12 2014

POLITIK

wirken würde. Sie verhinderte die Um- nutzung des ehemaligen Hotels Rustico, indem sie eine kommunale Planungs- zone erliess. Dagegen erhob der Kanton Beschwerde, welche dasVerwaltungsge- richt im Oktober 2013 guthiess. Knapp ein Jahr später bestätigte das Bundes- gericht dieses Urteil. Regierungsrat Christian Rathgeb rechnet laut «Bündner Tagblatt» damit, dass das «Rustico» spä- testens im Januar den Betrieb aufneh- men kann, «auch, weil wir uns in den letzten Wochen intensiv mit Vertretern des Gemeindevorstands ausgetauscht haben». Auch im emmentalischen Schafhausen (Gemeinde Hasle) gingen die Emotionen hoch. Eine Interessengemeinschaft von Anwohnern wehrte sich gegen den Ein- zug von Asylbewerbern im Schulhaus. Es stehe in einer Zone für öffentliche Nutzung und dürfe daher nur als Schul- haus betrieben werden, begründeten die Beschwerdeführer und stützen sich auf die Bauordnung der Gemeinde und das kantonale Baugesetz. DerVertrag müsse deshalb aufgehoben werden. Wie die «Berner Zeitung» berichtete, trat der Re- gierungsstatthalter jedoch nicht auf die Beschwerde ein. Es gehe um ein «nor- males Mietverhältnis». Der angefoch- teneMietvertrag zwischen der Gemeinde Hasle und dem Kanton Bern sei «zivil- rechtlich zu qualifizieren», zuständig für Klagen sei ein Zivilgericht. Die Einwohner von Schafhausen kriti- sierten vor allem die Informationspolitik der Gemeinde. «Wir sind nicht fremden- feindlich, aber 150Asylsuchende sind für Schafhausen eindeutig zu viel», sagte gemäss der Zeitung «Der Bund» ein Ein- wohner an einer Informationsveranstal- tung der Gemeinde.Wenn die Gemeinde die Anwohner genug früh informiert hätte, hätte man versucht, einen Kom- promiss auszuhandeln. Neue Asylunterkünfte lösen in der Be- völkerung oft Unsicherheit und Ängste aus:Was für «Leute» kommen in die Ge- meinde? Hängen sie betrunken im Dorf herum? Wie wird für die Sicherheit ge- sorgt?Vorfälle wie im bernischen Riggis- berg, wo es Anfang September zu einer Schlägerei unter Bewohnern des Asyl- zentrums kam, verstärken das Bedürfnis nach Sicherheitsmassnahmen. «Natür- lich haben auch wir von Problemen bei anderen Asylunterkünften gehört und vom Kanton zum Start einen Security- dienst verlangt», erklärte Beat Giauque, Bevölkerung kritisiert Informationspolitik der Gemeinde Hotline und ein runder Tisch in Ittigen

Nach fünf Jahren Flucht sind die beiden Eritreer in der Schweiz angekommen. Sie wurden in Moosseedorf aufgenommen.

Bild: Severin Nowacki

Gemeindepräsident von Ittigen, Mitte November an einer Informationsveran- staltung im Zusammenhang mit dem neuenAsylzentrum Eyfeld. Dieses wurde in Betrieb genommen, nachdem der Kanton Bern im Sommer aufgrund einer Notlage im Asylwesen von Ittigen und fünf weiteren Gemeinden je 100 Plätze für Asylsuchende verlangt hatte. In den erstenWochen patrouillierte beim Asyl- zentrum Eyfeld ein Sicherheitsdienst, und die Polizei fährt öfter vorbei. Zudem setzt die Gemeinde auf den Dialog mit der Bevölkerung. Sie hat eine Hotline und einen runden Tisch eingerichtet. Dort sollen gemäss Giauque alle Betei- ligten diskutieren. «Am besten wie vor 16 Jahren, als derselbe Keller bereits als Notunterkunft diente», sagte er gegen- über der Zeitung «Der Bund». Asylunter- künfte rufen jedoch nicht nur Unmut und

Ängste, sondern auch Hilfsbereitschaft hervor. Ein Beispiel dafür ist die Berner Gemeinde Moosseedorf (siehe Gemein- deporträt auf Seite 29). Auch in der Aargauer Gemeinde Beinwil am See ist die Reaktion der Bevölkerung auf die Asylbewerber «wohlwollend», wie die «Aargauer Zeitung» berichtete. Oft hilft ein «Tag der offenenTür». In Beinwil am See fand ein solcher Mitte November statt. Rund 100 Interessierte sahen sich die Asylunterkunft an. Mit einem so gros- sen Andrang hatten die Verantwortlichen nicht gerechnet. Gemeinderätin Jacque- lineWidmer sagte gegenüber Radio SRF, die Gespräche mit der Bevölkerung seien für die Gemeinde sehr wichtig. Es gehe darum, Ängste in der Bevölkerung abzubauen.

Philippe Blatter

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SCHWEIZER GEMEINDE 12 l 2014

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