5 2015

FINANZEN

Christoph Lengwiler, Professor am In- stitut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ, findet die Zurückhaltung bei Kon- junkturspritzen ebenfalls richtig: «Aus heutiger Sicht gibt es weder für die Kantone noch für die Gemeinden einen Bedarf für Konjunkturförderungsinitia- tiven.» Der grosse Hebel der Gemeinden Falls es aber tatsächlich noch zu einem deutlichen konjunkturellen Abschwung käme, würden ohne Zweifel auch Kon- junkturförderungsprogramme auf Kan- tons- und Gemeindeebene neu disku- tiert. Dies obwohl deren Wirkung umstritten sei. Denkbar wäre es nach Lengwiler, beispielsweise Investitions- und insbesondere Bauprojekte vorzu- ziehen, Forschung und Innovationen zu fördern oder den Konsum der Bevölke- rung anzukurbeln. «Hier wurden in der Finanzkrise in Deutschland und ande- ren Ländern Experimente mit Ver- schrottungsprämien gemacht, die man beim Ersatz eines alten Autos durch einen Neuwagen erhielt. Die Wirkung all dieser Massnahmen ist und bleibt jedoch sehr umstritten», gibt Lengwiler zu bedenken.

Die richtigen Massnahmen Generell ist vor konjunkturpolitischem Aktivismus zu warnen. Denn jedeWirt- schaftskrise wird von den verschiede- nen Interessengruppen genutzt, um ihre politischen Forderungen und wirt- schaftlichen Sonderinteressen unter dem Deckmantel der konjunkturpoliti- schen Notwendigkeit durchzusetzen.

Wenn schon Konjunkturprogramme, dann sollte das Schwergewicht auf In- vestitionen liegen. Die beste und direk- teste Wirkung geht davon aus. Neben direkten Investitionen sind auch Mass- nahmen zur Förderung von Investitio- nen zu prüfen, wobei auf Mitnahmeef- fekte zu achten ist. Dabei finanziert der Staat Projekte mit, die sowieso umge- setzt worden wären. Eine Rezession ist der falsche Zeitpunkt für Sparübungen und Steuererhöhun- gen von Kanton und Gemeinden. Kanton und Gemeinden sollen ihr kon- junkturpolitisches Engagement aufein- ander abstimmen und mit dem Bund koordinieren.

Würden trotz all diesen Bedenken den- noch Konjunkturprogramme aufgegleist, hätten die Gemeinden bezüglich der meisten Finanzkennziffern den grössten Handlungsspielraum. Laut Finanzstatis- tik der Eidgenössischen Finanzverwal- tung sind sie nämlich deutlich geringer verschuldet als die Kantone und der Kantone und Gemeinden sollten in ers- ter Linie die sogenannten automati- schen Stabilisatoren wie die Arbeits- losenversicherung, die Kurzarbeits- entschädigung, die Sozialhilfe und die Steuerpolitik wirken lassen. Deren kon- junkturstützende Wirkung ist deutlich höher als jene von Konjunkturspritzen.

Bund und werden gesamthaft auch im laufenden Jahr keine Defizite anhäufen.

Fredy Gilgen

Informationen: www.kof.ethz.ch

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SCHWEIZER GEMEINDE 5 l 2015

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