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Hausanschluss

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Business Geomatics 7/22 | 05. Dezember 2022

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BIM per Handy

Digitalisierung pur

Foto: Mettenmeier GmbH

Mit der Scalypso-Software kann hochgenaue 3D-Modellierung einfach via Smartphone-Kamera in den BIM-Prozess eingebunden werden. F rüher machte man Bilder mit der Kamera. Heute nutzt man „BIM“ auf der Baustelle mit einem Smartphone, also Punktwol ken anstatt Fotos, und das mit der Einfachheit und Intuition, wie man es aus der Smartpho ne-Welt kennt. Nun hat der schiedliche Scan-Apps verschiedener Hersteller angeboten. Einige sind kostenlos beziehungs weise zeitlich beschränkt kostenlos. Ein Ver gleich der unterschiedlichen Apps will Scalypso in naher Zukunft durchführen. Mobile Software

D enkt man an Baustellen, assoziiert man damit schnell Begriffe wie Schmutz, Lärm, schwere Geräte und harte physi sche Arbeiten. Doch eine App, über die Montagetrupps mit einer Augmented Reality (AR)-basierten Anwendung den Hausanschluss direkt auf der Baustelle digital erfassen und raumbezogene In formationen in Echtzeit in das Geoinformationssystem (GIS) des Leitungsnetzbetreibers übertragen können? Das klingt nach Zukunftsmusik, ist auf vielen deutschen Baustellen heutzutage jedoch Alltag. Möglich macht das die NAVA-App. Mit der Lösung können Sachdaten und Geometrien über das Smartphone und die hier integrierte Kamerafunktion erfasst werden – schnell, unkompliziert und ohne Vorkenntnisse mit geodätischer Messtechnik und Sensorik haben zu müssen. Grundlage dafür ist die imSmartphone integrierte Nahbereichsphotogrammetrie, auf welche NAVA zurückgreift, ohne dass Anwender:innen davon etwas mitbekommen. Im Ergebnis entsteht so eine Hausanschlussdokumentation in hoher Qualität und komplett im digitalen Workflow. Die NAVA-App besteht dafür aus einer Cloud-Anwen dung sowie einer speziell für Monteure designten App und wurde bereits 2016 von der Mettenmeier GmbH mit dem Ziel konzeptioniert, die Hausanschlusseinmessung in der ARmit einer automatisch generierten Aufnahmeskizze via Standard-Smartphones ohne externe Sensorik zu ermögli chen. Nach zwei Jahren Entwicklungszeit wurde die App im Jahr 2018 schließlich am Markt vorgestellt. Seitdem wird NAVA von einer stetig wachsenden Zahl von Kund:innen eingesetzt, um einen papierlosen und durchgängig digi talen Workflow umzusetzen. Integriertes Bildmessverfahren im Fokus Besonderheit der Lösung ist das integrierte Bildmess verfahren mit speziell entwickelten Funktionalitäten zur Qualitätssicherung. So kommt NAVA nach Herstelleran gaben im Grunde ohne die primäre Positionsbestimmung via GNSS (die je nach individuellem Anspruch jedoch ebenfalls möglich ist; siehe Kasten) aus, erfüllt aber den noch die im Regelwerk (DVGW GW 120 und VDE-AR-N 4201) geforderte Genauigkeit. Möglich wurde das durch zahlreiche (Weiter-)Entwicklungen von Smartphones und mobilen Betriebssystemen: rund ums Jahr 2016 sickerte durch, dass die führenden Smartphone-Hersteller die Bildmesstechnik in ihre Geräte implementieren wollten, um ihr Potenzial etwa für Gaming-Anwendungen, AR und neue Nutzererfahrungen abschöpfen zu können. Durch dieseWeiterentwicklung von Soft- und Hardware können moderne Smartphones und die aktuellen Versionen von iOS und Android aus den aufgenommenen Kamera-Bild daten auf Knopfdruck 3D-Modelle berechnen. Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung fand sich im Jahr 2020, als Tech-Gigant Apple ankündigte, seine Geräte ab dem iPad Pro der 4. Generation sowie dem iPhone 12 Pro Mit der NAVA-App können Montagetrupps die Haus anschlusseinmessung direkt auf der Baustelle mittels handelsüblichen Smartphones vornehmen.

