122. Deutscher Ärztetag - Beschlussprotokoll

Ärztetags-Drucksache Nr. Ib - 33 Seite 2 von 2

122. Deutscher Ärztetag Münster, 28.05. - 31.05.2019

In den letzten ca. 15 Jahren haben die Ökonomisierung in der Medizin und das Gewicht betriebswirtschaftlicher Erwägungen – insbesondere im stationären Sektor – stetig zugenommen und nunmehr ein solches Maß erreicht, dass vielfach das Primat medizinisch- ärztlicher Sachentscheidungen infrage und in eine unzulässige Opposition zur Zielsetzung einer betriebswirtschaftlichen Nutzenoptimierung gestellt wird. Formaler Ausdruck dieser Entwicklung sind u. a. die Einführung des dem einzelnen Patienten in der Individualität seiner Erkrankung nicht gerecht werdenden DRG-Systems in den deutschen Krankenhäusern, die Umwandlung bislang öffentlich-rechtlicher oder gemeinnütziger Krankenhäuser in Kliniken in privater Trägerschaft mit marktausschaltender lokaler oder gar regionaler Alleinstellung und unrealistischen – weil aus den DRG-Bewertungen nicht ableitbaren – Renditezielen, die durch den Gesetzgeber ab dem Jahre 2004 herbeigeführte Freigabe des ambulant-vertragsärztlichen Sektors für Investoren ohne fachlichen Bezug und die dadurch seitdem stattgefundene Entstehung einer großen Anzahl von wettbewerblich auftretenden medizinische Versorgungszentren (MVZ) auch in nichtärztlicher Trägerschaft oder die nahezu vollständige Vereinnahmung der Erlöse aus wahlärztlicher Behandlung durch die Krankenhausträger mittels flächendeckender Abschaffung des Liquidationsrechts für leitende Krankenhausärztinnen und -ärzte, wodurch auch die sogenannten nachgeordneten Ärztinnen und Ärzte an den entsprechenden Erlösen regelwidrig nicht mehr in angemessener Weise beteiligt werden, obwohl sie bei der Erbringung wahlärztlicher Leistungen maßgeblich mitwirken. All diese Veränderungen haben innerhalb der letzten ca. 15 Jahren wichtige Parameter in den deutschen Krankenhäusern wie Unternehmensphilosophie, Führungskultur und vielfach offenbar auch die Prioritätensetzung grundlegend verändert – mit der Folge des Verlusts von Wahlfreiheit für Patientinnen und Patienten und verschlechterter Bedingungen ärztlicher Berufsausübung – insbesondere unter dem Blickwinkel ärztlicher Diagnostik- und Therapiefreiheit.

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