CF_02_2021_Aktuell
KOMPETENZ
M eine Mutter fand, dass ich krank aussehe und ‚komisch gucke‘, aber für mich fühlte sich das an diesem Abend zunächst an wie eine Erkäl- tung“, blickt Ebru Franken auf die Ereignisse im Februar 2019 zu- rück. Am nächsten Morgen kann die 40-Jährige jedoch kaum noch sprechen und ist stark verwirrt. Ihre Mutter fährt sie zur Hausärz- tin, die den Ernst der Lage erkennt und einen Krankenwagen ruft. In der Klinik stellt der Oberarzt ohne Umwege eine Enzephalitis (Ge- hirnentzündung) fest. „Alles in al- lem hatte ich großes Glück, dass ich an diesem Tag nicht allein war, sondern bei meiner Mutter über- nachtet habe, und alle so schnell reagierten“, sagt Franken heute. Eine Enzephalitis ist eine schwer- wiegende Erkrankung, die durch Viren, seltener durch Bakterien, Pilze, Parasiten oder eine Autoim- munerkrankung ausgelöst wird. Das Gewebe schwillt an, dabei können einzelne Nervenzellen ab- sterben oder großflächige Schä- den entstehen. Auch eine Hirn- blutung ist eine mögliche Folge. Franken wird für drei Wochen in ein künstliches Koma versetzt und erhält starke Medikamente. „Als ich wieder zu Bewusstsein kam, war ich zunächst wie in einer eige- nen Welt gefangen und habe mich wohl sehr seltsam verhalten“, be- richtet sie. „Ich wollte zum Beispiel immer weglaufen und habe unzu-
so“, schildert Franken. „Das Team auf der Station hat sich in dieser Situation mit unglaublich viel Fin- gerspitzengefühl und einer Engels- geduld um mich gekümmert. Be- sonders die Neuropsychologin hat mich toll begleitet und sehr dazu beigetragen, dass ich langsam wie- der zuversichtlicher in die Zukunft blicken konnte.“ NUR BRUCHSTÜCK- HAFTE ERINNERUNG Wenn Franken über diese Zeit er- zählt, stützt sie sich größtenteils auf Berichte ihrer Freundin, die sie in den Monaten nach der Er- krankung betreut hat. Sie selbst hat an ihren Krankenhausaufent- halt keinerlei Erinnerungen. Auch der Beginn der Frührehabilitation ist ihr nur bruchstückhaft im Ge- dächtnis geblieben. „Irgendwann ging es dann aber immer weiter bergauf und in der Reha waren alle überrascht, wie schnell ich Fortschritte gemacht habe.“ Noch bereiten ihr einige Nachwehen der Enzephalitis Probleme, unter an- derem kämpft die junge Frau mit den Folgen einer Schlafstörung, die sich nach dem Absetzen der Medikamente entwickelt hat. „Aber langsam finde ich zurück in einen gesunden Rhythmus“, ist sie froh. „Auch sonst entwickelt sich alles in die richtige Richtung. Das macht mir Mut, bald wieder ein eigen- ständiges Leben führen zu kön- nen.“ (N.H.)
sammenhängend geredet. Es hat einige Wochen gedauert, bis ich wieder eigenständig sitzen und gehen konnte und einigermaßen sinnvolle Sätze sprach.“ TRAINING, THERAPIE UND TROST Nach einigenWochen kann dieKöl- nerin das Krankenhaus verlassen. Sie zieht bei ihrer Mutter ein und beginnt eine ambulante Therapie im Neurologischen Therapiecent- rum (NTC) am St. Marien-Hospital. Infolge der Gehirnentzündung ist ihr Kurzzeitgedächtnis stark ange- griffen. Mithilfe von Tagebuchein- trägen trainiert sie ihr Erinnerungs- vermögen, mit gezielten Übungen und Strategiespielen ihre Konzen- trationsfähigkeit. Ergänzend um- fasst die Therapie Bewegungs- und Koordinationsübungen, um sie kör- perlich zu stärken. „Ich war zudem psychisch sehr angeschlagen und habe oft geweint, meistens einfach
Ebru Franken
Grafik: Getty Images
CellitinnenForum 02 | 2021
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