mit einem LiDAR-Lasermessverfahren auszustatten, das die Nahbereichsphotogrammetrie mit den gängi gen Bildmessverfahren kombiniert. Ein gleichwertiges Verfahren bietet Google mit den AR-Funktionen seiner Pixel-Smartphones. Eben diese Bildmesstechnik ist für NAVA von zentraler Bedeutung. Bekommen Monteur:innen den Auftrag zur Hausanschlusseinmessung, durchschreiten sie zunächst mit ihren Smartphones den Messraum. Durch das Zu sammenspiel von Smartphone, integrierter Kamera und NAVA-App wird imHintergrund ein 3D-Modell von Haus fassade, Grundstück, Straßenraum und offenem Graben generiert. Angereichert wird dieses Modell durch einzelne Koordinaten, welche die Benutzer:innen per Knopfdruck an den relevanten Messpunkten – etwa an Hauskanten, Leitungen oder Hauseinführungen – festlegen. Auf diese Weise erstellen User:innen in nur wenigen Minuten au tomatisch eine Anschlussskizze, auf der alle relevanten Informationen enthalten sind und die anschließend per Knopfdruck in Echtzeit an den GIS-Operator im Büro übertragen werden kann – inklusive Fotodokumentation und entsprechender Sachdaten. Flexibles Preismodell Um die Genauigkeitsanforderungen erfüllen zu kön nen, misst das Smartphone jedoch nicht direkt im Bild, sondern im echtzeitprozessierten 3D-Modell. Dieses wird umso belastbarer und genauer, je mehr Daten für die Modellierung zur Verfügung stehen. Geschulte Anwender:innen nehmen dafür auf der Baustelle die gesamte Szenerie auf. Am Ende werden alle erhobenen Messdaten nochmals überprüft und jene Punkte, bei de nen Konfliktpotenzial vorherrscht, bei Bedarf korrigiert. Über eine intuitive Ampeldarstellung sehen Nutzer:innen direkt in der App, ob alle Messpunkte dem geforderten Qualitätsniveau entsprechen. Zwar sind gewisse Vor arbeiten klassisch vermessungstechnischer Art nach wie vor notwendig (beispielsweise ein Messpunkt als lokales Vor-Ort-Bezugssystem), grundsätzlich kann jeder Monteur aber die genauen Positionen der unterirdischen Anlagen direkt nach der Leitungsverlegung erfassen, Fotos erstellen und den Graben zeitnah wieder schließen. Die NAVA-Vertriebspartner bieten ein flexibles Preis modell für die Lösung an, die als Cloudsoftware immer in der aktuellsten Version zur Verfügung steht. Gegenüber herkömmlichen Einmessverfahren ergeben sich wesentli che Preisvorteile. Auch die Kosten für die Anschaffung der

Die NAVA-App digitalisiert den gesamten Prozess rund um die Haus anschlussdokumentation und das Einmessverfahren mithilfe von handels üblichen Smartphones. Smartphones halten sich in Grenzen, denn einige handelsüblicheModelle bieten bereits die geforderte Kameratechnik. Als Basismodell kommen die jeweiligen Geräte der Top-Klasse in Frage. Die App läuft entweder mit Google-Handys der Pixel-Serie oder den aktuellen Pro-Varianten der iPhones und iPads. Genauigkeits-Testfeld für normgerechte Messergebnisse Für Unternehmen, die auch ein Auftragsmanagement im Büro einrichten möchten, steht der „NAVA-Manager“ zur Verfügung. Diese leistungsstarke Browseranwendung plant und verschickt Aufträge an die Handys und erhält die fertigen Skizzen in Echtzeit zurück, um diese weiter zu optimieren und an das GIS zu übertragen. Aber sind die gelieferten Daten auch genau genug? Diese Kernfrage für jeden Netzbetreiber beantwortet NAVA innerhalb eines Testfeldes, das auf dem Mettenmeier-Firmengelände gebaut wurde. Das Ergebnis: Die Anforderungen werden durchgängig erfüllt; meistens sogar übererfüllt, sprich die Lagegenauigkeit beträgt aktuell nach dem Georeferenzieren im GIS bis zu 7 Zentimeter. Und auch die Höhe der 3D-Koordinate – bisher bei GNSS-Messungen meist schlechter als die Lage – ist besser als erwartet. ( jr)

