GOLF TIME 7/2024

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Unbedingt! Ich nehme da gerne Rory McIlroy als Beispiel: Als Jugendlicher war er fast schon pummelig, hat aber trotzdem damals schon tolles Golf gespielt. Heute ist er ein durchtrainierter Athlet – und das gilt auch für die meisten anderen Top Spieler wie beispielsweise Scottie Scheffler. Sie haben einfach erkannt, dass sie eine ge wisse Kraft und Ausdauer benötigen, um in der Lage zu sein, die Schläger so schnell zu schwingen wie sie es heute tun. Wie verändert das das heutige Training? Das geht schon bei den Kindern und Jugendlichen los. Früher wurden im Grun de nur Bälle geschlagen. Heute sind häufig sogenannte Kettlebells, Seile oder Speed sticks Bestandteil des Trainings. Natürlich gehört das Schlagen von Bällen unverän dert zum Programm. Aber das technische Training wird immer wieder unterbrochen durch Fitnessübungen, zum Beispiel Sprin gen oder Laufen. Danach geht es dann beispielsweise weiter zum Putten. Man muss dabei aber auch aufpassen, nicht in einen möglichen Trend hineinge zogen zu werden. Trainieren mit beispiels weise einem Trackman ist natürlich gut, aber diese Tools dürfen nicht zur Grund voraussetzung für gutes Lehren werden. „ICH SEHE ES ALS MEINE HAUPTAUFGABE AN, GOLF ALS BREITENSPORT UND AUCH ALS GESUNDHEITSSPORT ANZUSE HEN UND DEMENTSPRECHEND ZU LEHREN.“ STEFAN QUIRMBACH

GOLF LEH REN ALS BERUFUNG!

Stefan Quirmbach leitete fast 23 Jahre als Präsident die Geschicke der PGA of

Der alte und der neue Präsident: Stefan Quirmbach mit Kariem Baraka in der Geschäftsstelle der PGA of Germany in München

Germany. Im zweiten Teil unseres Interviews geht der 64-Jährige auf die heutigen Lehrme thodiken im Golf ein und auf welchen Bereich er sich hier vorrangig spezialisiert hat.

sind, wie man beispielsweise Golf vor dem Hintergrund eines Bandscheibenvorfalls lehren sollte. Was man auch nicht vergessen darf, ist, dass die Mehrzahl unserer Kunden und Schü ler ganz normale Golferinnen und Golfer sind, auf deren Bedürfnisse man eingehen muss. Hinzu kommt, dass der durchnitt liche Golfer eher im Altersbereich jenseits der 50 anzutreffen ist. Zu hoffen also, dass man möglicherweise den nächsten Martin Kaymer in seinem Club findet und darauf aufzubauen, ist natürlich illusorisch. Was sind die "Zipperleins" oder Verletzungen, mit denen Sie es am meisten zu tun haben? Wenn ich es prozentual betrachte, dann würde ich sagen, über 70 Prozent meiner Schüler haben Rückenprobleme, 30 Prozent Probleme mit den Knien, aber es gibt natürlich auch die Schnittmengen von Golfern, die beides haben. Sie alle wollen natürlich wissen, ob sie weiterhin golfen können oder aber, wenn Sie mit dem Sport neu anfangen, ob sie damit überhaupt beginnen können und auch sollen. Dazu möchte ich auch unbedingt erwäh nen, dass das Klischee, dass Golf schlecht für den Rücken sein soll, nicht stimmt. Und es gibt hier zahlreiche Faktoren, die es auch für mich immer wieder spannend machen, weil das Feld praktisch unendlich groß ist. Ich sehe es daher als meine Hauptaufgabe als Golflehrer an, Golf als Breitensport und auch als Gesundheitssport anzusehen und dementsprechend zu lehren. Herr Quirmbach, vielen Dank für das ausführ liche Gespräch. GT

Es geht auch ohne oder aber auch mit an deren, vergleichbaren Launchmonitoren. Man darf hier also nicht zu sehr auf gewis se Trends aufspringen. Wie wichtig ist heute das Thema Fitness und Gesundheit in der Golf-Lehrmethodik? Das ist ein zunehmend wichtiger wer dender Bereich, den ich schon seit vielen Jahren als mein "Steckenpferd" ansehe. Ich betreue dahingehend sehr viele Schüler mit alle möglichen Problemen. Im härtesten Fall sind das Golfer mit Querschnittsläh mungen, solche, die einen Schlaganfall erlitten haben, aber auch Menschen mit neuen Knien, mit versteiften Wirbelsäulen etc. Aktuell betreue ich beispielweise einen Schüler, der wegen sehr starker und

