im Westjordanland, ohne die Übergriffe jüdischer Siedler dort und ohne eine Zweistaatlichkeit von Israel und Palästina auch nicht. All das soll ein Lehrerkollegium in diesen unruhigen Zeiten leisten, wo Kinder und Jugendliche aus Eltern häusern kommen, die mit und ohne (arabischstämmigem) Migrations hintergrund zu Hause teilweise Anti semitismus oder sogar Judenhass aufsaugen. Kaum zu leisten! Schwie rig auch, selbst eine verantwortliche Position in diesem Labyrinth von ge schichtlichen Fakten und Fake News zu finden. Vielleicht wäre für die Schülerschaft in Frankfurt und nähe rer Umgebung eine Exkursion in das Jüdische Museum in Frankfurt sinn voll, auch um dort zu erfahren, dass ohne die Leistungen jüdischer Vor fahren seit Jahrhunderten ein heuti ges modernes und liberales Frankfurt kaum denkbar wäre. Wir haben den Juden viel zu verdanken! 1 Ich beziehe mich hier auf mehrere Artikel in der FAZ bzw. F.A.S; FAZ vom 23. Oktober 2023: Joachim Krause: Woran eine Friedenslösung scheitert; F.A.S. vom 5. November 2023, S. 2: Rainer Hermann: Eine kurze Geschichte des Nahostkonflikts 2 FAZ vom 8. November 2023, S. 3: Christian Meier u.a.: Vertrieben aus dem gottgegebenen Land

oder ohne: Der Antisemitismus steigt, teils aus geschichtlicher Unkenntnis, teils aus überbordender emotionaler Betroffenheit, teils aus blankem Hass; Davidsterne, das Symbol des Juden tums, werden wieder an jüdische Häu ser gemalt. Da kommen böse Erinne rungen bei uns Deutschen wie auch bei Juden hoch. Und in dieser aufge ladenen Situation sollen Lehrerinnen und Lehrer – auf Anweisung bzw. auf Bitte des Hessischen Kultusministe riums – mit den Schülerinnen und Schülern darüber reden, auch darü ber, was in Israel und in Gaza derzeit passiert und warum. Das stellt die hessische Lehrer schaft, so berechtigt die Erwartun gen auch sein mögen, inhaltlich und emotional in einer aufgeladenen Grundstimmung vor große Heraus forderungen, womöglich auch ange sichts anderer derzeit gestiegener Arbeitsbelastungen vor zu große He rausforderungen. Was wäre hier alles allein inhaltlich zu leisten? Da ist zum Beispiel die Einwanderungswelle von Juden seit etwa 1900 aufgrund der Pogrome bzw. Judenverfolgun gen in Russland und in Deutschland bis in die 1940er-Jahre zu erwähnen. Immer stand für die Juden der Wunsch im Mittelpunkt, ein Land und einen Staat zu haben, in dem man nicht mehr verfolgt werden könne. Großbritannien war hier lange die Schutzmacht der Juden. In den 1930er- und 1940er-Jahren hat der für die Palästinenser verantwortliche und regierende Großmufti von Jeru salem, Mohammed Amin al-Husseini, mit den Nazis paktiert, deren Ras sen- und Vernichtungsideologie ge genüber den Juden vollständig über nommen und sich selbst mit erhebli chen finanziellen Mitteln – auch pri vat! – von Hitler unterstützen lassen, den er mit Himmler persönlich mehr

fach traf und sich dabei fotografieren ließ. Die von der UNO vorgeschlage ne Teilung und die damals 1948 schon vorgeschlagene Zweistaatlich keit hat er abgelehnt. Stattdessen hat er nach dem Abzug der Briten mit anderen arabischen Staaten Israel überfallen. Seine Vernichtungs- fantasien und -pläne haben die PLO mit Arafat und die heutige Hamas vollständig übernommen; die PLO aber hat dann ein Friedensabkom men mit Israel geschlossen und wur de von der Hamas deshalb auch aus dem Gazastreifen verdrängt. 1 Die von der Hamas, der Hisbollah und dem Iran geforderte Vernichtung von Isra el und der Juden ist das größte Pro blem, auch in dem derzeitigen Krieg einen Frieden zu schließen – mit ei ner Hamas, die Israel das Existenz recht abspricht und die seit 2007 nie mehr freie Wahlen hatte. Es ist die selbe Hamas, die mit einem Gemet zel und Pogrom ohnegleichen an der Zivilbevölkerung in Israel diesen Krieg am 7. Oktober begonnen hat und seit vielen Jahren mit Raketen und Selbstmordattentätern Israel und deren Bevölkerung angreift. Kritiklos stehen weder Teile der is raelischen noch der deutschen oder internationalen Bevölkerung der seit vielen Jahren und in den letzten Jah ren verstärkten Siedlungspolitik Israels im Westjordanland gegenüber. Es gibt Übergriffe radikaler jüdischer Siedler dort, die vor Mord, Landraub und Ver

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