GOLF TIME 5/2024

COVER | BRYSON DECHAMBEAU SCOTTIE SCHEFFLER

zwischen Scheffler und dem Rest der Tour viel größer. Ein Teil dieses Problems liegt aber auch da rin, dass die größten Stars der PGA Tour nicht ihren Teil beitragen: Viktor Hovland, der nach seinem Gewinn des FedEx Cups im letzten Jahr als einer der drei besten Spieler der Welt galt, hat 2024 nur eine Top-10-Platzierung. Jordan Spieth hat seit Anfang April nicht besser als auf Platz 29 abgeschnitten. Max Homa hat seit der Play ers Championship im März genausoviele verpasste Cuts (zwei) wie Top-10-Platzie rungen erreicht. Und Rory McIlroys Spiel ist volatiler denn je zuvor. Damit soll Schefflers jüngste Brillanz nicht heruntergespielt werden. Der 28-Jäh rige führt die PGA Tour in dieser Saison in den Kategorien „Total strokes gained“, „Strokes gained from tee to green“, „Proxi mity to the hole“, „Birdie average“, „Bogey avoidance“ und „Scoring average“ an. Es ist faszinierend, ihm zuzuschauen, aber der Golfsport braucht dringend einen furcht losen Herausforderer, und niemand auf der PGA Tour scheint aktuell daran interes siert (oder dazu in der Lage) zu sein, diese Rolle zu übernehmen. BESESSEN SEIT KINDESTAGEN Doch blicken wir ein wenig zurück auf die Anfänge der Karriere von Scott Alexander Scheffler: Er wurde am 21. Juni 1996 in Ridgewood, New Jersey, geboren. Scottie war der einzige Junge unter vier Kindern. Er lebte mit seinen Eltern Scott und Dia

ne sowie den Schwestern Callie, Molly und Sara in Montvale, New Jersey, bis er sechs Jahre alt war. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zog die Familie nach Dallas, Texas. Scottie verdankt seine Liebe zum Sport sei nem Vater und seiner Mutter. Als er drei Jahre alt war, kauften ihm seine Eltern ein Set Plastikgolfschläger, und von da an war er, so Scottie, „besessen“. Als er anfing, an Wettkämpfen teilzunehmen, spielten seine Eltern eine entscheidende Rolle bei der För derung seiner Passion. Als Hausmann ver brachte Vater Scott die Tage damit, Scottie zum Training und zu Turnieren zu fahren, während Mutter Diane als Führungskraft in einer Anwaltskanzlei arbeitete. „Ich hatte das Glück, in einem Zuhause mit zwei Eltern aufzuwachsen, die uns alle sehr liebten, und meine Mutter war diejenige, die arbeitete und unsere Familie finanziell unterstützte. Was ein bisschen anders als üblich ist“, erklärte Scottie, der rückbli ckend meint, er könne „nicht genug von der harten Arbeit schwärmen“, die seine Eltern im Laufe der Jahre in seine Karriere inves tierten. Was wiederum dazu führte, dass er der beste Golfer der Welt wurde. VON NEW JERSEY NACH TEXAS Als sie noch in New Jersey lebten, nahm Scott alle vier Kinder abends mit zum Golf platz des Bergen Community College und hielt eine Taschenlampe in der Hand, wäh rend Scottie im Dunkeln Bälle schlug.

„ES GEHT UM NICHTS ANDERES, ALS ZEUGE VON ETWAS GROSSARTIGEM

ZU WERDEN.“ SCOTTIE SCHEFFLER

Teams, die jedes Jahr gegeneinander antre ten, und es ist wirklich faszinierend, dabei zuzusehen“, sagt Scheffler. „Und es geht um nichts anderes, als Zeuge von etwas Groß artigem zu werden und den Wettkampf zu genießen.“ Der Satz „es geht um nichts anderes, als Zeuge von etwas Großartigem zu werden“ beschreibt auch Scheffler und sein Spiel ziemlich gut. Die Statistiken sind schlichtweg umwerfend: An einem Punkt beim RBC Heritage hatte Scheffler etwas mehr als 50 Löcher gespielt, ohne eines da von schlechter als mit vier Schlägen absol viert zu haben. WO IST DIE KONKURRENZ? So beeindruckend Schefflers Dominanz auch ist, muss man schon auch festhalten, dass die Konkurrenz auf der PGA Tour durch die Gründung der LIV-Golf-Serie ein wenig gelitten hat. Mit dem Aufstieg von LIV Golf sind die talentiertesten Spie ler der Welt auf zwei Ligen aufgeteilt. Die PGA Tour hat immer noch einen stärkeren Kader, aber ohne Bryson DeChambeau, Jon Rahm, Brooks Koepka, Joaquin Niemann etc., die jede Woche antreten, ist die Lücke