Der Einsatz von Scalypso Modeler ist prädes tiniert für diese Testreihe. Die Software kann während des Scanvorgangs in Echtzeit bereits ein Vorschaubild anzeigen. „Es muss möglichst mit einem großen Überlappungsbereich die Oberfläche des zu vermessenden Bereiches ‚abgefahren‘ werden“, beschreibt König die neuartige Smartphone-Handhabung, die wie eine systematische Filmaufnahme erscheint. Zum Ende muss der Scan-Vorgang manuell gestoppt werden. Nach der Fertigstellung des Scans erfolgt eine automatische Optimierung der Punktwol ke. Es können verschiedene Optionen für die Optimierung gewählt werden. Für die weitere Verarbeitung der Punktwolke in Scalypso Mo bile wird die Punktwolke exportiert. „Hier hat sich das LAS-Format gut bewährt“, so König. Die Daten werden direkt auf einem Cloud Se ver von der Baustelle übertragen und werden dann mit Scalypso Mobile und ALLPLAN im Innendienst bearbeitet. 20 Jahre Expertise 3D-Punktwolken einfach in der BIM-Soft ware zu nutzen – das ist die Kernaufgabe des Scalypso Modeler. Die Software verarbeitet Punktwolken-Daten und liefert daraufhin BIM-typische Funktionen. BIM-Anwender können dadurch aus der profunden Menge an 3D-Daten selektiv genau die Modellierung

Softwarenentwickler Scalypso aus Potsdam im Rahmen von Webinaren eine Testreihe vor geführt, die nicht nur nachweist, wie einfach dies geht, sondern auch, wie genau die photo grammetrischen Daten sind und wie schnell sie in den Prozess einer BIM-Software überführt werden können. Live auf der Baustelle, mit Da tentransfer – falls gewünscht – über Whatsapp. „Dass Smartphones heute so viel können wie Spiegelreflexkameras vor zehn Jahren ist Common Sense. Dass sie auch professionelle Vermessungsgeräte sein können, setzt sich erst langsam durch“, weiß Ralf König, Ge schäftsführer von Scalypso. Es sei verständlich, dass man den Versprechungen der Smartpho ne-Welt mit einer Portion Skepsis gegenüber stehe. Allerdings möchte er Anwender:innen auch dazu motivieren, sich etwas genauer mit dem Thema auseinanderzusetzen. Daher hat der Spezialist für 3D-Punktwolkensoftware eine Messreihe aufgesetzt, um „ein wenig Objektivität in die Geschichte zu bringen, bevor sie zum Mythos verklärt wird“, so König. Laserscanner vs iPhone Bei dem Test kamen ein terrestrischer La serscanner und ein iPhone zum Einsatz. Aus den Daten wurde mit der gleichnamigen Scalypso-Softwaresuite eine Punktwolke er stellt. „Die Vermessung mit einem iPhone ist eine schnelle praktikable Möglichkeit der Vermessung von Objekten“, resümiert König. Die Abweichungen zu einem terrestrischen Laserscanner liegen, so der Experte, im Zen timeter-Bereich. Die Weiterverarbeitung der Daten mit Scalypso Mobile und ALLPLAN sei problemlos gewesen. Seit Oktober 2020 sind iPad Pro und iPhone 12 Pro und nachfolgende Geräte mit LiDAR-Scan ner erhältlich. LiDAR ist die Abkürzung für Light Detection and Ranging. „Man kann es ungefähr mit Lichterkennung und Raumvermessung übersetzen“, erklärt König. Die mit dem LiDAR ausgestatteten Geräte können mit ihrem Sen sor innerhalb einer Reichweite von fünf Metern Raumtiefen in Innenräumen und im Freien vermessen. Das Ergebnis ist eine maßstäbliche 3D-Punktwolke des vermessenen Objektes. In Apples AppStore werden auch unter

Das Smartphone als Werkzeug: Per „Filmen“ mit der Scalypso-App wer den Punktwolken erzeugt, die nahtlos in den BIM-Prozess integriert werden.

