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DIE APP ZUR VERNETZUNG DER ANGEBOTE

Erfahrung, warum dies wichtig ist: «Als meine Mutter eine Physiotherapie benö- tigte, bekam ich von der Spitex einfach eine Liste mit Namen. Ich suchte jeman- den, der nach Hause kommt. Aus der Liste war das jedoch nicht zu ersehen, so musste ich alle durchtelefonieren. Es ist klar, dass die Spitex keine Empfehlung machen darf, aber einfache Informatio- nen wieArbeitstage, Spezialgebiete oder eben die Bereitschaft, nach Hause zu kommen, hätten mir bei der Suche viel Zeit gespart», erläutert er an einem prak- tischen Beispiel. Deshalb leitet sich bei CABINET jeder einzelne Eintrag von ei- nem konkreten Fall im Quartier ab, der von Experten aufbereitet wird. Diese strikte Orientierung an den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer ist es, die die App auszeichnet. Die Erfahrung zeigt schweizweit, dass selbst bei den professionellen Dienst- leistern oft wenig Wissen über andere Angebote im Quartier vorhanden ist. Deshalb ist die Voraussetzung der App bemerkenswert: Im Luzerner Neustadt- quartier haben sich die unterschiedlichs- ten Institutionen an einenTisch gesetzt, um gemeinsam eine Verbesserung zu planen. In einem ersten Schritt richtet sich das Programm CABINET denn auch nicht an die älteren Menschen oder ihre Angehörigen direkt, sondern an die Mit- arbeitenden der beteiligten Institutio- nen. Es sind dies neben vielen anderen die öffentliche Spitex, Pro Senectute, die katholische und die reformierte Kirche der Stadt Luzern, dieAllgemeine Bauge- nossenschaft Luzern und die Caritas Lu- zern. Sie haben sich zum Verein Vicino Luzern zusammengeschlossen. Den An- stoss dafür gab 2013 ein Businessplan und 2015 die Masterarbeit «Wohnen zu Hause – auch imAlter. Eine strategische Handlungsanleitung», mit der Tamara Renner, Geschäftsleiterin der Spitex Stadt Luzern, ihreWeiterbildung «Altern und Gesellschaft» am Departement So- ziale Arbeit der Hochschule Luzern ab- schloss. Sie entwickelte darin das Kon- zept für ein Netzwerk, das sich nun im Luzerner Neustadtquartier konkretisiert hat. In den nächsten zehn Jahren sollen fünf weitere Standorte in Luzern aufge- baut werden. Auch aufseiten der Hoch- schule Luzern arbeiten verschiedene Departemente zusammen an der Ent- wicklung von CABINET: Das Forschungs- projekt wird vom interdisziplinären Schwerpunkt «Kooperation Bau und Raum» unterstützt; beteiligt sind neben dem iHomeLab auch die Departemente Soziale Arbeit sowie Design & Kunst. Netzwerke von Institutionen in der Nachbarschaft imAufbau

