GOLF TIME 7-2016

rungen (abgesehen von Henrik Stenson und Justin Rose) eher intuitiv und weniger auf Basis von ernsthaften Praxistests zusammen- gestellt hatte. Sonst hätte ihm im Vorfeld auf- fallen müssen, dass die Spanier Garcia und Cabrera-Bello sich optimal ergänzen und McIlroy und Pieters ein ideales Paar bilden. So jedoch demotivierten sich die Blauen auf dem Platz mit jedem Blick auf das knallrot einge- färbte Leaderboard gegenseitig, während sich die Roten in ihren ersten Golfrausch spielten. Bei den Fourballs (jeder Spieler spielt sei- nen Ball, das beste Ergebnis zählt) am Frei- tagnachmittag schien es kurzzeitig so, als hätte Kapitän Clarke die richtigen Schlüsse gezogen. Er hatte scheinbar begriffen, dass Stenson und Rose im Grunde sehr unglück- lich, aber trotzdem hochklassig gespielt hatten, und stellte sie erneut ins Match gegen Patrick Reed und Jordan Spieth. Dann gab er endlich dem spanischen Duo Sergio Garcia und Rafa Cabrera-Bello eine Chance, sich zu beweisen, und wurde nicht enttäuscht. Ebenso wenig von Rory McIlroy und Thomas Pieters, die fortan bei jeder ihrer drei Partien siegreich sein sollten. Doch erneut wollte Clarke Martin Kaymer in Szene setzen, dessen Putter nach wie vor die Be- triebstemperatur von flüssigem Stickstoff aufwies. Diesmal testete Clarke ihn in Kom- bination mit Danny Willett. Der amtierende Masters-Champion hatte jedoch mit einer weitaus schwereren Bürde zu kämpfen als der, die jeder Rookie vor seinem ersten Ryder Cup-Match zu schultern hat. Sein Bruder Pete Willett hielt es nämlich Anfang der Woche für eine großartige Idee,

Prominentes Spektakel am Tag vor dem Kontinental-Vergleich: Ehemalige Ryder Cup- Captains spielten im Zweier-Scramble gegen- einander. Das europäische Team mit Tony Jacklin (1983, ’85, ’87 und ’89), Ian Woosnam (2006), Colin Montgomerie (2010) und Paul McGinley (2014) gewann klar 8:0. Die U.S.- Oldies Dave Stockton (1991), Lanny Wadkins (1995), Ben Crenshaw (1999) und Hal Sutton (2004) hatten keine Chance. kLarE kLaTsChE sorgte Clarkes „Krisenmanagement“ letztlich dafür, dass er den Engländer aus den Four- somes am Freitagmorgen streichen musste, für die er ihn eigentlich fest eingeplant hatte. Doch auch am Nachmittag an der Seite von Martin Kaymer und bei seinen weiteren Auftritten spielte Willett weit unter seinen Möglichkeiten und verlor schließlich in all seinen Matches. Als er in der Pressekonferenz am Sonntagabend nach seiner Ryder Cup- Erfahrung gefragt wurde, antwortete er mit nur einem Wort: „Shit.“ uNVERSTäNDLICHE TAKTIK Die Foursomes am Samstagmorgen verliefen eigentlich hinsichtlich der Punkteausbeute nicht schlecht. Erneut siegten McIlroy und Pieters souverän gegen Phil Mickelson und Rickie Fowler. Jedoch gab Kapitän Darren Clarke einen kurzen, jedoch umso erschre- ckenderen Einblick in seine Ryder Cup-Tak- tik, als er verkündete, von seinem im Vorfeld ausgetüftelten Matchplan nicht abweichen zu wollen. Vielmehr werde er in jedem Fall die Rookies am Samstagmorgen einsetzen, die

in einem Internet-Artikel mal so richtig herz- haft über die amerikanischen Fans herzu- ziehen. Als Darren Clarke am Mittwoch- morgen davon hörte, hätte er die Worte eines unbedeutenden Mannes, der irgendwo in England saß und Unflat in eine Computer- tastatur hackte, einfach ignorieren können. Doch der temperamentvolle Kapitän zog es vor, die Angelegenheit künstlich aufzublasen. Er stürmte auf den Platz, unterbrach Willetts Training und konfrontierte ihn mit der un- angenehmen Geschichte. Schließlich brachte er ihn dazu, in einer Pressekonferenz zu be- teuern, dass dies nicht seine Ansichten oder die von Team Europa bzw. Kapitän Darren Clarke seien. Dankbar griffen die amerikanischen Medien die Geschichte auf und Willett geriet fortan unverschuldet zum Hassobjekt Nr. 1 der U.S.-Fans. Dieser ganze Zirkus brachte den Spieler natürlich völlig aus demKonzept. So

phIL’s ErbE In den vergangenen 22 Jahren hat sich Phil Mickelson jedesmal automatisch durch das Punktesystem für den Ryder Cup qualifi- ziert, mit seinen nunmehr elf Teilnahmen hat er mit dem bisherigen Rekordhalter Nick Faldo (Bernhard Langer und Lee Westwood jeweils zehn Mal dabei) gleichgezogen. „Dies ist jedesmal eine der schönsten Wochen des Jahres“, schwärmt der Sunny-

TIGErMIT barT

Auch unter den Spitzengolfern scheint Bart tragen groß in

Mode: Etwa die Hälfte des europäischen wie auch des U.S.-Teams tragen Bart. Bei den Europäern sind dies Kapitän Darren

boy, der als einer der nächsten U.S.-Team-Captains infrage kommt. So sagt Brandt Snedecker über sein Vorbild Phil: „Er ist nicht nur in dieser Ryder Cup-Woche eine Führungsperson, das ganze Jahr über engagierte er sich im Ryder Cup-Team.“ Mickelson war es auch, der nach der schmerzlichen Niederlage vor zwei Jahren in Gleneagles seinen Kapitän Tom Watson scharf wegen dessen autoritären Führungsstils kritisierte. Die Folge: Ein elfköpfiges Task Force-Komittee, das die U.S.-Recken wieder aus dem Niederlagen-Tief gegen die Europäer führen sollte. Der Erfolg sollte Phil recht geben.

Clarke und seine Vize Paul Lawrie, Thomas Björn, Sam Torrance sowie die Spieler Lee Westwood, Chris Wood, Andy Sullivan; bei den Amerikanern Vice-Captain Tiger Woods sowie die Spieler Dustin Johnson, Jimmy Walker, Brooks Koepka, J. B. Holmes, Patrick Reed und Ryan Moore. Wahrlich eine haarige Angelegenheit.

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