Blickpunkt Schule 4/2022

Klartext

Bild: deagreez/AdobeStock

Wie motiviert man »faule Säcke«? N un, der frühere Bundeskanz ler war und ist nicht für seine abgewogenen, emphati zen nutzen können. Aber das war po litisch wohl nicht gewollt. Die Schule funktioniert doch, da geht sogar noch was. von CHRISTOF GANSS Schulleiter im Ruhestand,

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schen Äußerungen bekannt und den noch scheint sein Bild von Lehrkräften als »faule Säcken« nachhaltig zu wirken. Wie anders ist es zu erklären, dass sich die Arbeitsbedingungen im schulischen Bereich fortwährend ver schlechtern und Lehrkräften für ihren Einsatz allenfalls mit warmen Worten gedankt wird? Ich stelle die These in den Raum, dass fast alle derzeitigen Probleme in den Schulen (fehlende Lehrkräfte, Ar beitsüberlastung, Mangelverwaltung, fehlende Digitalisierung) letztlich auf politische Versäumnisse zurückzufüh ren sind, die zu keinem Zeitpunkt nachhaltig angegangen wurden. Bei der Einstellung von Lehrkräften übte sich die Landesregierung viele Jahre in Zurückhaltung, begründet damit, dass immer weniger Kinder geboren würden und damit der Druck auf das Schulsystem stetig nachlas sen würde. Nun, man kann sich täu schen und man hat sich getäuscht. Fatal ist, dass der natürliche Vorlauf von sechs Jahren (Grundschule) oder

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Auch die Arbeitsüberlastung der Schulen ist nicht vom Himmel gefal len. Im Bereich der Schulleitungen wurden in den beiden letzten Jahr zehnten immer mehr Aufgaben von der Schulverwaltung auf die Schulen selbst übertragen, ohne dass hierfür zusätzliches Personal zur Verfügung gestellt worden wäre. Die Lehrkräfte wurden mit fragwürdigen Aufgaben überzogen (Erstellung von Schulpro grammen, Ausarbeitung von schul spezifischen Profilen, Erstellung schulspezifischer Curricula, Einar beitung einer Europäischen Dimen sion in diese Curricula, Ausarbeitung von Methodenkonzepten, Imple mentierung der verordneten Kern curricula in jeweils schuleigene Cur ricula für die Gymnasiale Oberstufe, und, und, und …). Die überwiegende Mehrzahl der aufgelegten Program me sind längst nicht mehr gefragt. Viel Arbeitszeit der Lehrkräfte und Schulleitungen wurde nutzlos ver plempert. Auf die Spitze getrieben

gar zehn Jahren (weiterführende Schulen) nicht genutzt wurde, um gegenzusteuern. Erst als das Kind in den Brunnen gefallen war, registrierte man den ’unerwarteten’ Lehrkräfte mangel und griff hektisch auf soge nannte Seiteneinsteiger zurück, um die größten Personalprobleme zu be heben. Nur: Fachwissenschaftler sind nur selten geborene Pädagogen. Hätte man rechtzeitig berufliche Perspektiven und Einstellungskorri dore geschaffen, die seit vielen Jah ren gewerkschaftliche Forderungen waren, wäre das jetzige Personalpro blem sicher geringer zutage getre ten. Selbst wenn die ursprünglichen Annahmen zur Schülerzahlentwick lung richtig gewesen wären, hätte man den ’Personalüberschuss’ für ei ne Verringerung der Klassenfrequen

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