GOLF TIME 7-2016

COVER | RYdeR Cup 2016

SIEGERFOTO Die zwölf Spieler des siegreichen U.S. Ryder Cup- Teams. Erster Sieg seit 2008

MOMEnTuMpaLMEr Es gibt keinen richtigen Zeitpunkt, aus dem Leben zu scheiden. Es ist immer zu früh, und auch immer gerade zum falschen Zeitpunkt. Der 41. Ryder Cup steht durch das Ableben von Golf-Legende Arnold „Arnie“ Palmer am Sonntag vor dem Event plötzlich in einem ganz anderen Licht: Stand doch dieses emo- tionale Duell zwischen USA und Europa ganz im Zeichen des Gedenkens an den sieben- fachen Major-Sieger und „The King“, so sein Kumpel und bester Freund Jack Nicklaus. Was das bedeutete? Dass das Momentum auf einmal auf Seiten der Amerikaner stand – unabhängig von der ohnedies sportlichen noch so kleine Detail analysiert und auf den Prüfstand gestellt. Denn wären die Europäer 2016 erneut mit der erstaunlich kleinen, jedoch so unglaublich heißbegehrten Trophäe im Gepäck nach Hause gereist, hätten die ame- rikanischen Fans (und wahrscheinlich auch der eine oder andere Spieler) vielleicht wirk- lich die Lust am ewigen „Dabei sein ist alles“ verloren. Doch egal, wie verschmerzbar eine Nieder- lage im Ryder Cup auch erscheinen mag, sie wirft trotzdem Fragen auf. Allen voran: Hat der Kapitän des Verliererteams den bestmög- lichen Job gemacht? FAST ALLES FALSCH GEMACHT Darren Clarke wird wohl nicht als der beste Kapitän einer europäischen Mannschaft in die Golfannalen eingehen. Das hat das Ver- lieren für Teamchefs bei siegesgewohnten Mannschaften nun einmal so an sich. Doch auch unabhängig davon muss sich der Nord- ire nach Abschluss seiner zweijährigen Arbeit so manchen Vorwurf gefallen lassen. Zwar wollte er nicht selbst zum Schläger greifen, um das drohende Unheil abzuwenden. Wohl aber verfügte er über die Schalthebel, das euro- päische Team optimal auf- und einzustellen. Die ersten vermeidbaren Fehler hinsicht- lich der Aufstellung unterliefen Darren Clarke schon kurz nach seiner Ernennung zum Kapitän. Anstatt sich wie sein Konterpart Da- vis Love III vier Wild Cards zu gönnen, be- ließ er es bei nur drei Optionen, selbst einen formstarken Spieler berufen zu können, der es über die Qualifikationsrangliste nicht ins

Team geschafft hatte. Dabei hätte doch vor allem ihm als Ryder Cup-Veteranen bekannt sein müssen, dass der europäische Qualifika- tionsmodus so seine Tücken besitzt. Erstens fällt der Zeitpunkt, zu dem ein Spieler gute Ergebnisse erbringt, kaum merk- lich ins Gewicht. So gelangen bspw. dem Eng- länder Andy Sullivan, der 2015 eine relativ starke Saison spielen konnte, seit dem Früh- jahr jedoch keine außergewöhnlichen Leis- tungen mehr und in den Wochen vor dem Ryder Cup verpasste er sogar reihenweise Cuts. Trotzdem schaffte er die direkte Quali- fikation fürs Team.

Zweitens fällt die Leistung der Spieler auf der European Tour im Verhältnis zu ihrer Posi- tion in der Weltrangliste und damit zu ihren Erfolgen auf der PGA Tour zu stark ins Ge- wicht. Dabei liegt der klare Fokus der Stars aus Europa doch schon lange auf der deutlich lukrativeren amerikanischen Tour. Und drittens hat die European Tour be- stimmt, dass ein Spieler ohne Tour-Mitglied- schaft nicht mitspielen darf, auch nicht als Captain’s Pick. Deshalb musste der aktuell nach Rory McIlroy beste Europäer auf der PGA Tour, der Engländer Paul Casey, bei diesem Ryder Cup aussetzen. Auch den Zeitpunkt der Bekanntgabe sei- ner Entscheidung hätte Clarke ebenso wie Davis Love um einige Wochen nach hin- ten verschieben können, um wirklich nur die Spieler zu berufen, die sich direkt vor dem Ryder Cup in Best- form befinden. Doch Darren Clarke verkündete schon fünf Wochen vor dem ersten Schlag in Hazeltine seine Captain’s Picks. Sinnbildlich für Clarkes Fehlerkette bei der Aufstellung des Teams ist die Causa „Russell Knox“. Ende 2015 gewann der Schotte die hochklassig dotierte WGC-HSBC-Champions, doch die Qualifikationspunkte, die er für diesen Sieg kassiert hätte (und mit denen er direkt für das Ryder Cup-Team qualifiziert gewesen wäre), wurden nicht berücksichtigt. Denn erst Anfang 2016 trat Knox der Euro-

Favoritenrolle der Hausherren. Erin- nern wir uns an den Ryder Cup in Medinah 2012: Team Captain José María Olazábal verstand es,

das Andenken an den verstorbenen Seve- riano Ballesteros geschickt mit ins Kampf- geschehen zu bringen: „Wir spielen hier für Seve“, so die psychologisch geschickte Devise von Olazábal. Das Ergebnis war sensationell: Europa lag chancenlos mit vier Punkten zu- rück, gewann am Schlusstag im Matchplay dann doch noch den Ryder Cup (14,5:13,5).

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