Von Marcus Brunnthaler

I

auch besser – macht, als man es bisher kannte. Beim Hochsprung beispielsweise revolutionierte Dick Fosbury die Technik durch den nach ihm benannten Fosbury Flop. Also durch die damals ganz neue Technik, die Latte rückwärts zu über springen. Seitdem wird nur noch so ge sprungen, das hat kein Trainer entwickelt. So ähnlich ist das auch im Golf: da gibt es Spieler, die schlagen den Ball plötzlich an ders oder haben eine andere Technik, die aber gut, wenn nicht sogar besser funkti oniert. Darüber hinaus hat sich auch die technologische Seite im Golfsport enorm weiterentwickelt. Ich spreche hier von Messgeräten zur Schwung-, Ballflug- oder auch Bodendruckanalyse – wie ich sie üb rigens als einer von nur sehr wenigen auch in meiner Golfschule habe. Nicht zuletzt haben auch Universitäten zunehmend da mit begonnen, sich mit dem Golfsport zu beschäftigen, wodurch ebenfalls neue Er kenntnisse und Präzisionsdaten ans Licht gekommen sind. In Summe hilft das alles dabei, das Lehren zu verbessern. Spielt dabei nicht auch die wesentlich bessere Physis der heutigen Spieler eine Rolle?

m ersten Teil unseres Inter views mit Stefan Quirm bach, der über 22 Jahre als Präsident die Geschicke der PGA of Germany gelei

zu leiten. Nach mehreren Stationen als Pro und auch Clubmanager leitet Quirmbach seit 2003 seine eigene Golfschule im Har denberg Golf Resort und wird dabei von seiner Frau Katharina unterstützt, mit er seit über 30 Jahren glücklich verheiratet ist. Ans Aufhören denkt Quirmbach noch lange nicht, dafür liebt er seinen Beruf zu sehr, wie er sagt: "Ich liebe meinen Beruf bis heute, ich liebe es, Menschen etwas ver mitteln zu können." Seit seinem Rücktritt als Präsident der PGA of Germany und der Übergabe des Amtes an seinen Nachfolger, Kariem Bara ka, geht es der heutige Ehrenpräsident der PGA of Germany dennoch ein wenig ruhi ger an. Aber wohl auch nur deshalb, weil er nun nicht mehr zwischen 25 und 50 Tagen pro Jahr ehrenamtlich für die Verbände im Einsatz ist. Herr Quirmbach, wie unterscheidet sich die heutige Golflehrmethodik von der von früher? Das Lehrwesen reiht sich letztlich im mer hinter den Spieler ein. Das soll heißen, es kommt immer wieder mal ein Spieler oder Sportler, der etwas anders – oder

tet hatte, sprach der heute 64-Jährige über seinen Einstieg in den Golfsport, wie er als Amateur Deutschland bei der Aer Lingus International Youth Golf Championships 1981 in Irland vertrat, sich dann aber den noch gegen eine Profikarriere als Spieler entschied, um stattdessen seine erfolgrei che Karriere als Teaching Pro in die Wege

schmerzhafter Arthrose alle Fin gergelenke ausgetauscht bekom men hat. Woher kommt hier Ihre Expertise? Mich hatte damals während meiner Ausbildung zum Golfleh rer mein damaliger Coach Hen ning Strüver immer wieder darauf gebracht und ich habe das Thema seitdem enorm vertieft. Ich arbeite mit dem Sportprofessor Dr. med. Buhmann zusammen und habe bereits zu meinen Zeiten noch als Präsident der PGA of Germany eine "Health Pro Ausbildung" ini tiiert, in deren Rahmen mit Medi zinern zusammengearbeitet wird. Heute gibt es in Deutschland rund 50 "Health Pros", die die se spezielle Ausbildung absol viert haben und damit vertraut

Seit über 30 Jahren verheiratet und ein per fektes Team: Katharina und Stefan Quirmbach

Als Repräsentant der PGA of Germany in Aktion: Stefan Quirmbach beim Masters im Augusta National GC

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