Blickpunkt Schule 4/2022

Superlehrer bräuchte das Land!

von MATTHIAS SCHUSTER

Vorsitzender des Schulpolitischen Ausschusses im hphv

Bild: pathdoc/AdobeStock

Z uallererst: Wir haben einen guten Beruf, wir haben die Freude, mit jungen Menschen zusammenarbeiten zu dürfen. Die Vermittlung von Bildung und Wissen und die tägliche Interaktion mit unse ren Schülerinnen und Schülern inspi riert und lässt uns nicht wenige Male selber als Lernende zurück. Das macht zufrieden und ist der Grund, warum nicht wenige von uns das Lehramt zum Beruf gemacht haben. Ursprünglich sind wir einmal ange treten, ummit einem hohen Maß an fachwissenschaftlicher Arbeit unsere Schülerinnen und Schüler zu selbst ständigem Denken anzuregen, um sie zu befähigen, die zukünftigen Aufga ben reflektiert und verantwortungs voll zu bewältigen und gesellschaftli che Führungsaufgaben zu überneh men. Dies erfordert von uns Lehren den eine beständige Erweiterung un seres Wissens durch Fort- und Weiter- bildungen, aber auch die methodische und didaktische Anpassung des Lern stoffes an die jeweiligen Schülergrup pen. Solch ein Arbeiten fordert uns zeitlich wie intellektuell heraus – und das ist gut so. In den letzten Jahren hat sich durch gesellschaftliche Veränderungen das ’Berufsbild Lehrkraft’ gewandelt und es sind besondere Belastungen ent standen. Die Tendenz, aus Studien räten Verwaltungsräte, Juristen, Er zieher, Sozialpädagogen, Sicherheits beauftragte, Suchtbeauftragte etc. zu machen, wird immer erdrückender. Auch die ständigen Anforderungen, Sozial-, Methoden- und Mediencurri cula sowie eine permanente Aktuali sierung des Schulprogramms anzu fertigen, ist überaus belastend.

Arbeitsbelastung im Lehrberuf

Verwaltungsakte, wie die Verhän gung von Ordnungsmaßnahmen, bin den enorme Zeitressourcen und erin nern an kleine Gerichtsverhandlungen mit Zeugenbefragungen und Anhö rungen der Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern. Teilweise sind sie zeitnah überhaupt nicht durchzufüh ren und müssen dann fallen gelassen werden. Die Verschriftlichung der Maßnahmen und die Aktenführung bedürfen eines zusätzlichen hohen Aufwandes. Die gestiegene Belastung durch die Corona-Pandemie hat an den Schulen die Arbeitsbedingungen deutlich er schwert. Lehrkräfte, die seit Jahren über zunehmende Anforderungen klagen, wurden nun in eine Situation katapultiert, die sich als Entgrenzung von Arbeits- und Freizeit und eine weitere Verlagerung der beruflichen Tätigkeit in das heimische Büro be schreiben lässt. Die verschlafene Digitalisierung der Schulen tut ihr Übriges und trieb die Lehrkräfte in eine Zwangssituation, in der erwartet wurde, dass sie selbst IT Expertinnen und -Experten werden, technischen Support für Schülerinnen und Schüler leisten und neue pädago gische und innovative Lernprozesse gestalten – oftmals hin- und herpen delnd zwischen Distanz- und Präsenz unterricht. Die Verlagerung des schriftlichen Abiturs in die Zeit nach den Osterferi

Die Umstellung von G9 auf G8 und dann wieder auf G9, die Einführung eines Zentralabiturs, die Erhöhung der Prüfungsfächer, ein zunehmender Ganztagsbetrieb, die Ausweitung der Förderdiagnostik und des individuel len Förderbedarfes, eine immer stär ker werdende Heterogenität inner halb der Schülerschaft, der sich da raus entwickelnde immer höhere Be darf an Beratung der Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern haben die Belastungssituationen für Lehre rinnen und Lehrer stetig anwachsen lassen. Voll besetzte Klassen, Kurs stärken in Leistungskursen von bis zu 25 Schülerinnen und Schülern und die damit verbundene hohe Korrekturbe lastung werden weder von der Politik noch von der Öffentlichkeit wahrge nommen. Dabei ist die Pflichtstundenzahl der Lehrkräfte weiterhin viel zu hoch. Bei einer durchschnittlichen Schülerzahl von 150 bis 200 Schülerinnen und Schülern oder mehr, gibt es einen ho hen Anteil an Verwaltungsakten: Man denke nur an die Förderpläne – die für diese angefertigt werden müssen. Die zunehmende Anzahl an Schülerinnen und Schülern mit Migrationshinter grund und deren mangelhafte Deutschkenntnisse haben die Anfor derungen an die Lehrkräfte weiter wachsen lassen. Zeit für individuelle Betreuung bleibt bei den hohen Klas sengrößen kaum.

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SCHULE

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