GOLF TIME 1/2019

GÖtZ ZItat

Ich bin Golfer, kein Politiker ...

nders als man es vom Boss der Euro- pean Tour gewohnt war, verkün- dete Keith Pelley ohne großes Tamtam eine dreijährige Partner-

Es gibt doch überall Konflikte zu entdecken, wenn man sich die Mühe macht, genauer hinzuschauen. Ich mische mich da nicht ein.“ Der Engländer Justin Rose ergänzte: „Ich bin kein Politiker, sondern Profigolfer.“ Spieler wie Bryson DeChambeau oder Eddie Pepperell gaben sich etwas kreativer, sie wollten den Leuten im Land den Sport näherbringen oder gar mithelfen, die Liberalisierung des Regimes voranzutreiben. Der spätere Cham- pion Dustin Johnson hingegen gab sich in Anspielung auf seine satte Antrittsprämie unverblümter, was ihn nach Riad zieht: „Mir fallen Millionen Gründe ein, dort zu spielen.“ „Genug jedenfalls, um alle Gedanken an einen ermordeten Journalisten abschütteln zu kön- nen“, konterte die Zeitschrift „Golfweek“ sar- kastisch. Ein bekannter amerikanischer Golf- Journalist schrieb entrüstet: „Ich denke, die Spieler wissen gar nicht genau, was sie eigent- lich tun. Sie legitimieren und bereichern die Herrscher dieses Systems.“ Dass es auch anders geht, beweist UNICEF- Botschafter Paul Casey, der zu keinem Zeit- punkt über eine Teilnahme nachgedacht hat. Und Tiger Woods schlug sogar eine Antritts- prämie über mehr als drei Mio. Dollar aus. Pelley und das Feld der Saudi International haben der Welt aufgezeigt, wo ihr moralischer Rubikon verläuft. Dass der eine oder andere So- cial Media-Follower angewidert den „Gefällt mir nicht mehr“-Knopf gedrückt haben wird, dürfte für sie verschmerzbar sein. Denn haben wir überhaupt noch das Recht, die Spieler zu verurteilen? Oder anders gefragt, ist es legitim, einem Kicker bei einer Fußball-WM in Russ- land oder Katar zuzujubeln, weil diese Großver- anstaltung so selten stattfindet, während ein Golfer, der jede Woche ein Turnier spielen könnte, für seine Teilnahme in Saudi-Arabien angefeindet werden darf? Verwirkt nicht jeder, der seinen Golfurlaub bspw. in den Emiraten oder in Ägypten genießt, das grundsätzliche Recht, sich über Menschenrechtsverletzungen zu empören? Die Antwort auf diese Frage muss wohl jeder für sich selbst klären, wenn bspw. das nächste Reiseschnäppchen nach Belek lockt… GT

schaft zwischen seiner Tour und Saudi- Arabien. Mit Dustin Johnson, Justin Rose, Brooks Koepka oder Bryson DeChambeau verpflichtete sich umgehend die Weltspitze für die erste Saudi International, Ende Januar 2019. Dass in Saudi-Arabien Menschenrechte keine Gültigkeit haben und nach wie vor im Sinne der mittelalterlichen Scharia (Un)Recht gespro- chen wird, war damals wie heute kein Geheim- nis. Doch als im Oktober der systemkritische saudische Journalist Jamal Khashoggi in der saudischen Botschaft in Istanbul ermordet wurde, geriet das Regime in den Fokus der empörten Weltöffentlichkeit. Ließ doch die Faktenlage kaum einen Zweifel offen, dass Mohammed bin Salman, seines Zeichens Kron- prinz Saudi-Arabiens, dieses grausame Ver- brechen höchst selbst beauftragt hatte. Der gleiche Mann also, dem Pelley für die Realisie- rung der Saudi International dankte und die Hände schüttelte. Sehr zum Missfallen des Kanadiers löcherten daraufhin viele Golfjournalisten den CEO der European Tour unermüdlich, warum er nach dem Mord an ihrem Kollegen an einer Veran- staltung festhielt, der schon vor der grau- samen Bluttat ein kaum zu ignorierender Bei- geschmack nach Leid und Tod anhaftete. Doch Pelley wiederholte nur gebetsmühlenartig: „Wir beobachten die Zustände sehr genau, aber das Turnier steht im Kalender.“ War die Sache auf geschäftlicher Ebene doch schon viel zu weit fortgeschritten, denn immerhin stammte sogar der Golfplatz, auf dem die Saudi International gespielt werden sollte, aus der Feder der Euro- pean Tour-Tochter „European Golf Design“. Allerdings hätte nichts die Spieler davon abhalten können, ihrerseits aus ethischen Gründen von einer Teilnahme abzusehen. Sollte man meinen. So oder ähnlich wie der zweifache Major-Sieger Brooks Koepka erklärten zahlreiche Stars ihre Teilnahme: „Die Leute haben immer unter- schiedliche Auffassungen, was Politik angeht.

GöTz SCHmIedeHAuSeN Fragt sich, ob die Saudi International ihren Teil- nehmern und der European Tour viele neue Freunde bescheren wird.

»Die Leute haben immer unterschied- liche Auffassungen, was Politik angeht. Es gibt doch überall Konflikte zu entdecken, wenn man sich die Mühe macht, genauer hinzuschauen«

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GOLF TIME | 1-2019

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