Fortbildung aktuell [Das Journal] 2/2017

MEDIKAMENTE WÄHREND DER STILLZEIT

TABELLE 2: Klassifizierung zum Übertritt ausgewählter Wirkstoffe in die Muttermilch nach 4,6 und www.embryotox.de Wirkstoffbeispiel Empfehlung nach embryotox z. T. nach 6 Zuordnung und Empfehlung nach 4 Atenolol Besser Metoprolol (Mittel der Wahl)

Lebenswochen kommt es zur sogenann- ten Blutmauser. Das bis zur Geburt auf die Sauerstoffversorgung über die Mutter und damit der Aufnahme von Sauerstoff von Plasma zu Plasma ausgelegte Hämo- globin muss nun über die Lungenatmung für eine ausreichende eigenständige Sauerstoffversorgung des Organismus sorgen. Besondere Vorsicht sollte man deshalb in den ersten Wochen bei Wirk- stoffen, die einen Kernikterus auslösen können, walten lassen. Durch den mas- siven Umbau des fetalen Hämoglobins kommt es ohnehin zu einem Anstieg von Bilirubin im Körper. Auch gegenüber Met- hämoglobinbildnern ist das Blut während der ersten sechs Lebensmonate beson- ders empfindlich. Durch die Oxidation des zweiwertigen Eisens zu dreiwertigem im Hämoglobin kommt es zu einem Funkti- onsverlust und damit zu einer geringeren Sauerstoffkapazität. Das Neugeborenen- Hämoglobin reagiert doppelt so schnell gegenüber Oxidationsmitteln im Ver- gleich zum adulten Hämoglobin. Selbst wenn nur 15 bis 20 Prozent des Hämoglo- bins von der Oxidation betroffen sind, tre- ten bereits Symptome einer Zyanose – vor allem Abgeschlagenheit und Müdigkeit, auf; bei mehr als 50 Prozent, kommt es zu Somnolenz bis hin zum Bewusstseinsver- lust. Das größte Risiko besteht in der Auf- nahme von nitratreichem Wasser, wenn nicht gestillt wird, sondern mit Wasser zubereitete Säuglingsnahrung gefüttert wird. Wegen der ebenfalls noch nicht aus- geprägten Magensäurebildung kommt es zu einer verstärkten Nitritbildung aus dem Nahrungsmittelnitrat. Bei gestillten Säuglingen existiert dieses Risiko nicht, da die durch die Mutter aufgenommenen Nitrate effektiv abgebaut werden. Bei Säuglingen, die mit Säuglingsmilchpro- dukten ernährt werden, sollte aus diesem Grund konsequent auf eine Zubereitung mit nitratfreiem oder zumindest -armem Wasser geachtet werden, was in den In- dustriestaaten kein Problem darstellt. Kri- tisch kann beim gestillten Säugling jedoch die Behandlung der Mutter mit einem methämoglobinbildenden Wirkstoff sein, wenn dieser in höheren Konzentrationen in die Muttermilch übertritt. Dazu zählen Dapson, Metamizol und Sulfonamide. Zu den Sulfonamiden beispielsweise findet sich in der embryotox-Datenbank nur der Hinweis auf möglicherweise, aber selten auftretende Durchfälle beim Säugling.

Benzylpenicillin

Mittel der Wahl

Clarithromycin

indikationsgerecht ja

Clindamycin

nur bei zwingender Indikation

Gruppe A: Abpumpen der Muttermilch zur Wirkspiegelreduktion für den Säugling nur einge- schränkt zu empfehlen

Diltiazem

Nifedipin oder Verapamil bevorzugen

HCT

bis zu 50 mg/Tag akzeptabel

Metformin

uneingeschränkt möglich

nein, wenn Gyrasehemmer nötig, dann Ciprofloxacin

Ofloxazin

Terbutalin

Mittel der Wahl

Verapamil

besser Nifedipin

Aciclovir

keine Stilleinschränkung

keine Stilleinschränkung, besser aber Famo- tidin

Cimetidin, Ranitidin

Gruppe B: Abpumpen der Muttermilch zur Wirkspiegelreduktion für den Säugling nicht geeignet

Jodid

keine Stilleinschränkung

falls zwingend erforderlich möglich, besonde- re Vorsicht bei Frühgeborenen, Neugeborenen mit Hyperbilirubinämie oder Glucose-6-Phos- phat-Dehydrogenasemangel möglich, wenn Mittel der 1. Wahl nicht greifen, bei Säuglingen unter zwei Monaten auf Ödeme und Gewichtsverlauf (Nierenfunk- tion!) achten akzeptabel, aber auf Sedierung oder Unruhe achten Sedierung und Übererregung möglich, als Monotherapie unter Vorbehalt wenn Paracetamol/ASS auch in Kombination mit Coffein und Codein nicht wirkt, möglich kurzfristig als Monotherapie bei Beobachtung des Säuglings möglich nicht stillen, Erbrechen häufig, evtl. Hinweis auf toxische Wirkung (Grey Syndrom: graue Hautfarbe, Erbrechen, Verweigerung der Nahrungsaufnahme, Atem- und Kreislaufpro- bleme) möglich indikationsgerecht über kurze Zeit möglich

Nitrofurantoin

Captopril

Citalopram

Gruppe C: Beobachtung des Säuglings, um situativ wegen Trink- schwäche oder anderer UAW über eine Stillpause zu entscheiden

Fluvoxamin SSRI Mittel der Wahl Hydromorphon, Morphin s. Kasten zur Substitution MCP

Olanzapin

Sumatriptan

Theophyllin

Alprazolam

Chloramphenicol

Gruppe D: Die Verordnung dieser Wirk- stoffe für Stillende sollte im Einzelfall kritisch abgewogen werden

Digoxin

Stillen möglich, evtl. Stillpause von 2 Stunden

Metronidazol

Stillen möglich

Prednisolon

Stillen möglich

Propranolol

Betablocker der Wahl in der Stillzeit

Propylthiouracil

Stillen möglich

Zytostatika, Radio­ therapeutika, Jodhaltige Desinfektions- oder Kontrastmittel, Kombi- nationstherapien mit mehreren Psychophar- maka und Antiepileptika, Vitamin A und D

komplett kontraindiziert nach6

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