Grafik: Vector-Hub / shuttersock.com; Ingenieurbüro Dr.-Ing. R. König

nutzen, die ihnen am meisten hilft. Im Jahr 2021 hatte das Unternehmen Sca lypso Mobile in den Markt eingeführt, das auf dem Scalypso Modeler basiert. Das auch im Stand-Alone-Betrieb nutzbare Programm ist in der Lage, mobile Sensorsystemen, also eben auch Smartphones, zu nutzen. Scalypso beschäftigt sich bereits seit den 2000er-Jahren mit 3D-Punktwolken und gilt damit als Pionier. Im Jahr 2020 hatten Scalyp so und die ALLPLAN GmbH ein gemeinsames Plug-In entwickelt, damit ALLPLAN-Nutzer Punktwolken weiterverarbeiten können. Dabei werden 3D-Elemente in Echtzeit aus der Punktwolke generiert und in der BIM-Soft ware dargestellt. Die Datenbasis bildet also immer wieder ein zentraler, unveränderter

Datenpool, aus denen dann beliebige Elemente (auch 2D) in Formaten wie E57, LAS, LAZ oder ply genutzt werden, ohne dass dafür eine Kon vertierung vollzogen werden müsste. Aus Sicht des CAD-Systemswerden alle Vortei le der 3D-Punktwolken, insbesondere die unge heure Informationstiefe genutzt, ohne dass der Primärdatensatz „angefasst“ – sprich aufwendige Rechenzeit und Latenzzeiten aufgebraucht – werden muss. „Das stellt eine neue Dimension des BIM-Prozesses dar und schöpft die Potenziale der Digitalisierung auch für die mobile Vermes sung vor Ort voll aus“, so König. (sg)

www.nava.app

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Testobjekt einer Mauer: Scalypso zeigt anhand gleicher Bedingungen, wie sich die Vermessungsergeb nisse von Smartphone und 3D-Laserscanner unter scheiden. Das Ergebnis: Für die meisten Anwendun gen mehr als akzeptable Einschränkungen bei der Genauigkeit.

Foto: Mettenmeier GmbH

NAVA kann im Zusammenspiel mit einem mobilen GNSS-Empfänger wie dem Leica Zeno FLX100 sogar absolute Messpunkte ermitteln.

ANBIETER 3D-STADTMODELLE 3D RealityMaps GmbH, 81673 München | www.realitymaps.de AVT Airborne Sensing GmbH, 48268 Greven | www.avt-as.com

B U S I NE S S GEOMAT ICS

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Foto: Ingenieurbüro Dr.-Ing. R. König

GNSS-Empfänger für NAVA

Die NAVA-App wird aktuell um einen mobilen GNSS-Empfänger erweitert, der die aufgenommenen Messergebnisse mit absoluten Koordinaten anreichert. Dazu wird das Smartphone über eine universelle Handheld-Halterung mit dem Empfänger gekoppelt und die zugehörige App auf dem Smartphone instal liert. Über den Multifrequenzempfang und das eingesetzte Korrektursignal erzielt NAVA damit laut Herstel ler horizontale Genauigkeiten von weniger als zwei Zentimetern. Zusätzlich erfolgt durch die Augmented Reality der NAVA-App eine intuitive Überprüfung der Lagequalität direkt vor Ort. Während die herkömmlichen NAVA-Messungen bereits für ausreichende Genauigkeitswerte im Haus anschlussbereich sorgen und auch bei GPS-Abschattung funktionieren, sorgt dieser zusätzliche Genau igkeitsfaktor für weitere Sicherheit. Der Vorteil liegt darin, dass die absoluten GNSS-Koordinaten nun zusätzlich mit in die Messergebnisse aufgenommen werden. So können auch Messungen bei schlechter Sicht oder in größeren räumlichen Dimensionen stattfinden, zum Beispiel bei der Gleisvermessung, bei Kabel- und Rohrleitungstrassen oder bei sehr langen Hausanschlussleitungen. Gleichzeitig erkennt das System auch ungenaue GNSS-Punkte, die zum Beispiel aufgrund der Begebenheiten vor Ort entstanden sind, und markiert diese in der Skizze automatisch. ( jr)

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Hansa Luftbild AG, 48147 Münster | www.hansaluftbild.de

Leica Geosystems GmbH, 80993 München | www.leica-geosystems.com SkylineGlobe GmbH, 55452 Dorsheim | www.skylinesoft.com

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