GOLF TIME 8/2024
COVER | NELLY KORDA
„MEIN VATER ORGANISIERT AUCH HEUTE NOCH ALLE MEINE TERMINE!“ NELLY KORDA
Vergangenheit zur Hoffnungsträgerin der gesamten Damengolfszene, die nach Jahren der Dominanz von für die westliche Welt „blassen“ Asiatinnen nach einem Superstar der Marke Nelly gelechzt hatte. Manchmal aggressiv und dominant, manchmal ruhig und kalkuliert, scheint Nelly das Talent und Temperament zu haben, nicht nur das Gesicht des Frauengolfsports für das nächste Jahrzehnt und darüber hinaus zu werden, sondern auch ein Aushängeschild für den gesamten Frauensport. Nelly Korda wird gerne auch schon Mal als der „weibliche Tiger Woods“ bezeichnet, da ihr die Fähigkeit zugetraut wird, den Golfsport auf ein ganz neues Niveau zu heben. Auch werden bisweilen Vergleiche
spieler Petr Korda und Regina Rajchrtová. Vater Petr ist ein Tennis-Grand-Slam Champion, der 1998 die Australian Open gewinnen konnte. Nellys jüngerer Bru der Sebastian folgte dem Karriereweg der Eltern und gewann 2018 den Tennistitel der Australian Open bei den Junioren. Aktuell ist er die Nummer 23 in der Herren-Tennis Weltrangliste mit Potenzial nach oben. Schwester Jessica, die ebenfalls auf der LPGA Tour spielt, war als älteste der drei Geschwister lange Zeit auch die erfolg reichste von ihnen, und auch sie konnte das größte Damengolfturnier in Australi en, die Women‘s Australian Open, bereits im Jahr 2012 gewinnen. Die mittlerweile 31-jährige Jessica war die Vorreiterin in
Rekordjagd: Nelly Korda dominierte 2024 das Golf-Geschehen der Damen
Mai überrollte Korda ihre Tourkollegin nen regelrecht und schickte sich an, eine Rekordsaison für die Ewigkeit zu spielen. FORM KÜHLT AB Doch es zeigte sich, dass auch Nelly Korda nur ein Mensch ist und so wurde die mo delhafte Blondine bei der U.S. Women‘s Open schon nach drei Löchern auf den Boden der Realität zurückgeholt: An Loch 12 (ihrem dritten Loch des Tages) musste Nelly nach drei Wasserbällen auf dem Par 3 eine 10 notieren. Sie hätte sich in Run de 2 beinahe noch bis ins Wochenende in Lancaster gekämpft, verpasste aber ihren ersten Cut der Saison. Damit begann auch eine ungewohn te Phase der Inkonsistenz im Spiel der Weltranglisten-Ersten. So lag Korda nach der ersten Runde der KPMG Women‘s PGA im Juni, dem dritten Major des Jahres, nur einen Schlag von der Führung entfernt, gefolgt von einer unerwarteten 81, die den dritten verpassten Cut in Folge besiegelte. Es war eine Misserfolgsserie, die in der Form in Kordas Karriere bis dahin einmalig war. „Zu Beginn des Jahres lief ganz viel für mich, jetzt gebe ich ein wenig zurück“, versuchte Korda die Situation zu relativieren. Sie spielte erst wieder bei der Amundi Evian Championship im Juli, wo beim vier ten Major des Jahres ein geteilter 26. Platz wie ein stabilisierendes Ergebnis wirkte. Korda hatte dann beim fünften und letzten Major der Saison, der AIG Women‘s Open in St. Andrews, die 36-Loch-Führung inne. Am Ende musste sie sich lediglich Lydia Ko geschlagen geben. Der Auftritt auf dem Old Course war aber bereits ein Vorbote für Kordas Solheim-Cup-Form, wo die U.S.- Teamleaderin in allen drei von ihr gespiel ten Vierer-Sessions siegreich vom Platz ging. Obwohl sie im Single-Match von der furi os aufspielenden Engländerin Charley Hull mit 6&4 in die Schranken gewiesen wurde, war Nelly das Gesicht des Erfolgs von Team USA, das unter der Leitung von Kapitänin Stacy Lewis erstmals seit 2017 wieder einen Sieg bei dem Kontinentalwettbewerb gegen Europa bejubeln durfte. DER WEIBLICHE TIGER WOODS Die Dominanz und auch das Auftreten von Nelly Korda machten sie in der jüngeren
O
