CF_03_2020

KOMPETENZ

Foto: Melanie Zanin

Prof. Dr. Welz-Barth im Interview.

Z wei Drittel der Studierenden im Fachbereich Medizin sind weiblich. In den Spit- zenpositionen dominieren aber (immer noch) Männer. So sind nur rund 26 Prozent der Leitungs- funktionen in deutschen Kran- kenhäusern von Frauen besetzt. Und der Anteil der Chefärztinnen beläuft sich Schätzungen zufolge auf lediglich acht bis zehn Pro- zent. Woran liegt das, welche Vo- raussetzungen brauchen wir für ein ausgewogenes Geschlechter- verhältnis in der Medizin? Dazu sprachen wir mit Prof. Dr. Annet- te Welz-Barth (59) und Priv.-Doz. Dr. Verena Kirn (38). Seit 2010 ist Prof. Dr. Annette Welz-Barth Ärzt- liche Direktorin im Klinikverbund St. Antonius und St. Josef. Sie ist Chefärztin der Klinik für Geriatri- sche  Rehabilitation und der Akut- geriatrie am  Petrus-Krankenhaus

Was machen Frauen ‚falsch‘? Welz-Barth: Ich finde über- haupt nicht, dass Frauen etwas falsch machen. Die Frauen, die wir hier im Klinikverbund St. An- tonius und St. Josef haben, sind oft selbstbewusster als manche Männer. Frauen müssen auch nichts anders machen als Män- ner. Sie müssen einfach aktiv sein und die Möglichkeiten aus- findig machen, die zu ihrem Le- ben passen. Kirn: Was machen Frauen an- ders, ist vielleicht die bessere Formulierung. Da kommt sicher wieder das ‚Etappendenken‘ ins Spiel. Die meisten Frauen sind sehr gut organisiert und haben eine klare Vorstellung davon, wie sie sich ihr Berufs- leben vorstellen und wie sie ihre Tätigkeit mit dem Famili- enleben kombinieren möchten.

sowie der Geriatrie am Kranken- haus St. Josef. Sie hat eine Toch- ter von 26 Jahren. Priv.-Doz. Dr. Verena Kirn ist Senologin und seit 2018 Leiterin des Brustzentrums am Heilig Geist-Krankenhaus. Sie hat zwei Kinder im Alter von drei und fünf Jahren. Welz-Barth: Das kann ich nicht bestätigen. Frauen sind gut vernetzt. Die wissen zum Beispiel sehr genau, welche Kliniken welche Arbeitszeitmo- delle anbieten. Kirn: Ich denke ebenfalls, dass Frauen auch sehr gut vernetzt sind, allerdings nutzen sie ihre Netzwerke weniger strategisch, sondern eher für den kollegialen Austausch, anstatt dadurch ihre Karriere voranzubringen. Haben Männer bessere Netz- werke als Frauen?

CellitinnenForum 03 | 2020 47

Made with FlippingBook HTML5