GOLF TIME 1/2016

TIME OUT

D ie erste Reaktion auf die Entscheidung, den Ryder Cup 2022 wieder nicht in Deutschland auszutragen: Das kann nicht sein, das darf nicht sein, das kann nur ein Irrtum sein. Selbst die Süddeutsche online „wusste“ aus vertraulicher Quelle wenige Tage vor der endgültigen Entscheidung, dass der Ryder Cup 2022 ganz sicher an Deutschland vergeben werde . . . Wahnsinn! Irrsinn! Betrug! Auf das emotionale Geheule folgte weidwundes Gezeter: Nie wieder Ryder Cup, nie wieder eine Zeile über den Ryder Cup, nie mehr eine Kolumne über den Ryder Cup. Wochen später ein völlig anderes Bild: Dem geschockten Entsetzen folgte coole Ernüchterung. Und die Erkenntnis: Ja, das war die richtige Entscheidung. Keith Pelley, der neue CEO der European Tour, seit einem halben Jahr Nachfolger von George O’Grady, hat sich zum Ziel gesetzt, die marode European Tour aufzuwerten, ja, zu retten und der amerikanischen PGA-Tour an Bedeutung gleichzusetzen. Und das geht eben nur über die Kohle – so einfach ist das. Wenn jetzt die Italiener 150 Millionen und mehr für den Ryder Cup-Zuschlag hin- blättern und inzwischen feststeht, dass künftig zehn European Tour-Events mit einem Preisgeld von 7 Mio. im Tour-Kalender aufscheinen, ist klar, wohin die Reise geht: Nur die Höhe des Schecks ist für Money-Maker Pelley die Messlatte. Nicht richtungsweisende Konzepte, ausgeklügelte Pläne oder sportpolitische Maßnahmen. Es wäre natürlich nett gewesen, hätten Deutschlands Ryder Cup-Bewerber von der neuen Philosophie eines Keith Pelleys gewusst – sie hätten sich eine Menge Arbeit und auch NICHT UM JEDEN PREIS

Geld, nämlich 1,25 Mio Euro, so viel kostete die Bewerbung für 2022, sparen können. Denn wie Deutschlands Ryder Cup-Motor Marco Kaussler, aber auch DGV-Präsident Claus M. Kobold ganz klar nach der Entscheidung für Außenseiter Rom erklärten: „Ryder Cup, ja gerne – aber nicht um jeden Preis.“ Wie sollen denn auch bei dem Poker um den Ryder Cup 150 Millionen in Deutschland wirtschaftlich zu vertreten sein? Gar nicht! Aber: Will die European Tour der übermächtigen PGA-Tour Paroli bieten bzw. in der Tat „überleben“, dann ist Keith Pelleys Marschroute die Rettung der derzeit dahin- dümpelnden European Tour. Die Frage ist nur: Gelingt dem Kanadier Pelley jedes Mal der Poker wie im Falle Ryder Cup- Vergabe 2022 an Golf-Niemandsland Italien?

MONEY MAKER KEITH PELLEY: Retter der European Tour?

»Die Frage ist nur: Gelingt Keith Pelley jedes Mal der Poker wie bei der RC-Vergabe 2022 an Golf-Niemandsland Italien?«

OSKAR BRUNNTHALER ob@golftime.de

98

GOLF TIME | 1-2016

www.golftime.de

Made with