9_2018

PARTIZIPATION IN DER RAUMPLANUNG

eine qualitativ hochwertige Innenent- wicklung. Diese kann nicht nur dazu bei- tragen, zusätzlichen Wohn- und Gewer- beraum bereitzustellen, sondern auch dazu, die Aussenraumqualität und die Durchwegung im Quartier zu verbes- sern. Im Gebiet befinden sich unter- schiedliche Grundeigentümerschaften mit verschiedenen Interessen – eine he- rausfordernde Aufgabe. Im Gespräch mit Ruedi Burkard wird jedoch schnell klar, dass man in Horw diese komplexe Arbeit nicht scheut: «In diesem für die Gemeinde wichtigen Gebiet lohnt es sich, direkt mit den betroffenen Grund- eigentümerschaften Kontakt aufzuneh- men und in einem gemeinsamen Pro- zess eine raumplanerisch sinnvolle und für alle vorteilhafte Lösung zu suchen», meint Ruedi Burkard und fügt an, dass sie schon bei anderen Ortsteilen gute Erfahrungen mit dieser Herangehens- weise gemacht haben. In der Folge hat die Gemeinde Horw EBP kontaktiert, um einen geeigneten Pro- zess für die kooperative Entwicklung des Gebiets Bachstrasse undAllmendstrasse zu definieren. Auf Basis von Erfahrungen in anderen Gebietsentwicklungen und abgestützt auf die Studie zu möglichen Organisationsmodellen der Innenent- wicklung wurde entschieden, dass mit einem von den Grundeigentümerschaf- ten und der Gemeinde gemeinsam ge- tragenen Entwicklungsprozess ein Kon- zept für das Gebiet erarbeitet werden kann. In einem ersten Schritt soll die parallele Bearbeitung durch mehrere Teams in einem sogenannten Varianz- verfahren ermöglichen, unterschiedliche Ansätze und bauliche Möglichkeiten zu vergleichen und einzelne Bausteine zu kombinieren. Anhand von konkreten städtebaulichen Entwürfen kann über geeignete Dichten,Typologien und Frei- räume diskutiert werden. Fünf Faktoren wirken für einen erfolgrei- chen Start in komplexen Grundeigen- tumsstrukturen unterstützend: 1. Verhandlungs- und Moderationsge- schick helfen dabei, die unterschiedli- chen Interessen der Grundeigentü- merschaften und der Gemeinde angemessen in den Prozess einzube- ziehen. 2.Ein «Kümmerer», der sich des Gebie- tes und des Prozesses annimmt, kann anfängliche – insbesondere auch fi- nanzielle – Hürden überwinden. Der Kümmerer erbringtVorleistungen, die eine Entwicklung in Gang bringen. 3. Flexibilität in Bezug auf die Beteiligten kann Prozesse deblockieren bzw. an- stossen. Ein Prozess kann in einem ersten Schritt auch mit einem «Perime- ter der Willigen» starten.

eingebunden. Aktuell wird eineTestpla- nung vorbereitet, die unterschiedliche städtebauliche Lösungen für die Ent- wicklung des Quartiers aufzeigen soll. Ruedi Burkard erhofft sich, dass dieTest- planung geeignete Lösungen aufzeigt, um eine qualitativ hochwertige Entwick- lung des Gebietes zu ermöglichen. Mit diesem Vorgehen können aus seiner Sicht die einzelnen Quartiere nachhaltig und mit hoher Qualität entwickelt wer- den. Die Erfahrungen, die Horw mit der Entwicklung im Gebiet Bach-/Allmend- strasse gesammelt hat, sollen auch künf- tigen Planungen zugute kommen. Dabei ist es aus Sicht von Ruedi Burkard wich- tig, dass sich die Gemeinde laufend den gesellschaftlichen und gesetzlichen Ver- änderungen anpasst, um auch künftig mehrheitsfähige und zukunftstaugliche Lösungen zu finden.

4.EineVereinbarung schafft Verbindlich- keit für alle Beteiligten, damit diese jederzeit wissen, welche Rechte und Pflichten sie haben. 5.Transparenz ist insbesondere bezüg- lich der Involvierung der Grundeigen- tümer notwendig. Eine Information und die Gleichbehandlung aller Grundeigentümer zu Beginn und ein stufengerechter Einbezug im späteren Planungsverfahren sind entscheidend. Die Rollen der sich engagierenden Grundeigentümerschaften, beispiels- weise während desVarianzverfahrens oder der späteren Schaffung des Pla- nungsrechtes, sind festzuhalten und zu kommunizieren. Die Gemeinde Horw hat zu Beginn des Planungsprozesses alle Grundeigentü- mer im Planungsgebiet kontaktiert und über mehrere Monate Gespräche mit interessierten Grundeigentümern ge- führt. Dabei ist die Gemeinde als «Küm- merer» über den gesamten Prozess in die Vorleistung gegangen und hat die erste Phase der Interessensfindung fi- nanziert. DieseVorleistung hat massgeb- lich dazu beigetragen, dass im Gebiet zwei grössere Grundeigentümerschaf- ten für die Beteiligung am Planungspro- zess gewonnen werden konnten. In einer Planungsvereinbarung haben Gemeinde und Grundeigentümer festgehalten, wer im weiteren Prozess welche Leistungen erbringt und was im Gegenzug erwartet werden darf. Die weiteren Grundeigen- tümer werden transparent und stufen- gerecht informiert und in den Prozess

Kaspar Fischer, Projektleiter Stadt- und Regionalplanung, EBP Schweiz AG

Kaspar Fischer (links) und Horws Gemein- depräsident Ruedi Burkard. Bilder: zvg.

«Organisationsmodelle der Innenentwicklung» Wie organisieren wir die Erneuerung und Verdichtung bestehender und ge- wachsener Quartiere und Areale?Wel- chen Anforderungen müssen Organi- sationsmodelle der Innenentwicklung gerecht werden? Um sich dieser Her- ausforderungen stärker bewusst zu werden und mögliche Lösungsansätze aufzuzeigen, hat EBP im Auftrag der Kantone Luzern, Zürich und Basel-Stadt, der Immobilienentwickler Bricks

vorgestellt und anhand von Beispielen aus der Schweiz veranschaulicht sowie die wichtigsten Erfolgsfaktoren zur An- wendung dieser Modelle thematisiert.

Development, Burckhardt+Partner und Steiner AG, der Stadt Thun sowie des Basler-Fonds eine entsprechende Stu- die erarbeitet. In der Septemberaus- gabe 2016 von RAUM & UMWELT des Schweizer Vereins für Raumplanung (früher VLP, heute Espace Suisse) sind die Ergebnisse erläutert: Aufbauend auf den heutigen Herausforderungen werden fünf Organisationsmodelle

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SCHWEIZER GEMEINDE 9 l 2018

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