GOLF TIME 1/2019

TRAINING | SPORTPHYSIO

DR. CHRiSTiAN HAiD Biomechaniker, Universitätsklinik Innsbruck

KranKheit als weg GoLf ALs KREuzschmERzThERApIE Mit einem „gesunden“ richtigen Golfschwung können Kreuzschmerzen reduziert, wenn nicht gar völlig beseitigt werden.

E s ist hinlänglich bekannt, dass körper- liches Training bei Kreuzschmerzen meistens günstiger ist als ständige Schonung. Häufig wird Physiotherapie gepaart mit Bewegungstraining als Therapie verschrieben. Aufgrund meiner Zusammenarbeit mit Orthopäden, Neurochirurgen und Traumato- logen wird immer deutlicher, dass ein richti- ger, guter Golfschwung wie Therapie wirkt. Golfer kommen mit Kreuzschmerzen und fühlen sich nach dem Golftraining besser. Die Voraussetzung dafür ist ein dement- sprechend gestalteter Golfschwung. Dieser ist keinesfalls leistungsmindernd, im Gegen- teil, fast immer entwickeln Golfer mit diesem Schwung ein besseres Spiel, als sie es jemals zuvor hatten. So gesehen gilt der Spruch: „Krankheit als Weg.“ Golfer mit Kreuzschmerzen sind bereit, an ihrem Schwung zu arbeiten und merken sehr schnell, dass vorgeschlagene Bewegungs- abläufe ein Gefühl der Leichtigkeit erzeugen. Die Chance, wieder schmerzfrei golfen zu können, ist sehr motivierend. Veränderungen des Bewegungsablaufs führen anfänglich immer zur Verschlech- terung des Spiels, aber trainiert man die belastungsarme Körperdrehung und nützt physikalische Effekte zur Schlägerkopf- beschleunigung, dann entsteht ein Golf- schwung, der große Schlagweiten und opti- mierte körperliche Belastung vereint. Weshalb steht hier „optimierte körper- liche Belastung“? Es geht nicht darum, die Wirbelsäule immer zu entlasten. Es muss uns gelingen, mit unserem Muskelkorsett die Wirbelsäule so zu stabilisieren, dass bestimmte ungünstige Belastungen nicht auftreten. Somit ist der Golfschwung – nach meiner Methode durchgeführt – ein Stabilisationstraining für die Wirbelsäule. Jeder Schwung wirkt als therapeutische Übung.

Es ist wichtig, sich von alten Bewegungs- mustern zu verabschieden und sich mit neuen anzufreunden. Das dauert, denn dazu müssen koordinative Fähigkeiten entwickelt werden. Die entsprechenden Übungen sind nicht unbedingt anstrengend, aber wir benötigen Ausdauer und die Gewissheit, dass für weite Schläge nicht besonders viel Kraft notwendig ist. Es kommt auf gute Technik an. Wir müssen unsere Drehachsen so wählen, dass derWiderstand gegen die Körperrotation möglichst klein ist. Wir müssen lernen, den Schläger möglichst frei schwingen zu lassen und unsere Muskulatur dabei exzentrisch einsetzen. Das heißt, dass wir die Muskeln vorspannen und wie Federn dehnen. Dadurch

schützen wir den Bewegungsapparat und ent- wickeln sehr viel Kraft zur Beschleunigung unserer Drehbewegung. Golfspielern, die in dieser Saison tolle Scores spielen möchten, rate ich von einem der- artigen Training ab. Jene, die wirklich Schmerzen haben und die sich die Zeit neh- men, über eine Saison hinweg umzustellen, sind mit dieser Methode auf dem richtigen Weg. Somit ist dieser Weg geeignet für Topgolfer, die sich trotz des vielen Trainings die Gesundheit erhalten möchten, und für Ama- teure, die motiviert sind, weil sie wirklich Probleme haben. gT

„es muss uns gelingen, die wirbel- säule so zu stabili- sieren, dass bestimmte ungünstige belastungen nicht auFtreten“

VORSICHT Derart ungünstige Dreh- bewegungen, die zur Seitkrümmung der Wirbelsäule führen, sind zu vermeiden

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GOLF TIME | 1-2019

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