Bradenton Country Club, ab, und zog so in ein Stechen gegen die Neuseeländerin Lydia Ko, das sie für sch entschied, resul tierend im ersten Titel des Jahres. Obwohl sie körperlich fit war, entschloss sich Nelly, nicht zu den folgenden Tur nieren in Asien zu reisen, sondern blieb lieber zu Hause in Florida, um zu trainieren und ihren Körper weiter in Form zu brin gen. Sieben Wochen später kehrte sie zurück auf die Tour und gewann den dreiwöchigen Westcoast-Swing mit einem Playoff-Sieg bei der Se Ri Pak Championship im März, mit dem Triumph bei der Ford Champi onship mit zwei Schlägen Vorsprung und einem überwältigenden 4&3-Sieg beim T-Mobile LPGA Match Play im April über Leona Maguire. Beim ersten Damen-Major des Jahres, der Chevron Championship in Texas, schlug Korda erneut zu und stellte mit dem fünf ten Sieg in Folge den LPGA-Tour-Rekord ein. Im Mai wollte sie beim Cognizant Founders Cup den sechsten Titel in Folge holen, musste sich aber mit dem 7. Platz begnügen. Doch schon bei ihrem nächsten Turnierstart, bei der Mizuho Americas Open, machte sie das halbe Dutzend an Siegen perfekt. Von Ende Januar bis Mitte
bwohl Nelly Korda, die Nummer 1 der Weltrang liste, wegen einer Nacken verletzung an keinem der südostasiatischen Herbsttur
SIEGESSERIE Kordas erster Saisonsieg erwies sich als bahnbrechender Moment: Die 26-jähri ge U.S.-Amerikanerin schloss die LPGA Drive On Championship mit einem Eagle Birdie-Finish auf ihrem Heimplatz, dem
niere der LPGA Tour teilnahm, sicherte sie sich dennoch bereits drei Events vor Sai sonende die Auszeichnung zur „Spielerin des Jahres“. Es ist das erste Mal, dass sie die Auszeichnung gewonnen hat und völlig verdient, blickt sie doch auf eine beeindru ckende Saison mit sechs Siegen zurück. „Die Auszeichnung als Rolex-Spielerin des Jahres bedeutet mir sehr viel“, sag te Korda, „diese Saison hatte ihre Höhe punkte und Herausforderungen und ich bin einfach sehr dankbar für die Menschen um mich herum, die mir geholfen haben. Es war eine Teamleistung und ich bin stolz, diesen Moment mit ihnen zu teilen.“ Nachdem Lilia Vu die Auszeichnung im vergangenen Jahr gewonnen hatte, ist es das erste Mal seit Betsy King (1993) und Beth Daniel (1994), dass Amerikanerinnen diese Auszeichnung in zwei aufeinander folgenden Jahren erhielten. Es gibt Korda außerdem einen zusätzlichen Punkt für eine mögliche Qualifikation für die LPGA Hall of Fame – sie hat aktuell 18 der 27 für die Qualifikation erforderlichen Punkte.
Sister Act: Nelly (l.) und ihre ältere Schwester Jessica sorgen auf der LPGA Tour für Furore
Sachen Golf in der Familie Korda. Sie gewann sechs Titel auf der LPGA Tour und war zugleich auch die Inspiration für ihre jüngere Schwester Nelly. Beide wa ren auch das erste Schwesternpaar in der Geschichte des Solheim Cups, das gemein sam für Team USA aufteete – mit großem Erfolg, übrigens: Jessica und Nelly gingen bei der Auflage im Jahr 2019 im schotti schen Gleneagles in ihren beiden gemein samen Vierer-Partien mit 6&4 und 6&5 als überlegene Siegerinnen vom Platz. Jessica heiratete am 11. Dezember 2021 ihren langjährigen Freund, Johnny DelPrete. Am 3. Februar 2024 gebar sie den gemeinsamen Sohn Greyson und ist nach wie vor in Elternkarenz. Während Nelly ihre Aufgabe als Tante sehr ernst nimmt, scheint sie jedoch selbst noch keine
mit Michelle Wie West herangezogen, der Gewinnerin der U.S. Women‘s Open 2014, die zu Beginn ihrer Karriere für einen neuen Popularitätsschub in der Damen golfsportszene gesorgt hatte. Während Wie West mit lediglich fünf LPGA-Tour Titeln den Vorschusslorbeeren nicht ge recht werden konnte und mittlerweile auch ihre aktive Karriere beendet hat, zeigt Nel lys Formkurve weiterhin steil nach oben. Und wo immer sie aufteet, folgen ihr die Massen an Fans, wie es die LPGA Tour in der Form noch nicht gesehen hat. FAMILY BUSINESS Doch blicken wir ein wenig zurück, um die Vita von Nelly Korda besser zu verstehen: Sie wurde am 28. Juli 1998 in Bradenton, Florida, geboren und ist die Tochter der pensionierten tschechischen Profi-Tennis
Zweiter Major-Erfolg: Chevron Championship
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