2_2019

E-VOTING

Im November 2018 hat der Kanton Genf informiert, die elektronische Stimmab- gabe zwar weiterhin anbieten zu wollen, aber ab 2020 auf die Bereitstellung eines eigenen E-Voting-Systems zu verzichten. Demgegenüber steht das System mit vollständiger Verifizierbarkeit der Schweizerischen Post kurz vor der Ein- führung. Die Offenlegung des Quell- codes und die Durchführung eines öf- fentlichen Intrusionstests sind für das erste Quartal 2019 vorgesehen. Damit ist die Möglichkeit zur elektronischen Stimmabgabe in der Schweiz auch künf- tig sichergestellt. Bund und Kantone be- fürworten in ihrem Planungsinstrument grundsätzlich den Einsatz mehrerer E-Voting-Systeme in der Schweiz. Ge- meinsam werden sie die Konsequenzen der neuen Systemlandschaft klären. Übergang in den ordentlichen Betrieb Den bisherigen Versuchen mit E-Voting gemein war, dass sie nur einemTeil der Stimmberechtigten eines Kantons die Möglichkeit zur elektronischen Stim- mabgabe eröffneten – seien es ein Teil der Inlandschweizer Stimmberechtigten oder die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Dies sieht dieVerord- nung über die elektronische Stimmab- gabe vor, in der das zugelassene Quorum an Sicherheitsanforderungen der einge- setzten Systeme geknüpft wird. Bereits im April 2017 hat der Bundesrat ent- schieden, dieVersuchsphase beenden zu wollen und E-Voting als dritten ordentli- chen Stimmkanal zu etablieren. Am 19. Dezember 2018 beschloss er die Eröff- nung der Vernehmlassung zur Teilrevi- sion des Bundesgesetzes über die poli- tischen Rechte. Dieses verankert die wichtigsten Grundsätze für ein vertrau- enswürdiges elektronisches Stimmver- fahren, die heute auf Verordnungsstufe geregelt sind, gesetzlich. Doch auch im ordentlichen Betrieb soll der Grundsatz «Sicherheit vorTempo» gelten. Die Kan- tone und die Stimmberechtigten ent- scheiden weiterhin selbst, ob sie E-Vo- ting einführen bzw. nutzen wollen. Für die Einführung von E-Voting hat sich ein schrittweiser Einbezug von Pilotgemein- den bewährt, mit dem die nötigen Erfah- rungen für einen sicheren Betrieb der elektronischen Stimmabgabe gesam- melt werden können. An der Frühjahrestagung 2017 der Schweizerischen Staatsschreiberkonfe- renz haben sich Bund und Kantone zum Ziel bekannt, das im Schwerpunktplan von E-Government Schweiz definiert ist: Sie wollen die nötigen Schritte unterneh- men, um das E-Voting bis 2019 in zwei Dritteln der Kantone zu etablieren. Die- ses ambitionierte Ziel kann allerdings

mit zehn Kantonen, die E-Voting aktuell anbieten, nicht erreicht werden. Eben- falls 2017 hat der Steuerungsausschuss E-Government Schweiz zusätzliche Mit- tel für das strategische Projekt «Vote électronique» beschlossen, um die Aus- breitung von E-Voting zu unterstützen. Transparenz und Sicherheit Für die Einführung von E-Voting in der Schweiz werden nur Systeme zugelas- sen, welche die konstant hohen bundes- rechtlichen Sicherheitsanforderungen namentlich an die Nachvollziehbarkeit erfüllen. Für die Stärkung desVertrauens kommt dem Grundsatz derTransparenz grosse Bedeutung zu. Informationen zum System und zu dessen Betrieb sol- len der Öffentlichkeit zugänglich sein. Seit Juli 2018 gehört die Offenlegung des Quellcodes von vollständig verifi- zierbaren E-Voting-Systemen zu den bundesrechtlichen Anforderungen für den Einsatz der elektronischen Stim- mabgabe.Bund und Kantone haben die Voraussetzungen für die Überführung in den ordentlichen Betrieb geschaffen. Die Vernehmlassung bietet nun Gelegenheit für eine breite und faktenbasierte De- batte über die elektronische Stimmab- gabe. Die postalisch zugestellten Wahl- oder Abstimmungsunterlagen bilden ein wichtiges, von der IT unabhängiges Si- cherheitselement. Aus Sicht von E-Go- vernment soll der dritte, elektronische Stimmkanal zukünftig ganz ohne Papier auskommen: Dafür wird zu prüfen sein, unter welchen Bedingungen der Prozess langfristig vollständig digitalisiert wer- den kann, sodass auch die postalische Zustellung der Unterlagen entfällt. Gemäss der Nationalen E-Govern- ment-Studie 2017 möchten 67 Prozent der Bevölkerung gerne E-Voting nutzen. Auch die Nutzerzahlen aus den jeweili- gen Urnengängen zeigen, dass seitens der Stimmberechtigten das Bedürfnis

für E-Voting wie auch das Vertrauen in diesen zusätzlichen Stimmkanal besteht. Bund und Kantone sollten diese Nach- frage ernstnehmen und die politischen Mitspracherechte sicher und transparent an dieAnsprüche des digitalen Zeitalters anpassen. Am 25. Januar 2019 kündigte ein Ko- mitee von Vertretern aus SVP, FDP, SP und Grünen sowie Unternehmern aus der IT-Branche in Bern die Lancie- rung der eidgenössischenVolksinitia- tive für ein E-Voting-Moratorium an. Die Initianten argumentieren, die heutigen E-Voting-Systeme seien un- sicher, manipulationsanfällig und viel zu teuer, das Auszählverfahren sei intransparent und für den Stimmbür- ger nicht nachvollziehbar. Deshalb wollen sie E-Voting mit einem Mora- torium «den Stecker ziehen». red Initiative für ein E-Voting- Moratorium lanciert

Mirjam Hostettler und Anna Faoro

Anna Faoro ist stellvertretende Leiterin der Geschäftsstelle E-Government Schweiz. Bild: zvg

Mirjam Hostettler ist Projektleiterin Vote électronique bei der Schweizerischen Bun- deskanzlei. Bild: zvg

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SCHWEIZER GEMEINDE 1/2 l 2019

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