CF_03_2020

FUNDAMENT

Fotos: Wolfgang Allhorn

Im April leuchtete der Raps sonnengelb.

DASVIRUS ÄNDERTE DEN TAGESRHYTHMUS

Frühsommerfelder in der Voreifel.

Ich mache mir ein Programm für den Homeoffice-Tag und merke, wie wichtig das ist. Ich bin nochmals zu- frieden, weil ich das, was ich bearbeite, ohne große Probleme zu Hause leisten kann. Am Schreibtisch sit- zen kann es allein aber nicht sein. Ich teile mir meine Arbeitsstunden so ein, dass ich nachmittags das Haus verlassen kann.Wie noch nie habe ich den Wunsch zu gehen. Es ist kein Spazierengehen, was für mich eher die ‚Runde um den Block‘ bedeutet. Nein, es sollen schon etwa zehn Kilometer sein. Ich möchte dabei auch ein bestimmtes Tempo einhalten. Eine App auf meinem Smartphone ist dabei hilfreich. Eine angenehme Com- puterstimme sagt mir, wie schnell ich einen Kilometer zurückgelegt habe. Ich habe ein bestimmtes Durch- schnittstempo erreicht und ich fühle mich wohl damit. Es ist weder zu langsam noch zu schnell. Ich kann mein Gehen genießen. Ich entdecke sogar neue Wege, die ich von zu Hause aus gehen kann. Der ganze Monat April ist sonnig. Gott sei Dank, es ist so schön draußen. Ich meine, das Himmelsblau ist be- sonders kräftig ausgeprägt. Und ich denke, was wäre gewesen, wenn uns die Pandemie bei Regenwetter oder im Winter angetroffen hätte. Wie sonst nie sehe ich, wie Büsche und Bäume aufblühen, sich merklich mehr und mehr belauben. Ich empfinde den intensiv-

süßlichen Duft der überall angelegten Rapsfelder. Manchmal habe ich auch zu viel von diesem Geruch in der Nase. Ich lese nach und erfahre, wie sehr auch Raps den Bienen als Nektarquelle dient. Ich schaue aus höheren Lagen auf die leuchtend gelben Felder vor oder unter mir.Wie übergroße Badelaken liegen sie zwischen Wiesen und Anbauflächen für Getreide. Und überhaupt die Farben: Ich nehme die vielen Nuancen von Gelb, von Grün oder Violett wahr. Ackerböden, auf denen noch keine Feldfrüchte wachsen, sind ganz un- terschiedlich braun. Das bewusste Gehen in der Natur lehrt mich wieder, mehr im Hier und Jetzt zu sein. Der Philosoph Sören Kierkegaard hatte die Worte Jesu (vgl. Mt 6,25-32) im Sinn, der menschlicher Zukunftssorge die Bilder aus der Natur gegenüberstellt. Sie lassen erkennen, auf was es wirklich ankommt, nämlich den Augenblick zu leben und sich in Gottes Gegenwart mit dieser Zeit be- schenken zu lassen: „Lerne von der Lilie und lerne vom Vogel, deinen Lehrern: zu sein heißt: Für heute da sein - das ist Freude. Lilie und Vogel sind unsere Lehrer der Freude.“ (W.A.) DIE NATUR REGT ZUM NACHDENKEN AN

CellitinnenForum 03 | 2020 41

Made with FlippingBook HTML5