Alle Institutionen in einemVerein Geschäftsleiter des Vereins ist René Fuhrimann. Zu seinen Aufgaben ge- hörte der Aufbau des Pilotprojekts im Neustadtquartier. «Der Standort wurde bewusst gewählt», so Fuhrimann. «Hier ist die Infrastruktur vorhanden, die äl- tere Menschen brauchen, vom Lebens- mittelgeschäft über die Apotheke bis zur Wäscherei. Auch engagiert sich die Allgemeine Baugenossenschaft Luzern stark für Wohnraum, der den Bedürf- nissen älterer Menschen entgegen- kommt. Ihr Neubau ‹Himmelrich 3› ist eine wichtige Grundlage für das Pilot- projekt.» Im Juni 2016 eröffnete der Verein im Bleichergärtli einen Quartier- treffpunkt in Form eines Holzpavillons. Er ist für alle offen, soll aber speziell für ältere Menschen das Leben imQuartier attraktiv machen und ihnen Hilfestel- lung bieten. Für die Entwicklung der App CABINET können die beteiligten Institutionen nun auf die Erfahrung, die sie im Kontakt mit den älteren Bewoh- nerinnen und Bewohnern des Quartiers gesammelt haben, aufbauen. Der Verein Vicino Luzern DerVereinVicino Luzern setzt sich da- für ein, dass ältere Menschen mög- lichst lange in ihrem vertrautenWohn- umfeld ein selbstbestimmtes Leben führen können. Dafür stärkt er die Nachbarschaftshilfe im Quartier und vermittelt bei Bedarf professionelle Dienstleistungen. Im Moment ist er im Luzerner Neustadtquartier aktiv; weitere Standorte werden aufgebaut. Vicino Luzern wird als Verein von fol- genden Institutionen getragen: Allge- meine Baugenossenschaft Luzern abl, Altervia, Besuchsdienst Innerschweiz, Caritas Luzern, Forum Luzern60plus, Gepflegt Spitex Luzern, Haushilfe Lu- zern, Hochschule Luzern, Moos Hör- geräte, Katholische Kirche Stadt Lu- zern, Pro Senectute Kanton Luzern, Reformierte Kirche Stadt Luzern, Schweizerisches Rotes Kreuz, Spitex Stadt Luzern, SOS-Dienst, St. Anna Stiftung, Steinhof Pflegeheim, Stif- tung Contenti, Wohnbaugenossen- schaftWGL Littau,Viva LuzernAG und Zeitgut Luzern. Die Stadt Luzern ist als Beisitzerin ebenfalls dabei. Der Kreis der Unterstützer wird kontinu- ierlich ausgebaut. Das Projekt wird finanziell und fachlich durch die Age Stiftung, die Albert Koechlin Stiftung und weitere unterstützt.

Die Menschen machen es aus Welche Orte sind für sie wichtig? Mit welchen Personen haben sie im Alltag Kontakt? Auf welche Angebote sind sie angewiesen? Die Gespräche zeigten, dass nicht nur die Infrastruktur wichtig ist – zum Beispiel eine Wäscherei oder Apotheke – sondern auch die Menschen, die dort arbeiten. So haben Hauswarte, Wäschereibesitzerinnen und Apotheker auf informelleWeise bereits amNetz ge- woben, das die älteren Bewohnerinnen und Bewohner imQuartier trägt. Mit den Mitteln der Technik wird es nun weiter ausgebaut. Der Prototyp der App steht und wurde vom Verein abgenommen. Was jetzt folgt, ist Fleissarbeit: Die Betei- ligten müssen ihre Informationen einge- ben, damit diese dann auch abgerufen werden können. Im Sommer soll das Programm zur Verfügung stehen, zuerst imNeustadtquartier. Später soll es dann in ganz Luzern und – wer weiss – in an- gepasster Form vielleicht in der ganzen Schweiz zum Einsatz kommen. Denn bereits jetzt weckt das Projekt Interesse über den Kanton hinaus. Quelle: Hochschule Luzern – Das Magazin. Das Ma- gazin der Hochschule Luzern erscheint drei- mal pro Jahr mit einer Auflage von 40000 Exemplaren. Es kann gratis unter www.hslu. ch/magazin bestellt werden. Der vorliegende Artikel stammt aus der Ausgabe Februar 2018. Senta van deWeetering Das iHomeLab und sein neuer Leiter Ab dem 1. April 2018 hat das Kompe- tenzzentrum iHomeLab der Hoch- schule Luzern einen neuen Leiter. Für die Position konnte Dr. Andrew Paice gewonnen werden. Herr Paice ist Australier und Schweizer, studierte Applied Mathematics an der Univer- sity of Western Australia und verfügt über einen PhD-Abschluss in Systems Engineering von der Australian Nati- onal University. Es folgten eine vier- jährige Tätigkeit an der Universität Bremen sowie 14 Jahre bei ABB Swit- zerland. Seit 2011 arbeitet er bei Schindler AufzügeAG in der Schweiz, zuletzt in der Position als Head of Mo- deling &Validation.

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SCHWEIZER GEMEINDE 2 l 2018

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