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MENSCHEN

haus Marienheim fünf Monate nach der Flut immer noch Bau- stelle ist. Er möchte hören, wie sie diese Zeit erlebt haben. Noch nie er- zählte Erfahrungen der Flutnacht kommen mit Tränen hoch: Am Morgen danach die verstörten Bewohner aus dem überfluteten Souterrain auf ihren Behelfsma- tratzen zu sehen und nicht mal Frühstück anbieten zu können. Zum Dienst fahren zu wollen, und nirgendwo mit dem Auto über die zerstörten Brücken und überfluteten Wege durchzukom- men. Niemanden telefonisch zu erreichen. Tagelang zu helfen, und mit einem Gefühl von Schuld und Unwirklichkeit abends nach Hause zu fahren, wo die Welt heil ist. Ralf Knoblauch ist bewegt. Die Marienheimer wählen eine Figur

aus. König oder Königin? Hell oder dunkel? Es wird ein kleiner König, der so aussieht, als habe er gerade seine Krone aus dem Schlamm gezogen. Wie die vie- len Frauen und Männer, die aus allen Leitungsebenen im Unter- nehmen ihre Position verlassen haben, um hier zu helfen. Sein Sockel hat einen sichtbaren Riss, weil da Einschneidendes gesche- hen ist. Er steht trotzdem fest auf den Beinen. Bei den Weihnachtsfeiern auf den Wohnbereichen wandert der klei- ne König von Hand zu Hand, wird gestreichelt, gedrückt und viel fotografiert. Er gibt den belaste- ten Menschen im Seniorenhaus Würde zurück, er erinnert sie da- ran, sich wieder aufzurichten zum Leben. Der neue Mitbewohner im Marienheim ist angekommen. (M.A., S.M., P.S.)

Der König für das Seniorenhaus Marien- heim trägt seine Krone demütig in der Hand

CellitinnenForum 01 | 2022

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