9_2017

MILIZPOLITIK: DIE TRENDS IN DEN SCHWEIZER GEMEINDEN

Der Gemeindeverband plant das «Jahr der Milizarbeit»

Die Erhaltung des Milizsystems hat für den Schweizerischen Gemeindeverband (SGV) oberste Priorität. Er stärkt mit gezielten Massnahmen dasWeiterbestehen und die Weiterentwicklung des Milizsystems. Für 2019 plant der SGV deshalb das «Jahr der Milizarbeit». Dieses wird der Verband nicht nur mit eigenen Akti- vitäten bestreiten, sondern in Zusammenarbeit mit Partnern aus Wirtschaft, Gesellschaft und Forschung gestalten. Die Rolle des SGV besteht darin, Platt- formen zu schaffen und eine vertiefte und interdisziplinäre Diskussion aus ver- schiedenen Perspektiven zu fördern. Die Überlegungen und Ergebnisse werden in Papieren undVorstössen festgehalten und in Form vonTagungen oder Events einem breiteren Publikum vorgestellt. Auf dieseWeise möchte der SGV Impulse geben und solche selber wieder aufnehmen. Die einzelnen Projekte zum «Jahr der Milizarbeit» wird die «Schweizer Gemeinde» zu einem späteren Zeitpunkt vorstellen.

Reformen und Nebenwirkungen unter der Lupe Reformen müssen darauf abzielen, An- reize zu setzen für den individualis- tisch-liberalen Bürger, der seine Beteili- gungsbereitschaft kühl abwägt. Ein negativer Anreiz zur Hebung der Teilnah- mebereitschaft ist der Amtszwang, der in einigen Kantonen und Gemeinden besteht (vgl. Bericht Seite 52). Ein weite- rer negativer Anreiz wäre ein Rücktritts- verbot während der Amtsperiode. In ei- nigen Kantonen wird zumindest eine Erklärung mit stichhaltigen Gründen verlangt, wenn man sich während einer Amtsperiode zurückziehen möchte. Doch solche Massnahmen erschweren die Su- che nach Kandidaten zusätzlich. Gemeindefusionen können die Folgen mangelnder Teilnahmebereitschaft

Massnahme ist in Gemeindeexekutiven und in Kantonsparlamenten relativ er- probt. So wird das Rekrutierungsproblem zwar entschärft, aber da dadurch für das einzelne Behördenmitglied mehr Arbeit anfällt und sich der Zeitaufwand erhöht, kann dies letztlich einen Schritt in Rich-

tung Verberuflichung der Behörden be- deuten. Das Milizamt wird so zu einem Zweitberuf und müsste besser entschä- digt werden, was höhere Kosten zur Folge hätte. Die Intensivierung löst also die Rekrutierungsschwierigkeiten, läuft aber dem Milizgedanken zuwider.

ebenfalls mindern, da das Rekrutie- rungspotenzial wächst und gleichzeitig weniger Ämter besetzt werden müssen. Vor allem in kleinen Gemeinden mit we- niger als 500 Einwohnern sind die Sor- gen rund um die Personalrekrutierung ein Grund für den erhöhten Fusions- druck (vgl. Bericht Seite 30). Während Gemeindefusionen früher selten waren, schliessen sich Gemeinden heute häufi- ger zusammen. Ein – berechtigtes – Ar- gument gegen Fusionen lautet, dass durch sie die Distanz zwischen Gemein- debehörden und Bürgern wächst. Oft wird angesichts der geringenTeilnah- mebereitschaft eine Verkleinerung der Behörden ins Auge gefasst. Sie wird ak- tuell in der Berner Gemeinde Lüscherz diskutiert (vgl. Bericht Seite 54). Diese

Der Gemeinderat von Simplon.

Bild: Gemeindeverwaltung Simplon

Rekrutierungsprobleme trotz Fusion: Blick auf die Juragemeinde ValTerbi. Bild: zvg

Silvia Mügeli, Gemeindepräsidentin von Lüscherz.

Bild: Barbara Spycher

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SCHWEIZER GEMEINDE 9 l 2017

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