Scottie Scheffler feiert den Sieg bei der Travelers Championship mit Frau Meredith, Sohn Bennett und seinen beiden Eltern Diane und Scott

E

s war ein turbulentes Jahr bislang für Scottie Scheff ler. Rein sportlich gesehen schickt sich der 28-jährige U.S.-Amerikaner an, neue

digung bei der Players Championship im TPC Sawgrass sticht natürlich sein zwei ter Major-Titel im Augusta National Golf Club heraus. Scheffler beendete das Mas ters 2024 mit elf unter Par und gewann mit vier Schlägen Vorsprung vor dem Schwe den Ludvig Åberg. Er war damit der viert jüngste Spieler, der zwei Masters-Siege ver buchen konnte. Und Scheffler war neben Tiger Woods und Jack Nicklaus außerdem der einzige Spieler, der sowohl bei der Play ers Championship als auch beim Masters mehrere Siege errungen hatte. Eine Woche später ließ er seinem Masters-Triumph einen Sieg beim RBC Heritage, einem Si gnature Event der PGA Tour, folgen. Bei der Houston Open musste er sich lediglich dem Deutschen Stephan Jäger geschlagen geben, der in der texanischen Millionen metropole seinen ersten PGA-Tour-Sieg errang. Doch damit nicht genug, ließ der „Trophäen-Scheffler“ im Juni noch Sie ge beim Memorial Tournament und der Travelers Championship folgen. Das halbe Dutzend an Trophäen und Sieger-Jacketts war damit voll, bevor das Jahr überhaupt erst das „Halfway-House“ erreicht hatte. UNVERGLEICHLICHE DOMINANZ Scottie Scheffler ist wahrscheinlich der dominanteste Golfer seit Tiger Woods auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Beim RBC Heritage 2024, das er mit drei Schlä

gen Vorsprung vor Sahith Theegala ge wann, war Scheffler der erste Golfer seit Woods in den Jahren 2007/2008, der vier Turniere bei fünf Starts gewonnen hat te. Mittlerweile hat Scheffler sechs Siege in diesem Jahr, sie kamen obendrein bei einigen der schwierigsten Prüfungen im Kalender der PGA Tour zustande. Die un angefochtene Nummer eins der Welt ist damit der erste Spieler seit Tiger Woods im Jahr 2009 mit sechs Siegen in einer Saison, und der erste seit Arnold Palmer im Jahr 1962, der diese sechs Siege vor dem 1. Juli verbuchen konnte. RUHM STATT GELD Selten zuvor waren Größe und Stärke so dominant wie aktuell im Fall von Scottie Scheffler. Er selbst meinte kurz nach sei nem Sieg beim Masters, dass es im Sport (insbesondere beim Golf) darum gehe, etwas Besonderes zu finden. „Das Tol le an unserem Sport ist der Wettbewerb“, sagte er. „Das ist es, was ich am meisten liebe: hierherzukommen und um den Sieg zu kämpfen. Schaut euch beispielsweise March Madness (NCAA College Basket ball-Turnier, d. Red.) an, dort geht es nicht etwa um Geld oder Ähnliches.“ Scheffler verweist bewusst auf Damen College-Basketball, das durch Caitlin Clark einen regelrechten Boom in den USA erfährt. „Es gibt gute Rivalitäten; man hat

Rekorde am Laufband zu brechen. Doch auch privat ging es für den nach außen immer so gelassen wirkenden Texaner un gewohnt rund: Zunächst wurde Scheffler erstmals Vater eines Sohnes und ein paar Tage später musste er während der PGA Championship für wenige Stunden sogar in den Knast. Doch der Reihe nach ... SIEGESSERIE Scottie Scheffler hat seit seinem Wechsel ins Profilager im Jahr 2018 einen kome tenhaften Aufstieg an die Spitze des Sports hingelegt und gilt heute als der zweifels frei beste Golfspieler der Welt. Der 1.91 Meter große Hüne gewann Anfang 2022 unglaubliche vier PGA-Tour-Titel bei nur sechs Starts, darunter das Masters im Au gusta National, bei dem er seinen ersten Major-Titel holte. Zu diesem Zeitpunkt erreichte er auch erstmals den ersten Platz der Weltrangliste, nur vier Jahre nach Be ginn seiner Profikarriere. Nachdem er es im Jahr 2023 mit „nur“ zwei Titeln etwas ruhiger angegangen war, ließ er in diesem Jahr bereits sechs weitere Siege folgen: Ne ben dem Arnold Palmer Invitational in Bay Hill und der erfolgreichen Titelvertei

Der „Master von Augusta“: Scottie Scheffler holte sich nach 2022 im April dieses Jahres sein zweites Green Jacket

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