Cellitinnen 2_2018

Lehren | Lernen

Chancen der Mäeutik In spürbarer Resonanz: erlebensorientiert pflegen

eine auffällig gedeckte Tafel mit leuchtenden Farben und Formen demenziell veränderte Bewohner zum gemeinsamen Essen an den Tisch. Das spricht die Menschen an, „so viel haben die Bewohner vorher nie gegessen“, berichtet die Trainerin.

Möglichkeiten in Pflege und Betreuung

„Es sind verletzliche, individuelle, alte Menschen, die sich ihre neue Bleibe in der Regel nicht selbst aus- gesucht haben und die, je nach- dem, wer im Dienst ist, entweder Glück oder Pech haben, ob jemand mal einen kurzen Kontakt mit ihnen aufnimmt – oder eben nicht“, so beschreibt Thomas Nauroth, Quali- tätsmanager und verantwortlich für die Organisation dieser Fortbildung, die Lage in durchschnittlichen Se- nioreneinrichtungen. Letztens habe ihn jemand gefragt, warum wir den ganzen Aufwand mit der Mäeutik eigentlich betrieben, es wäre doch bekannt, dass der überwiegende Teil der Bewohner dement sei und dass die Mitarbeiter sich darauf einzustellen hätten. Und außerdem würden die Pflegeschüler das alles ja in der Ausbildung lernen. „Die Realitäten sehen anders aus“, erklärt er und fordert: „Gehen Sie doch mal als Besucher in ein Pfle- geheim auf der grünen Wiese und lassen die Szenerie dort auf sich wirken. Der Tag und die Abläufe sind

Wer die Kommunikationswege – gerade in der Pflege und Versor- gung alter Menschen – nicht als Einbahnstraße fahren will, kommt an der Mäeutik nicht vorbei. Das Modell der erlebensorientierten Pflege und Betreuung, von der Nie- derländerin Dr. Cora van der Kooij gelehrt, erstaunt die Betrachter von außen immer wieder: mit kleinen Gesten, winzigen Betonungen im Umgang miteinander, erreicht die Mäeutische Pflege die Menschen im tiefen Inneren ihrer Bedürfnis- und Gefühlswelt. „Darauf wollen wir in den Seniorenhäusern der Stif- tung der Cellitinnen nicht mehr ver- zichten“, so die Resonanz bei der Abschlussfeier der neuen internen Trainerinnen Mäeutik. Sehr deutlich wurde es bei der Pro- jektvorstellung über den einfachen Ablauf des Essensanreichens. Einer mobilen Bewohnerin wird der ge-

füllte Teller imHausrestaurant ange- reicht. Kurze Sätze gehen hin und her. Die Bewohnerin knabbert un- lustig am Dargebotenen, der Teller wird fast unberührt abgeräumt, die Bewohnerin geht missmutig auf ihr Zimmer. Das spritzige Puppenspiel der neuen Trainerin Mäeutik zeigt dann, wie es anders geht: Danach gefragt, wie ihr Tag war, und ob sie Zeit draußen im frischen Wind verbracht habe, spricht die Bewoh- nerin von Appetit, und bekommt am frühlingshaft gedeckten Tisch eine Auswahl von Speisen dargeboten, aus denen sie wählen kann. Dazu gibt es ein Glas Wein und vor allem: viel Zeit, um in Ruhe zu genießen. Gesättigt, zufrieden und rundum wahrgenommen verlässt die Be- wohnerin das Hausrestaurant be- schwingt, mit guten Wünschen für die Gestaltung ihres Abends. In einem anderen Seniorenhaus, so zeigte es die Präsentation, lockt

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