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einfach wichtig

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Einfach Luft holen? In der Beatmungspflege St. Severinus wird ein lebenswertes Leben mit Beatmung ermöglicht.

Das Team der Intensivstation: v.li: Kathrin Mehrfort, Susanne Hochscherf und Claudia Stotzem

eine retrograde Amnesie ein. Auch an die Zeit im Koma kann er sich nicht er innern. Allein ein Tagebuch, das die Mit arbeitenden der Intensivstation geführt haben, hilft ihm, die verlorenen Monate zu rekonstruieren. In diesem Buch wur de täglich festgehalten, wie es ihm geht und was um ihn herum geschieht. „Nach dem Aufwachen erzählen nicht wenige unserer Patienten von Alpträu men aus der Zeit der künstlichen Beat mung“, erzählt Claudia Stotzem, pfle gerische Leitung der Intensivstation im Maria-Hilf-Krankenhaus. „Um ihnen da bei zu helfen, diese Unsicherheiten aus der Zeit der Abwesenheit zu rekonstru ieren, führen wir seit mehreren Jahren diese Patiententagebücher.“ 2016 wurde das Projekt von zwei Pfle gekräften der Intensivstation, Susanne Hochscherf und Kathrin Mehrfort, in Anlehnung an das Intensivtagebuch von Peter Nydahl, Pflegeforscher am Uni versitätsklinikum Schleswig-Holstein, erarbeitet. Seitdem wird es bei allen Pa tienten im Maria-Hilf-Krankenhaus ge führt, die absehbar länger als drei Tage beatmet werden. Ab dem ersten Tag der Beatmung werden täglich Einträge von Angehörigen und den Mitarbeitern verfasst. Die Einträge werden möglichst solange weitergeführt, bis die Erinne rung des Patienten wieder einsetzt. Dr. Günther erhielt sein Tagebuch, als er sich in Reha befand. „Das Tagebuch zeigt, dass die Ärzte und Pflegekräfte nichts unversucht gelassen haben, um mir zu helfen“, sagt er gerührt. „Nur dank ihnen bin ich heute noch am Le ben. Ihren Einsatz und das Führen des Tagebuchs werde ich ihnen nie verges sen!“ (R.L.)

Hubert Andert unterwegs mit einem Bewohner auf dem umgebauten Lastenrad

G emein sam mit ihrem qua lifizierten und ge schulten Team aus Pflege- und Betreuungsdienst schaffen es Ste phanie Armbrecht

ßend. Doch dann wird klar, dass im St. Severinus das Be atmungsgerät ein Hilfsmittel ist, das ein selbstbestimm tes Leben erst er möglicht!

Pflegefachkräfte der Intensivstation des Maria-Hilf-Krankenhauses in Bergheim führen für ihre Patienten Tagebücher. Diese sollen dazu beitragen, die auf der Intensiv station nicht bewusst erlebte Zeit später besser nachvollziehen und verarbeiten zu können. Die verlorene Zeit aufarbeiten

Dabei steht die soziale Teilhabe besonders im Fokus. Dazu gehören neben der Einzelbetreuung auch Gruppenangebote wie Sport, Spiele, Krea tives, Kochen und Literaturkreise, die den Alltag der Bewohner ressourcenorientiert bereichern. Mit viel Engagement werden in der Einrichtung auch Projekte wie Konzerte, Ausflüge oder Fei ern zu St. Martin (mit Pferd) und Nikolaus orga nisiert. Dieses Engagement erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Pflege- und Betreu ungsdienst bei einem guten Personalschlüssel. Die Mitarbeiter erwerben in der Einrichtung das notwendige Fachwissen, das ihnen in umfang reichen Fortbildungen vermittelt wird. Dieses Wissen setzen sie zusammen mit ihren eigenen Fähigkeiten und bereits vorhandenen Kompe tenzen ein, um die Lebensqualität der Bewoh ner zu fördern. Dies ermöglicht es zumindest in Einzelfällen, eine Verbesserung der Mobilität zu erreichen, wieder essen oder sogar nach Hause zurückkehren zu können. Das Ziel der Einrich tung ist es, dass sich die Bewohner wohlfühlen und ein Leben – eben mit Beatmung – möglich ist. (I.O.)

und Hubert Andert, Heim- und Pflegedienstlei tungen der MARIENBORN Beatmungspflege St. Severinus in der Kölner Südstadt, beatmungs bedürftigen Menschen ein Zuhause zu bieten und sie individuell und ressourcenorientiert zu fördern. Sie ermöglichen außerklinische Inten sivpflege und Beatmung mit Lebensqualität. Die vollstationäre Langzeitpflegeeinrichtung wurde 2011 errichtet. Im St. Severinus leben 32 Menschen in gemütlich eingerichteten Zim mern mit Blick über Köln. Von ihnen sind einige selbstständig und mobil, andere sind auf Hilfe angewiesen. Einzig die Trachealkanüle unter scheidet sie in der Öffentlichkeit von anderen. Gemeinsam haben sie, dass sie nach langem Krankenhaus- oder Rehaaufenthalt nicht aus reichend selbstständig atmen oder schlucken können. Große Unterschiede gibt es in Bezug auf das Alter, die Grunderkrankungen, die Mo bilität und die Kommunikationsfähigkeiten.

Ü ber 30 Jahre war Dr. Wolfgang Günther Anästhesist im Maria Hilf-Krankenhaus in Bergheim. Anfang 2020 trat er die wohlverdiente Rente an, fand sich jedoch kurz dar auf als Patient auf der Intensivstation wieder. Grund seiner Einlieferung war eine Sepsis, die zu einem langen Auf enthalt führte. Kurz nach seiner Einlieferung wur de Günther in ein künstliches Koma mit Beatmung versetzt. Erst Anfang

Juli konnte er wieder aus dem Koma geholt werden und war zunächst vollkommen auf externe Hilfe ange wiesen. Zahlreiche Anschlussbehand lungen und Reha-Aufenthalte später ist Günther seit Anfang dieses Jahres endlich wieder zu Hause. Nach wie vor ist er eingeschränkt, braucht Geh stützen und hat eine Niereninsuffizi enz – aber er lebt!

Im ersten Augenblick wirken die lebensnot wendigen technischen Geräte respekteinflö

Mit Einlieferung ins Krankenhaus setz te bei dem ehemaligen Anästhesisten

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