EuroWire – Juli 2009
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technischer artikel
Niedriges Schrumpfen bei
Draht- und Kabelextrusion
und die Bedeutung der
Klassenauswahl
Von James J Henry und Nafaa Mekhilef von Arkema Inc
Übersicht
Es ist weitgehend bekannt, daß das
Nachextrusionsschrumpfen Probleme bei
der Herstellung von Lichtwellenleiterkabeln
verursachen kann. Bei Hohlader- und Voll-
PE-Lichtwellenleiterkabeln
könnte
das
Nachextrusionsschrumpfen zu Spannun-
gen auf den Lichtwellenleiter führen,
mit der negativen Folge einer erhöhten
Faserdämpfung.
Die
Hersteller
von
Lichtwellenleiterkabeln begegnen diesem
Problem durch eine geeignete Auswahl der
Polymerklassen sowie durch die Optimier-
ung der Verarbeitungsbedingungen, die
während der Kabelherstellung eingesetzt
werden. Dieser Artikel befaßt sich mit
der Auswahl der PVDF-Klasse und den
spezifischen
Verarbeitungsbedingungen,
die eingesetzt werden können, um das
Nachextrusionsschrumpfen zu minimieren,
mit dem Ziel deren negativen Folgen auf die
Faserdämpfungzureduzieren.Behandeltwird
hierbei die Auswahl der Werkzeugbestück-
ung, die Verarbeitungsbedingungen und
die Eigenschaften des Polymers, die die
Polymerorientierung minimieren und das
Nachextrusionsschrumpfen
reduzieren.
Das was größtenteils in diesem Artikel
beschrieben wird kann auch für andere
Materialien
angewandt
werden,
die
allgemein inLichtwellenleiter-Anwendungen
Einsatz finden.
1 Einleitung
Polyvinylidenfluorid (PVDF) ist ein indus-
trielles Harz, das von der freien radikalen
Polymerisation von 1-1-Difluorethylen oder
Vinylidenfluorid (VDF oder VF
2
) erzielt wird,
die eine chemische Struktur von –[CH
2
-CF
2
]
n- aufweisen.
PVDF-Homopolymere sind hochkristallin und
imVergleichzuanderenFluorpolymerendurch
ein relativ hohes Biegemodul gekennzeichnet.
PVDF ist öfter mit Hexafluoropropylen
(HFP), Chlortrifluorethylen (CTFE) und/oder
Tetrafluorethylen (TFE) copolymerisiert, um
seine physikalischen und mechanischen
Eigenschaften zu ändern
[1]
. Die Einlagerung
von Comonomeren reduziert die Kristal-
linität, was wiederum den Biegemodul
verringert und die Elastomereigenschaften
erhöht.
Neben
den
verschiedenen
Comonomertypen und -gehalten stehen
marktübliche PVDF-Klassen in einer Vielzahl
von Viskositäten zur Verfügung, die den
Einsatz in verschiedenen Anwendungen der
Schmelzbehandlung ermöglichen. Produkte
mit höherer Viskosität eignen sich für eine
Vielfalt von Verfahren in der Produktion
von Blechen und Rohren. Produkte mit
niedrigerer Viskosität werden üblicherweise
für
Spritzgießen,
Rohrleitungen
und
den meisten Anwendungen im Bereich
Draht- und Kabelummantelung sowie
-isolierung
eingesetzt.
PVDF-Polymere,
sowie andere Fluorpolymere, sind sehr
feuerbeständig und weisen inhärente
niedrige
Raucherzeugungseigenschaften
auf. Die unveränderten Harze haben einen
sehr eingeschränkten Sauerstoffindex (LOI)
von 43 und sind gemäß V-0 durch UL94
klassifiziert
[2]
.
Spezielle niedrige Flammen- und Rauch-
klassen von PVDF, die flammwidrige
Additive enthalten (die den LOI bis zu 100
erhöhen) sind marktüblich. PVDF-Produkte
mit niedriger Flamme sowie Rauch
werden üblicherweise bei der Herstellung
von Plenumkabeln eingesetzt, die in
Klimaanlagen
gewerblicher
Gebäude
installiert werden. Für Plenumkabel sind
außerordentlich niedrige Flammen- und
RaucheigenschaftenimBrandfallerforderlich.
Dies kann leicht durch den Einsatz einer
Vielzahl von PVDF-Klassen erzielt werden.
Dank der einzigartigen Eigenschaften,
die vom PVDF-Polymer geboten werden,
ist
dieses
Material
das
Bevorzugte
für High-End-Kabelummantelungen dort
wo überdurchschnittliche Flammen- und
Raucheigenschaften erforderlich sind.
PVDF wird gebräuchlich als Ummantelung
für Kabel eingesetzt und durch Anwendung
eines Extrusionsverfahrens aufgetragen, das
Rohr- oder „Tube-on“-Extrusion genannt
wird. Die Mantelextrusion läuft in der Regel
bei hohen Liniengeschwindigkeiten in einem
Bereich zwischen einigen hundert Fuß pro
Minute bis zu über 1000 Fuß pro Minute.
Die Scherkraft im Scherbereich durch einen
Ziehstein der Drahtextrusion kann ziemlich
hoch sein, um eine Polymerorientierung im
Extrudat zu erzeugen.
Noch wichtiger ist jedoch, daß die Schmelze
bei
mäßigen
Herabzieh-Verhältnissen
(draw down ratios - DDR) außerhalb des
Ziehsteins gezogen wird und zwar so, daß
eine
beträchtliche
Polymerorientierung
bestimmt wird. Ein Herabzieh-Verhältnis
von 7:1 ist bei PVDF-Mantelanwendungen
typisch, obwohl höhere oder niedrigere
Herabzieh-Verhältnisse oft benutzt wer-
den. Durch das Ziehen des Extrudats
außerhalb des Ziehsteins wird eine große
Menge Molekülorientierung erzeugt, die
oft eingefroren ist, wenn das Extrudat
gekühlt wird. Das Ziehen des Polymers
außerhalb des Ziehsteins, gefolgt von
der Abschreckkühlung, verursacht den
Großteil der Polymerorientierung, die die
Mantelschrumpfung ergibt
[3]
.
Das
Schrumpfen
des
Mantels,
das
gebräuchlich als Zurückschrumpfen (shrink-
back) bezeichnet wird, erfolgt wenn diese
eingefrorene
Polymerorientierung
im
festen Zustand nachläßt. In diesem Artikel
werden die Wirkungen der Polymerorientier-
ung
beim
Nachextrusionsschrumpfen
beschrieben. Es ist weitgehend bekannt, daß
das Nachextrusionsschrumpfen Probleme
beim Kabel, vor allem bei der Herstellung
von Lichtwellenleiterkabel, verursachen
kann. Das Nachextrusionsschrumpfen der
Ummantelungen oder der Pufferrohre,
die bei Lichtwellenleiterkabeln eingesetzt
werden, kann zu einer Faserüberlänge
(EFL -
excessive fibre length
) führen, die
als das Verhältnis zwischen der Faserlänge
und
der
tatsächlichen
Rohrlänge
bezeichnet wird. Die Faserüberlänge
kann am Lichtwellenleiter Spannungen