Cellitinnen 1_2020

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die Patienten nach den Operationen mit der Trage über ein Treppenhaus in die Stationszimmer transportieren müssten. Das halte sie für nicht zu- mutbar. In ihrer Verantwortung für die Gesunderhaltung der Schwes- tern drohte sie mit deren Abzug aus dieser Niederlassung. Anzumerken ist, dass diese Art des Kranken- transportes über das Treppenhaus noch in den 50er Jahren eher die Regel als die Ausnahme war, bei Neubauten aber Aufzüge eingebaut wurden. Noch Anfang der 60er Jah- re forderte Mutter Priscilla die Kran- kenhausleitung in Hermülheim auf, die Schwestern im regulären Dienst- plan zu berücksichtigen. Es könne nicht sein, dass die Schwestern jederzeit, besonders an den Wo- chenenden und im Bereitschafts- dienst, zur Arbeit herangezogen würden: „Es ist selbstverständlich, daß unsere Schwestern weiterhin in allen echten und dringenden Not- fällen auch außerhalb des Dienst- planes bereitstehen. Nur darf der sogenannte Notfall nicht zur Regel werden.“ Die Ansprüche in der ambulanten Krankenpflege waren ebenso for- dernd. Zur Versorgung der Patien- ten mussten häufig lange Wege zu- rückgelegt werden, meist zu Fuß. Erst in den 40er Jahren durften einige jüngere Schwestern die lan- gen Wegstrecken in den ländlichen Gemeinden mit dem Fahrrad zu- rücklegen, beispielsweise in Much im Bergischen Land. Ein Fahrrad mit Hilfsmotor erwies sich in dem bergigen Gelände als untauglich und der 1955 angeschaffte Motor- roller schaffte zwar die Steigungen, setzte die Schwester aber Wind und

Mit dem Fahrrad zur ambulanten Krankenpflege

Wetter aus, was zu vermehrten Er- kältungskrankheiten führte. Auch das ‚Goggomobil‘ hatte mit dem Gelände zu kämpfen und erst der 1961 angeschaffte VW-Käfer mach- te die Ambulanzschwester wirklich mobil. Bereits in den frühen 1960er Jah- ren wurde bei den Cellitinnen zur hl. Maria, wie auch bei anderen ca- ritativ tätigen Gemeinschaften, der fehlende Ordensnachwuchs offen- sichtlich. Zunehmend mussten Nie- derlassungen aufgegeben werden. Zunächst traf es die nichtordens- eigenen, kleinen Niederlassungen, schließlich auch die größeren. Der Betrieb des 1964 eröffneten Heilig Geist-Krankenhauses mit eigenen Ordensfrauen in den Leitungsposi- tionen und in der Pflege wurde zum Kraftakt, denn die Schwesternzahl ging stetig zurück, der Altersdurch- schnitt stieg. Das Haus war zwar in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre mit seiner modernen medizin- technischen Ausstattung und dem durchdachten Raumkonzept das Wandel in der Pflege

Vorzeigeobjekt für Krankenhaus- planer aus dem In- und Ausland. Nicht vorhandene Aufzüge, enge Zimmer, verwinkelte Flure und weite Transportwege gehörten der Ver- gangenheit an. Dafür nahmen die Anforderungen hinsichtlich der Be- triebsführung mit immer restrikti- veren Vorschriften stetig zu. War es in den Nachkriegs- und in den 1950er Jahren der hohe körper- liche Einsatz, der die Ordensfrauen stark beanspruchte, so zehrte in den 1960er und 1970er Jahren der Wandel im Umgang mit den Patien- ten zunehmend an den Kräften. Der Anspruch der Ordensfrauen, Zeit für den kranken Menschen zu haben, ließ sich mit Dienstplänen und Per- sonalplanungen nur sehr schwer vereinbaren. Einige Schwestern er- innern sich bis heute noch an ihren inneren Konflikt – einerseits für den Nächsten da sein und in gewohnter Weise ihr klösterliches Leben führen zu können, andererseits einem be- triebswirtschaftlichen System folgen zu müssen. Stephanie Habeth-Allhorn Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria

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