Blickpunkt Schule 2/2023

vertretung. Mitten im Europaviertel, in einemmodernen repräsentativen Bau, hat unsere politische Landesver tretung zusammen mit drei europäi schen Partnerregionen ihr Domizil. Dort erwartet man die Gruppe aus Flörsheim bereits und führt uns in ei nen großen Konferenzraum. Kaum dass wir uns eingerichtet haben, er scheint auch schon der hessische Staatssekretär für Europafragen. Nach einem kurzen Erlebnisbericht der Schülerinnen und Schüler greift er den im EU-Parlament geknüpften Gesprächsfaden zu umwelt- und landwirtschaftspolitischen Themen auf und erläutert die spezifisch hessi schen Interessen in dem Zusammen hang. Auf diese Weise erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ei nen anschaulichen Eindruck davon, wie sich die Entscheidungsprozesse im ‘Europa der Regionen’ gestalten. Wenige Stunden später sammelt uns der Reisebus auf und bringt uns an den Stadtrand zum NATO-Hauptquar tier. Vor demmonumentalen Bau stei gen alle aus und durchlaufen die heut zutage notwendigen strengen Sicher heitskontrollen. Es begrüßt uns eine Referentin des Verteidigungsministeri ums, die uns zu den Räumlichkeiten der Ständigen Vertretung Deutsch lands bei der NATO führt. Der Weg führt dabei durch das aus bebilderten Medienberichten allseits bekannte monumentale Gebäude aus Glas und Stahl. Überall begegnen uns Men schen unterschiedlichster Herkunft, in den verschiedensten Sprachen mitei nander redend, teils in Uniform, teils in Businesskleidung. Spätestens hier wird den Schülerinnen und Schülern bewusst, wie multinationale Zusam menarbeit aussieht. Es bleibt jedoch kaum Zeit, die visuellen und mentalen Eindrücke innerlich zu sortieren, denn kurz darauf ziehen unsere Referentin nen und Referenten die ganze Auf merksamkeit auf sich. Die Jugendoffi zierin hat hochkarätige Gesprächs partnerinnen und Gesprächspartner für unseren Besuch gewinnen können. Neben einem Referenten des Auswär tigen Amtes, ist die persönliche Assis tentin der Verteidigungsministerin zu

und auch internationale Politik aus nächster Nähe zu erleben. So gewin nen sie etwa Einblicke in die tagespoli tische Arbeit, wenn sie eine Sitzung des Europäischen Parlaments mitverfolgen und beobachten, wie europäische Ge setzesvorschläge diskutiert und gege benenfalls verabschiedet werden, oder zumindest die Räumlichkeiten kennen lernen, die ansonsten nur in den Nach richten zu sehen und (gefühlt) sehr weit weg sind. Im besten Fall entwi ckeln sie Verständnis für politische Prozesse, die größtenteils vorab im Hintergrund erörtert, diskutiert und schlussendlich demokratisch entschie den werden, bevor die breite Öffent lichkeit in Kenntnis gesetzt wird. Aufschlussreich ist dazu beispiels weise ein intensiver Austausch mit ei ner oder einem Abgeordneten des Eu ropäischen Parlaments hinsichtlich dem Zustandekommen politischer Entscheidungen über die voranschrei tende Integration, Umweltfragen oder andereThemen, welche die EU betref fen. Es erfolgt dabei immer wieder der Verweis auf Ausschüsse, Fraktionsar beit und zumTeil begrenzte Verhand lungsspielräume. Nicht von der Hand zu weisen ist auch die Möglichkeit zum Networking: Eine Schülerin oder ein Schüler kann politische Entscheidungs trägerinnen beziehungsweise -träger und Diplomatinnen beziehungsweise Diplomaten treffen und über die au ßenpolitischen Beziehungen seines Landes und die EU diskutieren. So die nen solche Schulfahrten nicht selten der Inspiration für die Zukunft: Aus den genannten Gesprächssituationen kann die Motivation entstehen, sich für poli tische Anliegen jeglicher Art einzuset zen, seien es nun spezifisch europäi sche oder konkrete außen- und sicher heitspolitischeThemen. Zunächst geht es jedoch um das (buchstäbliche) De mokratieempfinden: Die Schülerinnen und Schüler erleben, wie Meinungen (mitunter scheinbar unvereinbar) auf einanderprallen, kontrovers diskutiert werden und ihre eigenen Positionen dabei Gehör finden. Im besten Fall füh len sie sich ernst genommen und ver stehen, was es mit dem häufig zitierten Schlagwort ‘gelebte Demokratie’ auf

gegen. ImMittelpunkt steht jedoch der General, welcher die deutschen Anliegen vor Ort vertritt. Eloquent er läutert er das Selbstbildnis Deutsch lands in dieser Organisation und zeigt anschaulich an aktuellen Beispielen auf, wie sich das in konkreten Positio nen zu verschiedenen Herausforde rungen des Bündnisses äußert. Die jungen Zuhörerinnen und Zuhörer sind spürbar beeindruckt, trauen sich je doch dieses Mal direkt ihre teils auch kritischen Fragen vorzubringen. Vom NATO-Hauptquartier am Stadtrand bringt uns der Busfahrer souverän durch das allabendliche Ver kehrschaos zurück zum Hotel. Für die letzten Stunden steht noch ein Programmpunkt auf der Agenda: der Besuch des Parlamentariums. Das Parlamentarium ist eine multimediale Ausstellung, welche die europäische Integrationsgeschichte zum Erlebnis macht. Allein oder in Kleingruppen er kunden die Teilnehmerinnen und Teil nehmer die Schauräume und lauschen über Kopfhörer ihren Audioguides. Das ist ein willkommenes Angebot, weil jede und jeder die Möglichkeit hat, im individuellen Tempo den Weg durch die verschiedenen Bereiche des Museums zu wählen. Am Ende fallen alle ziemlich er schöpft in die Sitze des Reisebusses. Diese Exkursion hat es eben in sich: Das Programm ist sehr straff, denn es stehen nur drei Tage zur Verfügung. Daher haben die Jugendoffizierin und ich gemeinsam ein großes Augenmerk auf eine zeitökonomische Planung ge legt. DemVerhandlungs- und Organi sationsgeschick der Jugendoffizierin ist es zu verdanken, dass sich die Insti tutionen nicht nur bei der Terminver gabe entgegenkommend gezeigt ha ben, sondern zudemmit einer hochka rätigen Besetzung den Schülerinnen und Schülern von ihren Funktionen und ihren Aufgaben berichteten sowie den hinterfragenden Gästen bereitwil lig Rede und Antwort standen. Das Ziel einer Schulexkursion mit politischen Schwerpunkt liegt darin, dass die Schülerinnen und Schüler po litische Entscheidungsträger vor Ort besuchen, um deutsche, europäische

Politische Bildung

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